Mikro Kapital Management: „Impact Investing ist kein Charity“

Einige der profitabelsten Anleiheemittenten in unserem KMU-Bereich sind Finanzdienstleister – dabei spielt keine Rolle, ob die Firmen ihren Sitz in Frankfurt, Riga oder Luxemburg haben. So auch die Mikro Kapital.Management. BondGuide sprach mit CEO Dr. Johannes Feist.

BondGuide: Herr Dr. Feist, können Sie etwas zur Firma sagen und uns das Produkt Mikrofinanz, um es mal so zum Einstieg abzukürzen, einmal von der gesamten Gestehungs- und Wertschöpfungskette bis zum investierbaren Produkt verständlich erläutern?
Feist: Gern. Also im nicht-technischen Sinne sind wir eine Mikrofinanz-Holding. Im technischen Sinne ist es ein Luxemburger Securitization Fund mit einer Management Company. In einem Fall nur Minderheitseigentümer, sonst immer Mehrheits- oder alleiniger Eigentümer an Mikrobanken, KMU-Leasinggesellschaften und Carsharing Companies in insgesamt zehn Ländern.

BondGuide: …wo zum Beispiel?
Feist: Neun davon sind in Europa-Zentralasien. So etwa Armenien, Tschechische Republik, Italien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldau, Rumänien, Tadschikistan, Usbekistan. Und wir machen gerade eine weitere Dependence auf in Vietnam. Wir sind also Mehrheitseigentümer von Unternehmen, die alle auf Unternehmenskunden und Kleinunternehmenskunden ausgerichtet sind, sowohl im Kredit- als auch im Leasing- oder Vermietungsgeschäft. Und wir begeben Bonds am Kapitalmarkt in Europa, aber auch in den UAE sowie Asien und finanzieren mit diesen Bonds zum Teil die Fremdkapitalseiten unserer Unternehmen. Diese wiederum nehmen Fremdkapital zusätzlich lokal und auch von internationalen Impact-Ländern sowie -Kreditgebern auf.

BondGuide: Braucht man dafür eine spezielle Expertise?
Feist: Ich selbst bin ich seit drei Jahren CEO der Firma und war vorher 20 Jahre bei der KfW-Entwicklungsbank in diesem Segment tätig, aber eben für die staatliche KfW, und dann folgten zunächst drei Jahre selbstständiger Tätigkeit.

BondGuide: Sie hatten schon diverse Länder genannt. Testen wir Ihre Expertise mal, typisches Kreuzworträtselwissen: Hauptstadt von Armenien?
Feist: Yerevan.

BondGuide: Usbekistan?
Feist: Taschkent.

BondGuide: Tadschikistan?
Feist: Dushanbe.

BondGuide: Chapeau.
Feist: Das gehört schon dazu: Wir müssen die Kompetenz vor Ort haben und auch dahin bringen. Auch sind Russisch-Sprachkenntnisse in unserer Firma wichtig, da die Lingua Franca in Zentralasien und Armenien immer noch Russisch ist. Ende der 80er war ich bei der Bundeswehr, wo ich bei der Gelegenheit auch Russisch lernte. Damals war das sog. ‚Feindsprache‘ – und heute ist es leider wieder so.

BondGuide: Ihr Bild-Hintergrund sieht mir ganz und gar nicht nach Luxemburg aus – Sie sind doch bestimmt irgendwo im Home Office!
Feist: [lacht] Sie haben recht, ich sitze tatsächlich im Home Office. Luxemburg ist in erster Linie unserer rechtlicher Sitz. Ich bin immer wieder mal in Luxemburg, aber primär im Home Office und ansonsten viel auf Reisen in unseren erwähnten Operativländern.

BondGuide: Also wenn ich es mal verkürzt und vereinfacht umgangssprachlich ausdrücke, dann helfen Sie in den erwähnten Operativländern Unternehmen, die ansonsten keinen Zugang zu Kapital hätten – Mikrofinanzierungen eben. Trifft es das ungefähr?
Feist: Ja, es können aber auch Startups z.B. in Italien sein, die bei Banken nicht vorankommen. Auch nicht alle mittelgroßen Unternehmen kommen im Handumdrehen an Finanzmittel, so ist es nämlich nicht. Viele Finanzinstitute arbeiten am liebsten mit staatlichen Firmen zusammen mit dem Land als Auftraggeber und Garanten. Ein Kleinbauer in Tadschikistan gilt in der Regel als nicht-bankfähig und fällt häufig durch das Raster.

BondGuide: Und wie finanzieren Sie selbst Ihre geleisteten Finanzierungen?
Feist: Fremdkapital wird zum überwiegenden Teil refinanziert durch Bonds, die wir unter dem Luxemburg Securization Fund begeben – derzeit zweimal im Monat. Und diese fließen in die Bilanzen und aus diesen Bilanzen heraus fließen sie zu den Kunden. Wir kreditieren nur unsere eigenen Unternehmen, keine fremden. Das unterscheidet uns von anderen Microfinance-Debt-Funds, wie etwa BlueOrchard. Wir haben die ganze Wertschöpfungskette bei uns. Auch in der Kontrolle: Als Mehrheitseigentümer sitzen meine Management-Kollegen und ich in den Aufsichtsräten der einzelnen Unternehmen. Wir haben Expertisen auf mehreren Ebenen, versuchen hier unser Wissen weiterzugeben, zu teilen, zu erweitern und so Synergien zu heben.

BondGuide: An welche Investoren richtig sich das: Ist das Produkt nur für Institutionelle?
Feist: Es richtet sich formell an ‚informierte Anleger‘, wie diese in Luxemburg heißen. Interessierte müssen sich nach den Luxemburger MiFID-Richtlinien als informiert qualifizieren beziehungsweise von ihrer Bank als qualifiziert eingestuft sein. Mindestanlagesumme sind 125 TEUR.

BondGuide: Fällt dieses Investitionsschema unter Impact Investing? – immerhin geht es um Schwellenländer oder Frontier-Märkte von A wie Armenien bis U wie Usbekistan, wo der Zugang zu Kapital traditionell beschwerlich sein dürfte, wie Sie ja schon erläutert hatten.
Feist: Es fällt eindeutig darunter. Es ist sozusagen die klassische alte Tante des Impact Investing, nämlich der Mikro- oder der Klein-KMU-Kredit. Das haben wir auch ganz formell bestätigt bekommen. Auch wenn es Impact Investing ist, so ist es kein Charity: Wir verdienen Geld und damit unsere Investoren.

Im Umland der (ehemals vollständigen) Ukraine stiegen die geopolitischen Risiken

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BondGuide: Das Portfolio-Risikomanagement stelle ich mir aufwändig vor. Es geht um Länder, die man nicht ständig in den Nachrichten sieht. Können Sie uns das Monitoring etwas schildern?
Feist: Die einzelnen Gruppen-CEOs bzw. -CFOs berichten monatlich über Portfolioqualität, Portfolioentwicklung, Ertragsentwicklung und ggf. mögliche Ausfälle. Probleme erkennt man bei dieser Engmaschigkeit schon recht zeitnah. Beispiel Moldau: Dort hatten wir Probleme mit der Portfolioqualität in einer von sieben Filialen – das Problem ließ sich also zeitnah konkret eingrenzen. Da hat der Aufsichtsrat entschlossen interveniert und die Filiale erst einmal geschlossen, später den CEO ausgewechselt. So etwas kommt vor. Und falls es vorkommt, muss man schnell und entschlossen reagieren. in drei von elf Unternehmen mussten die CEOs ersetzt werden, weil ihre Leistung über einen längeren Zeitraum nicht unseren Governance- und Qualitätsstandards entsprach.

BondGuide: Gibt es auch ein Land, das ‚The Place to be‘ ist?
Feist: Ich würde ganz Zentralasien nennen. Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan und Tadschikistan sind zwar unterschiedlich, aber alle auf einem stabilen, guten Wachstumspfad, insbesondere Kasachstan und Usbekistan. Das heißt, für diese Länder gibt es so etwas wie ein Window of Opportunity, über ihre eigenen Wege zu entscheiden. Die werden nicht all ihre Verflechtungen zu Russland abbrechen, aber sie haben deutlich größere Freiheitsgrade im Moment als früher.

BondGuide: Seit Ende Februar 2022 ist aber doch ein gewisses politisches Risiko in der gesamten assoziierten Region zurück – leider.
Feist: Ohne Zweifel. Es war seinerzeit sicherlich Putins Absicht, nicht nur größere Teile der Ukraine zu Fall zu bringen, sondern parallel die demokratisch orientierte Republik Moldau aus dem Gleichgewicht zu bringen. Die selbsternannten Milizen vor Ort erwiesen sich jedoch als schlecht organisiert – die Ukraine hat die Versuche eines Umsturzes an ihrer südwestlichen Flanke schlicht vereitelt.

Beispiele von konkreten Mikrofinanzierungen der MKM

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BondGuide: Gibt es in Ihrem Metier auch Faktoren, womöglich externe, auf die man keinen Einfluss hat, die Ihnen Kopfzerbrechen zu bereiten in der Lage wären?
Feist: Das haben Sie höchst diplomatisch formuliert. Aber ja: So ziemlich das Einzige, wie man eine Mikrofinanzinstitution gegen die Wand fahren kann, sind entweder offene, unbesicherte oder generell zu große Währungspositionen – oder eine gefährliche Kombination daraus. Jede davon kann tödlich sein.

BondGuide: Sie bieten, je nach Laufzeit und Währung, für Ihre Investoren ja Kupons von 4% in CHF bis 11,5% im US-Dollar. Erwirtschaften Sie diese Rendite denn operativ?
Feist: Wir haben je nach Währung immer noch eine hinreichende Nettozinsmarge. An unsere Companies in den erwähnten Ländern verleihen wir zu 15 bis 16%. Und die geben diese Mittel mit Aufschlag, also vielleicht 18 bis 19% weiter an ihre Endkunden. In vielen dieser Märkte liegt das immer noch deutlich unter den Sätzen informeller Geldverleiher und hilft dabei, die vergleichsweise hohen operativen Kosten vor Ort zu decken. Dann haben wir natürlich auf der Eigenkapitalseite den Hebel mit Fremdkapital als Ertragsposition. Die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital bleibt also auskömmlich.

Dr. Johannes Feist

BondGuide: Herr Dr. Feist, ganz herzlichen Dank an Sie!

*) Dr. Johannes Feist ist CEO der Mikro Kapital Management S.A. Er hat an der LMU/München sowie in Bordeaux studiert.

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