Lange schon wartet der EZB-Rat auf die göttliche Eingebung

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Am heutigen Donnerstag richtete sich die Aufmerksamkeit der Kapitalmarktakteure auf das neue Domizil der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt, wo erstmals eine geldpolitische Sitzung abgehalten wurde. Noch ist das Gebäude nicht vollständig fertiggestellt, aber das trifft auch auf die Geldpolitik der EZB zu, an der noch intensiv gebastelt werden muss.

Manchmal hat man den Eindruck, dass die humoristische Satire von Ludwig Thoma „Ein Münchner im Himmel“ aus dem Jahre 1911 ohne weiteres auf die EZB übertragbar wäre. So heißt es bei Thoma, dass die bayerische Regierung immer noch auf die göttliche Eingebung warte. Dies scheint bei den europäischen Notenbankern nicht anders zu sein. Zu unterschiedlich sind die Sichtweisen bezüglich der vermeintlich richtigen Geldpolitik.

Nach dem bisher beschlossenen Ankauf von Covered Bonds sowie ABS-Titeln und der Versorgung der Kreditinstitute mit langfristigen Refinanzierungsgeschäften wartet die Finanz-Community auf Hinweise zur weiteren Vorgehensweise seitens des EZB-Präsidenten Mario Draghi. Sicherlich wurden heute keine neuen Maßnahmen verkündet, aber ein Hinweis auf solche Maßnahmen sowie ein zeitlicher Rahmen war nicht auszuschließen. Auch der umstrittene Ankauf von Staatsanleihen wurde thematisiert.

Zu divergent sind die Aussagen führender Notenbanker zu diesem Kapitel der Geldpolitik. Die bisher damit agierenden Zentralbanken hatten alle den Vorteil, nur in ihrem eigenen Land aktiv sein zu müssen. Bei der EZB würden erstmals Staatsanleihen von vielen autonomen Staaten aufgekauft werden, die lediglich in Teilbereichen miteinander kooperieren. Aus diesem Grund ist man in dieser Angelegenheit auch noch zu keinem Konsens gekommen. Denn zu viele Fragen sind in diesem Zusammenhang unbeantwortet. Nach welchem Schlüssel wird angekauft? Ist es wirklich notwendig, da viele Staaten wie Italien und Spanien sich inzwischen zu historisch niedrigen Zinssätzen refinanzieren können? Ist auch der Ankauf im Sekundärmarkt als Staatsfinanzierung zu betrachten? Wer trägt die damit verbundenen Risiken? Und da mit dem Ankauf von Corporate Bonds ein unkomplizierteres Konstrukt zur Verfügung steht, ist eher damit zu rechnen, dass diese Karte seitens der Notenbanker ausgespielt werden würde.

Die EZB werde Anfang 2015 ihre geldpolitischen Maßnahmen überprüfen und bei Bedarf „Umfang und Tempo“ ändern, versicherte Notenbankchef Mario Draghi nach der Sitzung des EZB-Rats. Erst dann soll fest stehen, welche konkreten Maßnahmen ergriffen werden, um mittels eines schwächeren Außenwerts des Euros die Konjunktur anzukurbeln und zugleich die Inflation über den Import zu fördern.

In diesem Zusammenhang sei auch noch erwähnt, dass von 2015 an die geldpolitischen Beschlüsse nicht mehr alle vier Wochen zur Beratung anstehen, sondern nur noch alle sechs Wochen. Das bedeutet aber auch, dass wegen des Beitritts von Litauen und des daraus resultierenden Rotationsverfahrens im EZB-Rat der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann in den Monaten Mai und Oktober nicht stimmberechtigt sein wird. Mario Draghi wäre gut beraten, kritische Beschlüsse nicht in diesen Monaten zu fassen.

Emittenten aus der 2. Reihe melden sich zu Wort
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So hat in dieser Handelswoche u.a. das auf Reisebüro-Software spezialisierte Unternehmen Amadeus über die Amadeus Finance B.V. eine Anleihe (WKN A1ZS5N) im Volumen von 400 Mio. EUR emittiert. Die am 2.12.2017 endfällige Gattung ist mit einem Kupon von 0,625% ausgestattet und wurde zu einem Kurs von 99,707% begeben, was einem Emissionsspread von +47 bps über Mid Swap entsprach.

Im gleichen Volumen hat sich auch der belgische Versorger Eandis CVBA am Kapitalmarkt mit Liquidität versorgt. Die am 4.12.2026 zur Rückzahlung anstehende Anleihe (A1ZTAF) ist mit einem jährlichen Kupon von 1,75% ausgestattet und wurde bei 99,475% emittiert. Dies kam einem Emissionsspread von +70 bps über Mid Swap gleich.

CAMPUS_419x328_tcm11-548572Auch die Tochtergesellschaft der spanischen Repsol, die Repsol Intl. Finance B.V., hat mittels einer Anleihe 500 Mio. EUR eingesammelt (A1ZS7Z). Die für institutionelle Anleger konzipierte Anleihe (Mindeststückelung: 100.000 EUR) wurde zu einem Kurs von 99,709% begeben, ist mit einem Kupon von 2,25% versehen und am 10.12.2026 endfällig. Der Emissionsspread belief sich auf +113 bps über Mid Swap.

Ebenfalls auf institutionelle Anleger zielt eine Anleihe der Telefonica Europe B.V. ab. Die Hybrid-Anleihe (A1ZTAE) im Volumen von 850 Mio. EUR wurde zu einem Kurs von 100% begeben und verfügt über einen Kupon von 4,20%. Die Anleihe ist zum 4.12.2019 seitens des Emittenten kündbar und danach wird der Kupon variabel sein. Der Bond wurde mit einem Spread von +380,6 über Mid Swap begeben.

RENAULT TWINGO III (B07) PHASE 1Eine der wenigen Anleihen, die auf die Bedürfnisse der Privatanleger (Mindeststückelung: 1.000 EUR) abzielt, ist eine von der französischen RCI Banque SA begebene Gattung (A1ZSQX). Der auf dem 3-Monats-Euribor basierende Floater (+57) ist am 27.11.2017 endfällig und wurde mit einem Kurs von 100% emittiert. Das Emissionsvolumen lautet auf 500 Mio. EUR.


Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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