Klage-Odyssee bei Scholz nach Berufungsverhandlung vor dem Aus

Nachdem in der vergangen Woche am OLG Stuttgart die Berufungsverhandlung in der Sache Prospekthaftung, Betrug und Kapitalanlagebetrug bei Emission der Scholz-Anleihe von 2012/13 stattgefunden hat, scheint der langjährige Klageprozess der Scholz-Anleiheeigner nunmehr vor dem Abschluss zu stehen: sie dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Abweisung zu Gunsten der Beklagten münden.

Um ihre Verpflichtungen aus der 2012/13 emittierten Anleihe loszuwerden, hatte die Scholz Holding GmbH, vormals Scholz AG – die nach wie vor zentrale Steuerungseinheit des Schrotthändlers und Metallverwerters Scholz-Gruppe –, 2016 in Wien ein sog. Kuratelverfahren nach österreichischem Recht durchführen lassen. Dieses führte zu einem zwangsweisen „Haircut“ (=Forderungsverzicht der Gläubiger): Anleihegläubiger mussten auf mehr als 90% bei Anleihe plus fälliger Zinsen verzichten.

Seitdem liefen zahlreiche Schadensprozesse gegen den vormaligen Unternehmenspatriarchen Berndt-Ulrich Scholz, gegen seinen Sohn Oliver Scholz und gegen die Scholz Holding GmbH, da sich die Anleger bei ihrem Einstieg in die Scholz-Anleihe laut Klage arglistig getäuscht fühlten.

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Im Oktober 2018 hatte zuletzt das Landgericht Ellwangen die Sammelklage von 137 Klägern sowie zahlreiche weitere Einzelklagen (federführend durch den Berliner Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Schirp) der Gläubiger abgelehnt. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Prospekthaftung und der deliktischen Haftung, auf die sich die Klage stützte. Aufgrund der seitens Schirp eingelegten Berufung verlagerte sich der Prozess somit auf Oberlandesgerichtsebene. Die nun erfolgte mündliche Berufungsverhandlung machte jedoch deutlich, dass die Richter keinerlei Notwendigkeit sehen, nun hier der Berufung stattzugeben.

Strittig waren im Wesentlichen fünf Punkte:

So seien Mittel in Höhe von 109 Mio. EUR aus der Anleihe nicht in die Scholz-Holding, sondern in die australische Tochter CMA geflossen – um dortige Verluste auszugleichen. Das Gericht erklärte hierzu, dass aus dem Geschäftsbericht nicht vollständig erkennbar sei, wann und in welcher Stückelung Mittel an die CMA geflossen seien.

Die Kläger monierten, dass bei der letzten Verhandlungsrunde kein hinreichend ausgewiesener Bilanzexperte Einblick in die Dokumente hatte. Das Gericht wies diesen – nach eigenen Worten „harschen Vorwurf“ – recht klar zurück, da für die Urteilssprechung nicht die Bilanzexpertise an sich maßgeblich sei, sondern der Horizont des durchschnittlichen Anlegers.

Die Kläger bemängelten außerdem, dass der Emissionsprospekt die Höhe der Forderungen der Scholz Holding in Bankenhand nicht ausreichend ausgewiesen habe – was das Gericht ebenso als nicht hinreichend begründet ansah.

Darüber hinaus sahen die Kläger in der nach dem Zeitpunkt der Anleiheemission vorgenommen Wertberichtigung seitens Scholz in Höhe von über 100 Mio. EUR eine Verschleppung vorliegen, da sich die Berichtigungen in den Jahren zuvor jeweils nur im ein- bis zweistelligem Mio.-Bereich bewegten, dann jedoch in die Höhe schnellten. Auch diese Darstellung wird das Gericht voraussichtlich zurückweisen.

Die Kläger machten als weiteren Klageanlass auch vermeintlich verschwiegene bzw. heruntergespielte Umweltproblematiken in einem Scholz-Werk, bei dem 200 T Stahlstaub ausgelaufen sein sollen, geltend. Das Gericht sieht hier jedoch die Höhe der Umweltschäden (ca. 400 TEUR) als nicht prospektpflichtig an. Zudem versäumten die Kläger hierzu die Klagefrist.

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Klageseitenvertreter Dr. Schirp bat das Gericht in der mündlichen Anhörung, nun nochmals diese Punkte zu prüfen und für den Fall, dass sich im Prozessverlauf doch noch feststellen lasse, dass im Emissionsprospekt objektiv nachweisbare Fehler vorzufinden sind, eine Revision zu beantragen. Firmengründer Berndt-Ulrich Scholz trug dementgegen vor, dass die Klage abzuweisen sei, da keinerlei Prospektfehler objektiv darlegbar wären, die CMA- ebenso wie die Wertberichtigungs-Problematik seitens der Kläger weit übertrieben dargestellt werde und außerdem ständig neue Zeugen im Prozessverlauf einberufen wurden. Auch habe der Großteil der Anleger die Anleihe erst am Sekundärmarkt erworben und viele Kläger hätten nicht einmal den Nachweis erbracht, die Anleihe überhaupt je besessen zu haben.

Auch unter dem Hinweis auf die Einsparung weiterer Gerichtskosten verkündete das Gericht letztlich, dass es die Berufung voraussichtlich abweisen werde. Das endgültige Urteil wurde auf den 2. Juli terminiert. Lediglich für den Fall, dass doch noch objektiv erkennbare Prospektfehler evident werden sollten, könne unter gewissen Umständen eine Revision des Prozesses geprüft werden.

Hintergrund

Bis 2011 war Scholz einer der großen Player der Recycling-Branche, mit mehr 500 Standorten, 7.000 Mitarbeitern und rund 4,5 Mrd. EUR Jahresumsatz. 2012 begab das familiengeführte Unternehmen eine hoch verzinste Unternehmensanleihe (8,5% p.a.), Volumen 182,5 Mio. EUR. Es ging schief. Der vermeintliche Retter Chiho-Tiande übernahm vor drei Jahren für den symbolischen Wert von 1 EUR die hoch verschuldete Scholz. Sohn Oliver Scholz wurde Anfang 2017 ‚aus wichtigem Grunde‘ fristlos entlassen, der Beratervertrag von Vater Berndt-Ulrich Scholz endete ebenso abrupt. Die EBITDA-Kennziffer, nach der Anleihegläubiger aktuell noch ein kleines Trostpflaster (Volumen: rund 6 Mio. EUR) erhalten hätten, blieb passenderweise für 2016/17, den beiden maßgeblichen Jahren für die Feststellung, ganz knapp darunter. Vater und Sohn Scholz gegenüber dem Lokalblatt im Schwäbischen: „Die Chinesen haben ein falsches Spiel gespielt.“

Da fällt uns ein verdammt altes deutsches Sprichwort ein: Wer einen Betrüger betrügt und einen Dieb bestiehlt – erhält 100 Jahre Ablass.

Ike Nünchert / Falko Bozicevic