It`s time to be selective – Der Markt für Mittelstandsanleihen wird (er)wachsen

Investoren haben gerade in letzter Zeit durch die Niedrigzinsphase an den Kapitalmärkten sowie einer grundsätzlichen Neueinschätzung von Staatsanleihen verstärkt Corporate Bonds  nachgefragt. So stieg das ausstehende Volumen von 6 Mrd. EUR im Jahre 2000 auf derzeit über 250 Mrd. EUR. Der langfristige Trend scheint damit ungebrochen, dies gilt insbesondere für das Marktwachstum der deutschen Mittelstandsanleihen.

Dieser wird daher auch 2013 weiter ansteigen und Anlegern die Möglichkeit bieten, ihren Zinsertrag zu optimieren. Das neue Jahr kann aber auch einen echten Stresstest für den noch jungen Markt bereithalten. Der Zeitpunkt für Investoren und Emittenten selektiver vorzugehen und nach neuen Standards beim Vertrieb und  in der Unternehmensbeurteilung zu suchen, scheint gekommen: Gut strukturierte Minibonds und Mittelstandsanleihen von Markennamen sind echte „Blockbuster“ in der Platzierung, aber auch Anleihen von spezielleren Emittenten können mit einem überdurchschnittlichen Zeichnungserfolg rechnen. 

Professionalisierung durch professionelle Anleger
Institutionelle Anleger suchen vermehrt die Chance, ihr Zinseinkommen durch Investments in Mittelstandsanleihen zu erhöhen. Dadurch werden sich nahezu zwangsläufig die Standards verbessern, zu denen diese emittiert werden können. Zwar bietet der Markt mit seinen jetzigen Rahmenbedingungen für alle Beteiligten ein auskömmliches Spielfeld, aber durch die immer wieder angestoßene Diskussion um besseren Anlegerschutz vor Zahlungsausfällen und mehr oder weniger undurchsichtigen Sicherungskonzepten scheint eine bessere Qualitätssicherung für den Mittelstandsmarkt in jedem Fall unumgänglich.


Vorteil für Emittenten und Investoren
Wenn professionelle Anleger eine höhere Qualitätssicherung durch mehr Mindestanforderungen und eine größere Transparenz bei Emittenten einfordern, beinhaltet dies natürlich das Recht für den Schuldner, seinen Kupon gegebenenfalls zu reduzieren. Mehr Sicherheit für den Investor – geringere Zinslast für den Emittenten. Auf diesem Weg könnte es auch erstmalig zu einer mehr ausdifferenzierten Risikoprämie bei Mittelstandsanleihen kommen und die Zeiten einer Zinsgestaltung nach dem Motto „ Das haben die anderen auch so gemacht!“ wären vorbei. Ein Zins, der mehr das Chance/Risiko Verhältnis anzeigt und sich nicht nur an „weichen“ Faktoren wie z.B. dem Markennamen einer Emission orientiert, würde auch einen liquideren Zweitmarkt ermöglichen und den Druck auf Investoren verringern, eine Hold-to-Maturity-Strategie zu verfolgen. Durch die Möglichkeit Anleihen aus dem Portfolio zu verkaufen und damit Gelder für Zeichnungen neuer Anleihen freizusetzen, wird dem Markt der Geldkreislauf reifer Märkte zur Verfügung gestellt. Die Verbesserung der Qualitätsstandards an den Börsen trägt schon einmal einen Teil dazu bei. Und verbindliche Mindeststandards für die Bondkommunikation sind ohnehin sehr hilfreich.


Mehr Verantwortung für den Emissionsmanager
Auch wenn zahlreiche Anleihen durch Eigenemission begeben werden, lassen sich die meisten Emittenten durch einen Emissionsmanager unter die Arme greifen oder doch zumindest beraten. Der Emissionsmanager wacht über den Zeitplan, koordiniert das Konsortium, gibt Marketingaktivitäten in Auftrag und unterstützt in der Zeichnungsphase. Warum dieses Aufgabenspektrum nicht erweitern? Ist der Manager qualifiziert genug, kann er bei der Beurteilung des Emittenten seine Kompetenz im Kreditbereich nutzen, um zu einer realistischen Einschätzung über die Fähigkeit des Gläubigers zur Zinszahlung und Tilgung der Anleihe zu kommen. Eine Emission würde dann einen vordefinierten Analyseprozess durchlaufen und so das externe Rating einer Agentur ergänzen. Anleger bekommen damit eine zusätzliche Einschätzung und Emittenten einen weiteren Baustein, der die Platzierung erleichtert.


Fazit
Der Markt für Mittelstandsanleihen wird weiter wachsen und professionelle Investoren werden den Markt beleben. Nicht auszuschließen ist, dass eine Fragmentierung in mehrere Risikoklassen stattfindet und dadurch unterschiedliche Risikoneigungen bedient werden. Höhere Qualitätsstandards werden es in jedem Fall möglich machen, dass Institutionelle Anleger mittelständisch geprägten Unternehmen zu fairen Kondition Geld zur Verfügung stellen können.

Autor: Dr. Laurenz Czempiel, Vorstandsmitglied, Bankhaus DONNER & REUSCHEL
Ursprünglich erschienen im Special "Anleihen 2013" des GoingPublic Magazins