Growth vs. Value: Alpha-Chancen und Diversifikation

Simona Gambarini, Senior Market Strategist, Strategic Advisory Solutions, Goldman Sachs AM zu Growth versus Value

Bis die Zentralbanken die Zinsen senken – was unserer Meinung nach im zweiten oder dritten Quartal 2024 der Fall sein wird – sprechen die Risiken im Makroumfeld tendenziell für eine anhaltende Value-Outperformance.

Zwar sinkt die Inflationsrate, doch sie dürfte noch bis Ende 2024 über dem Zielwert der Zentralbanken liegen, die angesichts des derzeit hohen Niveaus das Thema Zinssenkungen in diesem Jahr nur äußerst zögerlich angehen dürften. Obwohl sich das Wirtschaftswachstum verlangsamt hat – in der Regel ein unterstützender Faktor für Wachstumstitel – entwickelte es sich jedoch besser als erwartet.

Maßgeblich für die Frage, welcher Anlagestil sich durchsetzen wird, sind darüber hinaus die langfristigen Konjunkturdaten und neutrale Zinssätze. Eine entscheidende Frage ist, ob sich der Trend eines schwachen Wachstums in Kombination mit niedrigen Inflationserwartungen, der im Anschluss an die globale Finanzkrise vorherrschte, wieder durchsetzen wird, oder ob wir derzeit den Beginn einer längeren Phase mit stärkerem Wachstum, höheren Inflationserwartungen und höheren Zinsen erleben.

Foto: © William W. Potter – stock.adobe.com

Eine dauerhafte Rückkehr zu den Inflationsraten der 1970er Jahre ist unwahrscheinlich. Es gibt jedoch gute Gründe für die Annahme, dass es sich bei dem hohen Inflationsniveau weder um ein vorübergehendes noch um ein anhaltendes Phänomen handelt, sondern vielmehr um einen strukturellen Faktor, der unter anderem von Treibern wie Bevölkerungsalterung, Deglobalisierung und Dekarbonisierung beeinflusst wird.

In den vergangenen 20 Jahren waren Energie und Arbeitskräfte günstig und zudem leicht verfügbar. Beide Ressourcen werden knapper und teurer, viele Länder verfolgen einen zunehmend nationalistischen Kurs, und Rohstoffe werden als Druckmittel eingesetzt.

Bei Wachstumstiteln ist mit einer höheren Volatilität zu rechnen, und wir gehen davon aus, dass Rohstoffe als Wirtschaftswachstumsmotor eine gewichtigere Rolle als in früheren Konjunkturzyklen spielen werden. Vor diesem Hintergrund dürften die klaren Grenzen zwischen Growth und Value verschwimmen und ein stärkerer Fokus auf Alpha-Chancen sowie eine stärkere Diversifikation über Sektoren und Regionen an Bedeutung gewinnen. Technologie findet sektorübergreifend zunehmende Verbreitung, und die Dekarbonisierung eröffnet Wachstumschancen in Märkten, die sich lange Zeit unterdurchschnittlich entwickelt hatten. […]

Die aktuellen Marktbedingungen herrschen noch nicht lange vor. Aus makroökonomischer und geopolitischer Sicht wird die Welt immer komplexer und verändert sich. Daher sind wir der Ansicht, dass wir auch den Anlageansatz ändern sollten. Die klassische Einteilung von Anlagen – nach Growth oder Value, nach Ländern, Sektoren, nach öffentlichem oder privatem Handelsplatz – ist für künftige Anlagechancen unter Umständen nicht mehr optimal geeignet.

Simona Gambarini

Heute lösen sich erfolgreiche Anlagestile möglicherweise häufiger ab. Markttrends sind daher schwieriger zu antizipieren, und es wird teurer, entsprechende Änderungen im Portfolio vorzunehmen. Um unter diesen Bedingungen Alpha zu generieren, müssten Anleger das gesamte Anlageuniversum aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachten und exakt identifizieren, welche Akteure künftig Wert schaffen können. Unserer Einschätzung nach werden sich Unternehmen, denen die Generierung von Alpha in Zukunft gelingen wird, auf allen Märkten weltweit durch Innovationen, Disruptionen, die Schaffung von Chancen, Anpassungsfähigkeit und Diversität auszeichnen.

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