
Zinssenkungen, Unsicherheiten bei Zöllen und Geopolitik sorgen für Schwung. Warum die Rallye des Edelmetalls noch anhalten könnte. Von Violeta Todorova*
Der Goldpreis scheint aktuell nur eine Richtung zu kennen – aufwärts. Mehr als 30 neue Höchststände verzeichnete das Edelmetall in diesem Jahr bereits. Zuletzt auf über 4.000 USD je Feinunze. Damit unterstreicht Gold seine anhaltende Attraktivität als sicherer Hafen inmitten wirtschaftlicher Unsicherheiten und politischer Turbulenzen. Der jüngste Aufschwung folgt auf neue Signale der US-Notenbank Federal Reserve. Deren Vorsitzender Jerome Powell sieht eine ‚verschiebende Risikobilanz‘, die eine geldpolitische Lockerung notwendig machte.
Der Schritt erfolgt, während die Position des US-Dollar als Leitwährung weiter geschwächt wird und die Attraktivität von Goldbarren verstärkt. Nicht rentierende Anlagen wie Gold und Silber übertreffen typischerweise in einem Niedrigzinsumfeld, da sie im Vergleich zu Staatsanleihen attraktiver werden.
Zölle, Trump und die FED: politische Risiken stärken Gold
Die Unsicherheit um die Handelstarife des US-Präsidenten Donald Trump bleibt ein dominanter Treiber für Gold. Ein US-Berufungsgericht hat die Tarife kürzlich für illegal erklärt, obwohl die Regierung angekündigt hat, vor dem Obersten Gerichtshof Berufung einzulegen. Der anhaltende Rechtsstreit und Trumps harte Konflikte mit der Federal Reserve haben das Vertrauen in die US-Politikgestaltung erschüttert und unterstreichen weiter den Status des Dollars als Weltreservewährung.
Trump verstärkte zuletzt den politischen Druck auf die Zentralbank und FED-Gouverneurin Lisa Cook. Das Ziel seiner Bemühungen: sie aus dem politischen Gremium zu entfernen. Auch wenn Cooks Entlassung kürzlich durch den Surpreme Court gestoppt wurde, untergraben solche Interventionen die institutionelle Glaubwürdigkeit und könnten die Diversifikation ausländischer Anleger weg von dollarbasierten Vermögenswerten beschleunigen, was die strategische Bedeutung von Gold stärkt.
Inflation, Stagflationsängste und Erwartungen an eine Lockerung durch die FED
Trotz stabilisierender Kerninflation befeuern anhaltende Bedenken hinsichtlich Stagnation die Nachfrage nach Goldbarren. Gold wird zunehmend als Absicherung gegen Stagnation gesehen: ein Szenario, in dem die Inflation anhält, während Wachstum und Arbeitsmärkte sich verschlechtern.
Die schwache Entwicklung der Lohnkosten und die höchste Arbeitslosenquote seit 2021 trieben die US-Notenbank zuletzt bereits zu einer ersten Senkung des Leitzinses. Futures deuten auf mehr als 100 Basispunkte Lockerung unter Powells Aufsicht hin, bevor seine Amtszeit endet, wobei einige Ökonomen offen den Fall für eine 50-Basispunkte-Bewegung diskutieren.
Benchmark-Revisionen zu Lohnkosten zeigen, dass das Jobwachstum massiv überschätzt wurde, was unterstreicht, wie lange der Abschwung bereits anhält. Kommende Inflations- und Beschäftigungsdaten könnten die Höhe beeinflussen, nicht jedoch die Richtung der Zinssatzbewegungen.
Gold-Positionierung erreicht Extreme
Gold liegt aktuell bei deutlich über 4.000 USD und ist somit auf Kurs, weiterhin neue Rekorde aufzustellen – angetrieben durch starke spekulative Zuflüsse, insbesondere durch institutionelle Anleger. Das macht den Markt anfällig für Umkehrungen, obwohl bisher flache Korrekturen keine lange Liquidation ausgelöst haben. Die Tendenz bleibt bullish, da Trader sich gegen Risiken der FED-Glaubwürdigkeit, geopolitische Turbulenzen in Europa, dem Nahen und Mittleren Osten sowie Japan und die Aussicht auf tiefere US-Lockerungen absichern.
*) Violeta Todorova ist Senior Research Analyst bei Leverage Shares, einem Pionier und größten Emittenten börsengehandelter Produkte (ETPs) aus dem Einzelaktien-Segment in Europa. www.leverageshares.com/de/
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