FED kurz vor Abkippen in die falsche Richtung

Bislang hat die FED alles richtig gemacht. Sie ist jetzt jedoch kurz davor, in die falsche Richtung zu kippen – von Eric Vanraes*

– Angesichts einer nur langsam sinkenden Kerninflation und eines nach wie vor angespannten Arbeitsmarktes ist die Zinspause der FED vom 14. Juni wirtschaftlich nicht sinnvoll

– Wir glauben, dass zwei weitere Zinserhöhungen, gefolgt von einer 12-monatigen Pause, notwendig sind

– Ein Höchststand der Zinssätze wird nicht das Ende der geldpolitischen Straffung bedeuten; eine aggressive quantitative Straffung ist für Märkte mit geringer Liquidität potenziell gefährlicher

Die US-Notenbank befand es für notwendig, im Juni eine Zinserhöhungs-Pause einzulegen, bevor sie die Zinsen im Juli wahrscheinlich wieder anheben wird. Im Hinblick auf ihre Kommunikation verfolgt die FED den Grundsatz, dass sie nicht handeln sollte, wenn nicht mindestens 60% der Anleger ihre Entscheidungen antizipiert haben.

Aus wirtschaftlicher Sicht macht die Zinspause vom 14. Juni keinen Sinn. Wie der FED-Vorsitzende Jerome Powell betont, geht die Kerninflation zu langsam zurück. Zwar ist die Verbraucherpreisinflation (CPI) im Laufe des Jahres deutlich gesunken, doch weiß die FED, dass die schwierigste Arbeit noch vor ihr liegt.

Die Befürworter der Zinspause weisen darauf hin, dass die Zahl der Anträge auf Arbeitslosenunterstützung zurückgeht, aber die Zahlen für neue Arbeitsplätze im vergangenen Monat sind noch weit davon entfernt, den Beginn einer Trendwende zu signalisieren.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die FED zwei weitere Zinserhöhungen vornehmen sollte, bevor sie die Zügel, wenn möglich, für etwa ein Jahr ruhen lässt.

Es sei daran erinnert, dass die FED über zwei restriktive geldpolitische Instrumente verfügt und dass ein Höchststand bei den Zinsen nicht das Ende der geldpolitischen Straffung sein wird. Dazu muss die FED auch klarstellen, wie weit sie ihre Bilanz reduzieren will und wann die quantitative Straffung enden könnte.

Angesichts der geringen Liquidität an den Märkten erscheint eine aggressive quantitative Straffung potenziell viel gefährlicher als eine Zinserhöhung. Jede Störung dieses fragilen Gleichgewichts würde eine Kreditklemme auslösen und dazu führen, dass die übliche zwölfmonatige Pause zwischen der letzten Zinserhöhung des Zyklus und der ersten Zinssenkung entfällt.

Bislang – und das war alles andere als eine ausgemachte Sache – hat die FED alles richtig gemacht. Sie ist kurz davor, in die falsche Richtung zu kippen. Hoffentlich waren die Schocks der regionalen Banken in den USA lehrreich.

Eric Vanraes, Eric Sturdza Investments

*) Eric Vanraes ist Portfoliomanager des Strategic Bond Opportunities Fund bei Eric Sturdza Investments

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