Euler Hermes: Steigende Kreditrisiken 2020 im deutschen Mittelstand

„Mittelständler sind durch ihre häufig starke Spezialisierung zum Teil anfälliger für negative Entwicklungen, sodass sie sich als sehr guter Indikator für künftige Trends erwiesen haben“, sagt Kai Gerdes, Direktor Analyse bei Euler Hermes Rating. „Im dritten Quartal 2018 haben wir bei deutschen Mittelständlern erstmals nach drei Jahren wieder steigende Kreditrisiken gesehen. Dieser kurzzeitige Anstieg der Risiken erfolgte analog zur schwachen wirtschaftlichen Entwicklung der deutschen Wirtschaft.[4] Unser Algorithmus reagiert auch bei solchen punktuellen Veränderungen sofort. Zudem deckt er sich mit der Bonitätsbewertung unserer internen Kreditanalysesysteme.“ 

Im zweiten Quartal 2019 wiederholte sich dieser Vorgang und das negative Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zum Vorquartal war umgehend in den leicht steigenden Kreditrisiken sichtbar.

„Der darauffolgende Anstieg bei den Kreditrisiken im 2. Halbjahr des vergangenen Jahres war jedoch gravierender und geht über die normale Folgereaktion auf eine wirtschaftliche Abkühlung hinaus“, sagt Gerdes. „Damit zeichnet sich eine grundlegende Trendwende ab, die sich nach unserer Einschätzung das ganze Jahr über fortsetzen wird. Das deckt sich auch mit der Euler Hermes Insolvenzprognose.“

Auch bei Branchenrisiken „prognosesicher“: Automobilzulieferer mit größtem Anstieg

Auch bei den Branchen erweist sich der Algorithmus als recht „prognosesicher“: So zeigt der TRIBBot den stärksten Anstieg der Kreditrisiken im 2. Halbjahr 2019 wenig überraschend bei den Automobilzulieferern[5], die nicht nur mit steigenden politischen und wirtschaftlichen Risiken konfrontiert sind, sondern zusätzlich mit einem grundlegenden strukturellen Wandel zu kämpfen haben. Diese Kombination lässt Kreditrisiken in der Branche überproportional ansteigen. Auch bei Automobilherstellern ist ein Anstieg sichtbar – allerdings fällt dieser geringer aus, da die Hersteller einen Teil durch ihre Marktstellung und stärkere Diversifizierung abfedern können.

„Bei fast allen Branchen in Deutschland zeigen sich aktuell steigende Kreditrisiken„, meint Gerdes. „Neben der Automobilbranche sind vor allem die Papierindustrie, Textil, Rohstoffe, und Transport- und Logistik Treiber der Negativentwicklung. Diese Branchen weisen auch insgesamt mit das höchste Kreditrisiko auf. Eher überraschend hingegen ist die Tatsache, dass bei Software- und IT-Dienstleistungen Kreditrisiken ebenfalls überdurchschnittlich gestiegen sind – wenngleich das Kreditrisiko in dieser Branche auch weiterhin deutlich niedriger ist als bei der Gesamtheit des deutschen Mittelstands.“

Rühmliche Ausnahmen bei der aktuellen Abwärtsspirale in der wirtschaftlichen Schwächephase sind die Telekommunikations-, Bau- und Pharmabranche. Diese Sektoren profitieren am stärksten vom anhaltend robusten Binnenkonsum und dem anhaltenden Bau-Boom in Deutschland.

Die vollständige Studie zur Entwicklung der Kreditrisiken im deutschen Mittelstand finden Sie beigefügt und hier: 
https://www.ehrg.de/euler-hermes-rating-publishes-credit-research-paper-german-smes-will-face-higher-credit-risk-in-2020

Die Analyse zur Entwicklung der weltweiten Insolvenzen finden Sie hier:
https://www.eulerhermes.de/presse/euler-hermes-insolvenzstudie-2020-mehr-pleiten-erwartet.html

Die Analyse zur Entwicklung der Großinsolvenzen in Deutschland finden Sie hier:
https://www.eulerhermes.de/presse/insolvenzen-in-deutschland–immer-mehr-grosse-unternehmen-gerate.html

[1] In der Studie wird Mittelstand definiert als kleine und mittelständische Unternehmen sowie MidCaps mit einem Jahresumsatz zwischen 10-500 Millionen Euro (Mio. EUR).

[2] Der TRIBBot ist ein neues internes KI-basiertes Berechnungsinstrument für die standardisierte Analyse und Bewertung von Kreditrisiken.

[3] https://tribrating.com/methods

[4] Q3 2018: -0,1% Kontraktion des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zum Vorquartal

[5] Entwicklung Kreditrisiken Q1-Q4 2019 nach Analyse des TRIBBot Algorithmus

Fotos / Grafiken: @Euler Hermes