Heutzutage dominiert klar der US-Aktienmarkt das weltweite Börsengeschehen, doch das war nicht immer so. Von Holger C. Hinz*
Viele große Börsen haben eine lange Geschichte. Im historischen Vergleich hat sich das globale Gewicht einzelner nationaler Aktienmärkte allerdings mehrfach verschoben. Heutzutage dominiert klar der US-Aktienmarkt das weltweite Börsengeschehen, doch das war nicht immer so. Wie sich der globale Aktienmarkt verändert hat und auf die Länder aufteilt.
Die New Yorker Wall Street ist ein Sehnsuchtsort. Investmentbanker, Investoren und Privatanleger, aber auch Unternehmen, die an die Börse gehen wollen, träumen davon, an der größten und mit Abstand wichtigsten Börse der Welt zu arbeiten, zu investieren oder mit den eigenen Aktien dort notiert zu sein. Die US-Leitbörse ist zusammen mit der US-Technologiebörse Nasdaq am Times Square die Börsenhochburg schlechthin. Hier sind weltweit mit Abstand die meisten großen Aktien gelistet und nirgendwo auf der Welt ist so viel Kapital versammelt. Gemessen am Börsenwert aller dort notierten Aktiengesellschaften ist der US-Markt mit 54% der weltweiten Marktkapitalisierung der größte der Welt. Was an der Wall Street geschieht, beeinflusst die Börsen rund um den Globus.
Doch diese klare Dominanz der US-Börse war nicht immer so. Im Laufe der Geschichte waren die Aktienmärkte anderer Länder durchaus gewichtiger als das Finanzzentrum in den Hochhausschluchten von Manhattan. Zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts waren die europäischen Aktienmärkte noch führend. Großbritannien, Deutschland und Frankreich erreichten nach Marktkapitalisierung zusammen rund 50% am weltweiten Aktienmarkt, mit Österreich und Russland waren es sogar mehr als 60%. Den größten Aktienmarkt fanden Investoren seinerzeit in Großbritannien mit einem Marktanteil von 24% vor, die USA erreichten mit 15% nur Platz zwei.
Im Laufe der Jahrzehnte änderte sich diese Reihenfolge mehrfach dramatisch. Japans Aktienmarkt holte vor allem dank der Immobilienbranche massiv auf und erreichte Ende der 1980er Jahre rund 40% Weltmarktanteil. Dann brach der japanische Aktienmarkt zusammen, seine Marktkapitalisierung fiel um mehr als die Hälfte. Heute hat die Börse in Tokio nur noch einen Anteil von 7% an der globalen Marktkapitalisierung. Dennoch ist der japanische Aktienmarkt immer noch der zweitgrößte der Welt nach den USA. […]
Ein Kriterium für die Bedeutung eines Aktienmarktes ist die sogenannte Markttiefe. Sie gibt Aufschluss darüber, wie hoch der Anteil börsennotierter Unternehmen an einer Volkswirtschaft ist. Messen lässt sich das an der Marktkapitalisierung der Aktien eines Landes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Während dieser Wert in den USA relativ hoch ist, ist er in Deutschland zum Beispiel relativ niedrig, da Mittelstand und KMU einen großen Anteil am BIP aufweisen, aber nur selten an einer Börse notiert sind. Das sorgt für eine geringe Markttiefe in Deutschland. […]
Allerdings ist der US-Aktienmarkt mit seinem Übergewicht an Technologie-Weltkonzernen auch schon hoch bewertet. Gemessen an den Gewinnaussichten sind viele US-Aktien teurer als europäische Titel. Aber die hohe Bewertung ist es schließlich, was sich Unternehmen bei einem Gang an die Börse wünschen. Daher ist davon auszugehen, dass die US-Börse ihre Dominanz noch lange weiter aufrechterhalten kann. Gerade für Biotech-Unternehmen aus aller Welt wie BionTech oder Immatics aus Deutschland ist der US-Kapitalmarkt die Benchmark und der ‚Place to be‘.
*) Holger C. Hinz ist Leiter Kapitalmarktgeschäft der quirin Privatbank in Frankfurt und – nach eigenen Angaben – ausgewiesener Experte des Fußball-Business.
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