Abgetrieben – ein Kommentar von Falko Bozicevic

Falko Bozicevic, BondGuide

Mit der Insolvenz von Rena Lange ist der Markt für Mittelstandsanleihen um eine Kuriosität reicher. Gerade mal 9 Monate hat das Luxuslabel von der Emission bis zum Exitus benötigt – eine Schwangerschaft mit Vorlauf.

Es gibt einen Businessplan. Es gibt einen Finanzierungsplan. Aus dieser Bedarfsanalyse folgt irgendwann das so hoffentlich gut begründete angestrebte Anleihevolumen. Doch dann wird weniger platziert als geplant und teilweise sogar erheblich weniger. Trotzdem hören wir dann häufig „Wir können all unsere Ziele erreichen“. Rote Flagge.

Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder stimmt das tatsächlich oder es ist dreist geschwindelt. Falls es stimmt, war der Businessplan Quatsch; falls es nicht stimmt, ist die Kommunikation gleichfalls offensichtlich Quatsch. So oder so jedenfalls: Hören Sie diesen Satz im Zusammenhang mit einer wesentlichen Verfehlung bei der Platzierung, sollten Sie einen möglichst großen Bogen um den Emittenten machen. Noch ist es dann in aller Regel früh genug.

Im Falle Rena Lange, um am Beispiel zu bleiben, war es tatsächlich so, dass man betonte, mit der Hälfte des angestrebten Erlöses auch nur zwei der veranschlagten vier Unternehmensziele umsetzen zu können. So weit korrekt. Ausreichende Liquidität als Ziel Nummer Fünf wäre auch nicht so übel gewesen.

Nicht zu erkennen ist hierbei nach wie vor irgendeine Verantwortung der sogenannten Coaches, Partner und Experten – je nach Börse heißen sie ja unterschiedlich. Weder haben sie eine Durchgriffsmöglichkeit, Weisungsbefugnis oder gar irgendeine Form signifikanter Mithaftung, sollte es beim Emittenten zu Nicht-Kommunikation, Nicht-Compliance oder gar kriminellen Handlungen kommen. Alle drei Punkte ja nicht gänzlich unbekannt, wenn ich recht erinnere. Das schärfste Schwert von Seiten der Börsen wiederum ist der Ausschluss aus dem jeweiligen Mittelstandssegment – mithin der Abstieg in den allgemeinen Freiverkehr. Wodurch der Emittent im Übrigen noch Kosten spart.

Bei diesem augenscheinlichen Missstand springt unangenehm ins Auge, dass noch kein signifikanter Zusammenhang zwischen Trümmeremittent und Reputationsverlust seiner Dienstleister – namentlich vor allem der „Experten“ – festgestellt werden konnte. Für einen sich de facto selbstregulierenden Markt wäre das jedoch Voraussetzung. Insofern war der Emittentenleitfaden vor einem halben Jahr ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Wir brauchen wohl noch eine Weile.

Ihr
Falko Bozicevic,
BondGuide