
Die BaFin hat am 27.10.2025 bekanntgegeben, dass sie beabsichtigt die Meldeschwelle für Eigengeschäfte von Führungskräften (Directors′ Dealings) von derzeit 20 TEUR durch den Erlass einer Allgemeinverfügung auf 50 TEUR anzuheben. Law Corner von Dr. Lutz Pospiech, Rechtsanwalt und Partner, und Lena Feldle, Rechtsanwältin und Senior Associate, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB, München
>> aus BondGuide #22-2025 vom 31. Oktober <<
Die Änderung soll mit Wirkung zum 1.1.2026 in Kraft treten. Mit der Anhebung des Schwellenwerts verfolgt die BaFin das Ziel, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Transparenzgebot sowie der Anzahl der Mitteilungen an die zuständigen Behörden und die Öffentlichkeit herzustellen. Zugleich steht die Maßnahme im Kontext der europäischen Bestrebungen, bürokratische Hürden zu reduzieren und den Kapitalmarkt zu stärken.
Directors′ Dealings gemäß Art. 19 MAR
Art. 19 der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR) verpflichtet Personen mit Führungsaufgaben bei Emittenten sowie in enger Beziehung zu den Führungskräften stehende natürliche und juristische Personen, eigene Geschäfte mit den Anteilen oder Schuldtiteln (z.B. Anleihen) dieses Emittenten (oder damit verbundenen Derivaten oder anderen damit verbundenen Finanzinstrumenten) gegenüber dem Emittenten und der BaFin unverzüglich, spätestens drei Geschäftstage nach dem Datum des Geschäfts zu melden.
Der betreffende Emittent ist dann verpflichtet, diese Informationen binnen zwei Geschäftstagen zu veröffentlichen. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es, Transparenz zu schaffen und Marktmissbrauch zu verhindern. Zudem können solche Geschäfte Rückschlüsse auf die Einschätzung des Managements zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zulassen und damit potenziell kursrelevant sein oder jedenfalls eine wertvolle Informationsquelle für Anleger darstellen.
Directors’ Dealings sollen damit zur Markttransparenz beitragen und das Vertrauen der Anleger in die Integrität des Kapitalmarkts stärken. Öffentlich bekanntgemachte Managementtransaktionen werden von Investoren regelmäßig als Signal interpretiert – im Positiven wie im Negativen.
Entwicklung der meldepflichtigen Schwellenwerte
Der meldepflichtige Schwellenwert für Directors′ Dealings lag bis zum 4.12.2024 grundsätzlich bei einem Gesamtvolumen von über 5 TEUR in einem Kalenderjahr (ohne Netting). Die BaFin war aber gemäß Art. 19 IX a.F. ermächtigt, den Schwellenwert auf bis zu 20 TEUR anzuheben. Von dieser Ermächtigung machte die BaFin mit Allgemeinverfügung vom 24.10.2019 Gebrauch und hob den Schwellenwert auf 20 TEUR (ohne Netting) an.
Im Rahmen des sog. EU Listing Act wurden die zuständigen nationalen Behörden durch die Änderung von Art. 19 IX MAR mit Wirkung zum 4.12.2024 ermächtigt, den Schwellenwert auf 10 TEUR zu senken oder auf 50 TEUR anzuheben. Hierzu wurde in den Mitgliedsstaaten bisher unterschiedlich Gebrauch gemacht: In Malta wurde der Schwellenwert z.B. auf 10 TEUR gesenkt, in Dänemark hingegen auf 50 TEUR angehoben.
Hintergrund und Ziel der geplanten Anhebung des Schwellenwerts durch die BaFin
Nach Auffassung der BaFin sollen vor allem kleinere, wirtschaftlich wenig relevante Eigengeschäfte von Führungskräften künftig nicht mehr unter die Meldepflicht fallen. Die BaFin verweist darauf, dass das durchschnittliche Transaktionsvolumen der in den Jahren 2021 bis 2024 gemeldeten Eigengeschäfte regelmäßig über 100 TEUR gelegen habe. Vor diesem Hintergrund sei auch bei einer Anhebung der Meldeschwelle gewährleistet, dass wesentliche Geschäfte auch von dem höheren Schwellenwert erfasst würden.
Die Anhebung des Schwellenwerts diene der Fokussierung auf markt- und kursrelevante Geschäfte sowie der Verringerung des administrativen als auch finanziellen Aufwands – sowohl für Emittenten als auch für die BaFin selbst. Durch die Anhebung des Schwellenwerts könne nach Einschätzung der BaFin zur Herstellung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen dem Grad der Transparenz auf der einen Seite der Waage und der Anzahl der Mitteilungen an die zuständige Behörde und die Öffentlichkeit auf der anderen Seite beigetragen werden.
Ausblick
Die geplante und u.E. zu begrüßende Maßnahme steht exemplarisch für den aktuellen europäischen Regulierungsansatz: weniger Bürokratie, mehr Effizienz. Deutschland wäre nach Dänemark der erste EU-Mitgliedsstaat, der von der Möglichkeit zur Anhebung des Schwellenwerts Gebrauch macht. Ob die Balance zwischen Bürokratieabbau und mehr Effizienz auf der einen Seite und Markttransparenz auf der anderen Seite gelingt, wird sich in der Praxis zeigen.
Marktteilnehmer, Verbände und sonstige interessierte Personen haben noch bis zum 17.11.2025 die Gelegenheit, gegenüber der BaFin zu der geplanten Anhebung des Schwellenwerts Stellung zu nehmen. Anschließend wird die BaFin über den Erlass der Allgemeinverfügung entscheiden. Sollte die Maßnahme in der vorgesehenen Form umgesetzt werden, wird die Änderung voraussichtlich am 1.1.2026 in Kraft treten.
Emittenten sollten bereits jetzt ihre internen Compliance-Prozesse überprüfen und die Anpassung der Meldepflicht auf den Schwellenwert von 50 TEUR vorbereiten, um ggf. ab dem 1.1.2026 alle meldepflichtigen Geschäfte korrekt und fristgerecht zu erfassen.
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