Gold – die wahrhaftigste aller risikofreien Währungen

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Für die weltweiten Zentralbanken ist Gold eine Form des risikofreien Geldes – eine Sichtweise, die die Finanzmärkte derzeit nicht teilen. Der aktuelle Marktkommentar von Ned Naylor-Leyland, Head of Strategy Gold und Silber bei Jupiter Asset Management:

Die Zentralbanken haben sich in den letzten drei Jahren geradezu in einem Goldrausch befunden. Nach Angaben des World Gold Council erreichten ihre Goldkäufe im Jahr 2022 den höchsten Stand aller Zeiten.1) Meiner Ansicht nach werden Faktoren wie das Gegenparteirisiko und die Frage nach dem sichersten Verwahrort für ihre Reserven immer wichtiger für die Zentralbanken – und einige von ihnen halten Gold mittlerweile für eine sicherere Wette als US-Dollar oder US-Staatsanleihen (Treasuries).

Saudi-Arabien, China und Japan haben ihre US-Staatsanleihebestände zuletzt reduziert, obwohl China und Japan immer noch die größten ausländischen Käufer von Treasuries sind.2) Nachdem die Biden-Regierung in Reaktion auf den russischen Einmarsch in der Ukraine Vermögenswerte der russischen Zentralbank in den USA eingefroren hat, bemühen sich einige Gläubigerländer der USA jetzt um eine Verringerung ihrer Abhängigkeit vom US-Dollar und setzen stattdessen auf die einzig wirklich risikofreie Währung – Gold.

Die Finanzmärkte kleben geradezu an den Lippen der Notenbanker, wenn sich diese zur Geldpolitik äußern – ein einziges Wort in einer Fed-Erklärung kann die Märkte von einer Richtung in eine ganz andere schicken. Wie sich die Zentralbanken in Bezug auf ihre Reserven verhalten, wird dagegen vollkommen ignoriert.

Gold steht vor dem Ausbruch
Die Märkte sollten diesem Aspekt mehr Beachtung schenken, da der Goldpreis meiner Ansicht nach vor einem Ausbruch steht. Ein Teil des Problems ist, dass die Märkte nur den US-Dollar-Goldpreis im Blick haben. Dabei hat Gold vor kurzem neue Allzeithochs in australischen Dollar, britischen Pfund, Yen, Yuan und Rupien erreicht.

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Durch die Geldpolitik der Zentralbanken, die zu einer deutlichen Abwertung der Währungen führte, konnte Gold in den Jahren 2009–2011 in allen Währungen nennenswert zulegen. Weitere Phasen einer starken Performance folgten 2020 und 2022 sowie im Mai 2023. Aktuell notiert Gold unter 2.100 USD/Feinunze, und bis der Goldpreis die Marke von 2.200 USD durchbricht, interessiert sich der Markt nicht für das Edelmetall.

Was könnte einen Ausbruch des USD-Goldpreises auslösen? Alles, was für eine künftige Abwertung des Dollars spricht. Die offensichtlichsten Faktoren wären das Erreichen des Zinshöchststands in den USA oder weitere Kreditereignisse – woran meiner Ansicht nach nichts vorbeiführen wird. Der Goldpreis bewegt sich in der Regel gegenläufig zu den realen Zinsen.

Ich glaube, dass jegliche Anzeichen einer geldpolitischen Lockerung zu einem Ausbruch des Goldpreises führen und die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte wieder stärker auf das Edelmetall lenken werden. Die Medien und Momentum-Strategien werden folgen. Und wo Gold hingeht, wird auch Silber folgen.

Das wird Auswirkungen auf die Entdollarisierung haben, ein meiner Ansicht nach wichtiges künftiges Narrativ an den globalen Finanzmärkten. Ein immer größerer Anteil des weltweiten Handels wird in anderen Währungen als US-Dollar abgewickeltÖl zum Beispiel wird zunehmend in Yuan gehandelt. Die Bereitschaft, Alternativen zum US-Dollar zu erwägen, nimmt eindeutig zu, besonders unter den BRICS-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika).

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Die Dollar-Gold-Beziehung ist noch intakt, aber beide streiten seit 50 Jahren um den Status als risikofreies Investment.

Bei einem Ausbruch des Dollar-Goldpreises wäre es damit vorbei. Ich halte Gold für die wahrhaftigste risikofreie Währung, weil es nicht von einer Regierung gedruckt wird. Fragen Sie einfach einen Zentralbanker.

1) https://www.gold.org/goldhub/research/gold-demand-trends/gold-demand-trends-full-year-2022/central-banks

2) https://asia.nikkei.com/Business/Markets/Bonds/Japan-China-pare-U.S.-Treasury-holdings-as-currencies-hit-new-lows#:~:text=Japan%27s%20holdings%20of%20%241.1%20trillion,from%20the%20end%20of%20June

Ned Naylor-Leyland, Jupiter AM

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