Greencells: „Wir stehen auch für den deutschen PV-Markt in den Startlöchern!“

PV-Projektierer und EPC-Dienstleister[1] Greencells beabsichtigt, sein Anleihevolumen sukzessive auf das Doppelte aufzustocken. Das macht man nur, wenn man sich seiner Sache sehr sicher ist. Und der Eindruck täuscht keineswegs: BondGuide sprach mit CEO Andreas Hoffmann und Chief Strategy & Development Officer Dr. Peter Vest.

BondGuide: Herr Dr. Vest, Herr Hoffmann, geht es aktuell denn voran bei den Erneuerbaren?
Vest: Die Preise für Power Purchase Agreements, kurz PPAs, gehen überall in Europa nach oben. Das lässt PV-Anlagen auskömmlich Strom produzieren und einspeisen – fast überall schon ganz ohne weitere Subventionen. Wir haben gerade am Donnerstagmorgen eine Meldung herausgegeben, dass wir in Polen knapp 200 MW erworben haben. Die beiden Projekte befinden sich bereits in mittleren Entwicklungsphasen. Weitere sollen hinzukommen.

BondGuide: Wurde die Aufstockung der Greencells-Anleihe vor dem Hintergrund momentaner Marktopportunitäten bekannt gegeben?
Hoffmann: Ganz genau. Es gibt derzeit zahlreiche hochattraktive Gelegenheiten in Europa, wie die oben erwähnten in Polen. Daher ergibt es Sinn, genau jetzt den Bond aufzustocken und mit den Mitteln unsere Entwicklungspipeline weiter auszubauen. Wir können diese zusätzlichen Mittel also ganz gezielt für weiteres Wachstum einsetzen.

BondGuide: Sind die Verwendungsmöglichkeiten wirklich konkret oder möchten Sie nur etwas vorbauen?
Vest: Nein, die sind sehr konkret. Vorwegschicken möchte ich, dass wir die ursprünglichen 25 Mio. EUR aus der Emission genau wie seinerzeit ausgelobt eingesetzt haben. Da hatten wir bereits mögliche zusätzliche Opportunitäten in Europa anklingen lassen – und genau die sind jetzt vorhanden und deshalb die Aufstockung des Volumens. Gerade haben wir uns auf Sardinien potenzielle Projekte angesehen. Hinzu kommen als besonders attraktive Märkte Polen, Griechenland, aber auch Deutschland.

BondGuide: Gutes Stichwort: Wir hatten ja gerade Bundestagswahl. Ein für Sie favorabler Ausgang?
Vest: In Deutschland ist die Situation ebenfalls bereits derart, dass PV-Projektierer keine Subventionen mehr benötigen. Man verdient in der Einspeisung 5 bis 6 Cents pro Kilowattstunde. Und die nächsten Jahre werden jede Menge neue Projekte ans Netz gehen. Was wir als Greencells mitbringen, ist Umsetzungssicherheit: Ein Projekt, das wir beginnen, wird auch zeitplangemäß ans Netz gebracht. Das macht uns zu einem bevorzugten Partner in der Industrie.


Hoffmann: Behalten Sie auch im Hinterkopf, dass man Agrarflächen heute nicht mehr notwendigerweise in gewerbliche Flächen umwidmen muss. Agrar und PV lassen sich auch ideal kombinieren, indem man auf ein und derselben gemeinsam genutzten Bodenfläche niedrig wachsendes Gemüse anbaut.
Vest: Wenn irgendwann mal die EEG-Eigenverbrauchsumlage für private Nutzer von Dachflächen verschwindet, wird auch der Bereich Dachflächennutzung richtig Rückenwind bekommen, speziell für Selbstnutzer des PV-produzierten Stroms auf dem heimischen Dach. Aus diesem Grund sind wir mit der Greencells Regio auch im Bereich Aufdachanlagen aktiv in Deutschland.

Konzentration auf spätere Entwicklungsphasen mit niedrigeren Risiken und weniger Kosten

BondGuide: Und europaweit betrachtet: Welches Land oder welche Länder stechen heraus in puncto profitablem Betreiben von PV-Anlagen?
Vest: Da wäre besagtes Polen derzeit an erster Stelle zu nennen. Dann sicherlich Griechenland und Italien, wo wir jeweils schon über Projekte verfügen und weitere zuzukaufen gedenken.
Hoffmann: Und eben Deutschland. Wir gehen schon davon aus, dass die absehbare Ampelkoalition die Bedingungen für weitere Deregulierungen schafft. Wir stehen also für Deutschland in den Startlöchern, da wir vorweisen können, Projekte mit unterschiedlichsten Anforderungsprofilen in anderen Ländern bereits erfolgreich umgesetzt zu haben. In Ungarn hindert derzeit noch eine Steuer etwas den schnelleren Zubau, aber die wird früher oder später wegfallen. Dann wäre Ungarn ähnlich positiv wie Polen zu sehen mit annähernd gleich guten Rahmenbedingungen.

BondGuide: Weder Sie haben die USA erwähnt noch wurden sie erwähnt in Gesprächen, die ich mit anderen PV-Spezialisten geführt hatte die letzten Wochen. Hat man da etwas Sorge vor einer möglicherweise ‚großen Wiederkehr‘ 2024?
Hoffmann: Die politische Landschaft ist sicherlich extrem polarisiert. Aktuell haben wir um New York herum EPC-Aufträge für fünf Projekte, aber angesichts der politischen Großwetterlage möchten wir keine Risiken durch Projektentwicklung in frühen Phasen eingehen. Europa bietet mehr als ausreichendes hochattraktives Potenzial für unsere bewährte partnerschaftliche Strategie mit lokalen Entwicklern.

Links und rechts die beiden Interviewpartner

BondGuide: Herr Dr. Vest, Herr Hoffmann, ganz herzlichen Dank an Sie beide!

Interview: Falko Bozicevic

Andreas Hoffmann ist Chief Executive Officer (CEO) und Dr. Peter Vest Chief Strategy & Development Officer der Greencells GmbH.

[1] EPC = Engineering, Procurement, Construction [Ingenieursleistung, Beschaffung, Fertigung)