„Ein fingernagelgroßer Rubin kann leicht einen Gegenwert von 2 bis 3 kg Gold einnehmen“

Foto @ The Natural Gem GmbH

BondGuide im Gespräch mit dem Ökonomen und Gemmologen Dr. Thomas Schröck. Er ist seit 30 Jahren im internationalen Edelsteinhandel tätig und Gründer von THE NATURAL GEM.

BondGuide: Herr Dr. Schröck, Edelsteine sind vielleicht nicht das erste woran Investoren denken, wenn Sie Ihr Portfolio ausbauen. Daher eine elementare Frage zu Beginn. Kann ich mit einer Investition in Edelsteine langfristig Geld verdienen?
Schröck: Die kurze Antwort – Ja. Nun folgt allerdings das Aber: Denn Stein ist nicht Stein. Nur bei qualitativ hochwertigen Edelsteinen können Sie mit Gewinn rechnen. Am besten setzt man seinen Fokus auf die großen „Vier“ – Rubin, Saphir, Smaragd und Diamant. Dabei ist eine Qualität ab 1 ct. Gewicht, bei Diamanten ab 0,5 ct. aufwärts empfehlenswert. Rubine, Saphire und Smaragde eignen sich für einen Anlagehorizont ab fünf Jahren, Diamanten für einen solchen ab 20 Jahren.

BondGuide: Auf was gilt es neben der Qualität zu achten?
Schröck: Als gewissenhafter Investor zieht man nur unbehandelte, naturfarbene Edelsteine in Betracht, die von einem unabhängigen gemmologischen Labor zertifiziert wurden. Nur einer von tausend Steinen ab der Mine hat Naturfarbe. Aufgrund dieser Seltenheit steigen sie schneller im Wert. Naturfarben bedeutet, dass der Stein nur geschliffen wurde. Farbe und Reinheit des Steins sollten jedoch nicht verändert werden, sei es durch Erhitzen, Rissfüllung oder Bestrahlung. Das mag den Stein optisch „verschönern“, diese Steine eignen sich dann aber nur noch für die Verarbeitung zu Schmuck. Als Investition sind sie nicht zu empfehlen. Der Wert zweier 1 ct. großer Rubine z.B. kann zwischen einem behandelten und einem naturfarbenen bis zu mehreren 100% variieren.

BondGuide: Jenseits des Edelsteins selbst, was gilt es beim Kauf zu beachten?
Schröck: Der Kauf, wie im Übrigen auch der Verkauf, sollte stets über Juweliere, seriöse Edelsteinhändler oder bei Auktionen getätigt werden. Diese sichern den Investor mit einem zum Edelstein gehörigen, unabhängigen, international anerkannten Zertifikat ab, welches als Echtheitsnachweis sowie für die Versicherung des erworbenen Steins zählt. Auf diesem Zertifikat müssen die Bezeichnung, sowie die Qualitätsmerkmale des Edelsteins ausgewiesen sein. Es gibt neben den Zertifikaten auch Wertgutachten, welche dem Edelstein einen Wert geben.

BondGuide: Sie haben das Thema ja schon angerissen, wie sieht es mit der Absicherung aus?
Schröck: Wichtigster Punkt ist, achten Sie beim Kauf immer auf ein Zertifikat eines unabhängigen, gemmologischen Labors. Dieses gilt es immer getrennt vom Stein aufzubewahren. Dann ist es auch unproblematisch eine Versicherung für die Edelsteine abzuschließen. Wenn das Investment als Schmuck getragen wird, ist es möglich eine sogenannte „Trageversicherung“ abzuschließen, um selbst das Risiko des Verlierens abzusichern.

„Am besten setzt man seinen Fokus auf die großen „Vier“ – Rubin, Saphir, Smaragd und Diamant. Achten Sie beim Kauf auch stets auf ein Zertifikat eines unabhängigen, gemmologischen Labors.“

BondGuide: Gold scheint seit der Corona-Pandemie in aller Munde. Edelsteine hingegen finden noch etwas unter dem Radar statt. Was sind die Vorteile einer Edelstein-Investition?
Schröck: Mit einem Edelsteininvestment hat ein Anleger ein physisches Gut mit einer sehr hohen Wertspeicherung auf kleinstem Raum. So kann ein fingernagelgroßer Rubin einen Gegenwert von 2-3 kg Gold einnehmen. Für die Lagerung wird also wenig Platz benötigt und auch keine speziellen Lagerbedingungen. Die geringe Größe und, dass Edelsteine im Gegensatz zu Gold nicht deklarierungspflichtig sind, erleichtern zugleich den internationalen Transport und Handel. Unter steuerlichen Aspekten nicht uninteressant, nach einer Behaltefrist von einem Jahr können die Edelsteine ohne Bezahlung von Einkommenssteuer weiterverkauft werden.

„Nach einer Behaltefrist von einem Jahr können Edelsteine ohne Bezahlung von Einkommenssteuer weiterverkauft werden.“

BondGuide: Und wie sieht es mit der Wertsteigerung aus?
Schröck: Betrachtet man die Wertsteigerung über die letzten 25 Jahre, sind Smaragde geometrisch berechnet pro Jahr um etwa 4%, blaue Saphire um etwa 6% und Rubine um etwa 8% gestiegen. Die Fundmengen gehen seit Jahren zurück, im Gegensatz zur Nachfrage, was die Preise weiter steigen lässt. Edelsteine sind zudem volkswirtschaftlich ein „superiores Gut“. Das bedeutet, wenn eine Nation reicher wird, steigt die Nachfrage nach Edelsteinen überproportional zum Zuwachs an Reichtum.

BondGuide: Soweit die positiven Seiten. Wie sieht es mit den ethischen Hintergründen von Edelsteinen aus – Stichwort: „Blutdiamanten“?
Schröck: Mit Hilfe von Diamanten wurden blutige Kriege und Gewaltkonflikte finanziert. Die ethische Frage ist daher gerechtfertigt. Früher war es aufgrund fehlender Transparenz Käufern und Händlern nicht oder nur schwer möglich die Herkunftsbedingungen herauszufinden. Es wurde ohne oder mit gefälschten Dokumenten gehandelt. Vor 20 Jahren wurde eingegriffen und der Markt für Diamanten mit Hilfe der Kimberly(Prozess)-Zertifizierung besser reguliert. Somit ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch geworden einen konfliktfreien Stein zu erwerben. Bei Farbedelsteinen können wir die ethisch und sozial korrekte Herkunft bis zur Mine nachvollziehen.

„Mit Hilfe von Diamanten wurden blutige Kriege und Gewaltkonflikte finanziert. Die ethische Frage nach der Herkunft ist daher gerechtfertigt.“

BondGuide: Einen 100% ethisch einwandfreien Stein zu erwerben, ist aber nicht möglich?
Schröck: Doch, wenn darauf geachtet wird bei welchen Händlern eingekauft und aus welchem Herkunftsort der Stein kommt. Als Beispiel: Käufern, denen der ethische Hintergrund wichtig ist, werde ich immer empfehlen einen Stein aus Sri Lanka zu kaufen. Dort gibt es ein Verbot zum industriellen Edelsteinabbau. Damit bleibt die gesamte Wertschöpfung im Land und bei der lokalen Wirtschaft und den Einheimischen selbst; außerdem wurden von der Regierung alle Großkonzerne des Landes verwiesen, der Abbau erfolgt durch kleine Minenbetreiber.

BondGuide: Wie sind Sie eigentlich mit dem Thema Edelsteine in Berührung gekommen?
Schröck: Mit acht Jahren habe ich von meinem Vater einen Bergkristall geschenkt bekommen, welcher meine Begeisterung für Edelsteine entfachte. Die Sammelleidenschaft wuchs schnell und nur vier Jahre später kaufte ich meine ersten geschliffenen Steine. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich meine Leidenschaft zum Beruf machen. Als ich mit 20 das erste Mal nach Indien flog, um Edelsteine einzukaufen, lernte ich dort sehr viel von einem Händler, der selbst seit 40 Jahren in diesem Geschäftszweig tätig war. Das war der Beginn meiner Expertise. In theoretisch-fachlicher Hinsicht folgten in den nächsten Jahren und bis heute gemmologische Ausbildungen bei der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft, bei Gübelin, sowie bei der Schweizer Stiftung Edelsteinforschung.

BondGuide: Herr Dr. Schröck, haben Sie zum Abschluss noch ein paar Tipps und Tricks?
Schröck: Kaufen Sie nur Steine, die leben – also das Licht reflektieren und von innen glänzen. Kaufen Sie nur Steine, die Ihnen selbst auch gefallen. Qualität vor Quantität – kaufen Sie lieber einen kleineren Stein mit guter Qualität als einen großen Stein mittlerer Qualität.

Dr. Thomas Schröck

BondGuide: Herr Dr. Schröck, besten Dank für Ihre Zeit und die in die Tat überaus erhellenden Einblicke!

Interview: Michael Fuchs

Dr. Thomas Schröck ist seit 30 Jahren im internationalen Edelsteinhandel tätig. Er ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von THE NATURAL GEM, ein Unternehmen welches sich auf den Handel mit naturfarbenen, unbehandelten Edelsteinen spezialisiert hat. Der promovierte Ökonom und international (u.a. Schweiz, USA, Indien) ausgebildete Gemmologe gilt europaweit als Experte für naturfarbene, unbehandelte Edelsteine und Investments in diese. 2017 erschien sein Ratgeber „Edelsteine als Investment“ zum Umgang und Handel mit den wertvollsten Steinen der Welt.