Was haben M. Draghi und E. J. Smith gemeinsam?

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Seit vergangenem Donnerstag hat sich nach der EZB-Ratssitzung und der anschließenden Pressekonferenz die Blasenbildung bei Anleihen verstärkt. Mit der Andeutung von Mario Draghi, dass man seitens der EZB willens sei, alle zur Verfügung stehenden Instrumente zum Erreichen des gesteckten Inflationszieles einzusetzen, ist die Wahrscheinlichkeit für eine noch lockerere Geldpolitik gestiegen.

Die Kursentwicklung an den Kapitalmärkten ist zu interpretieren als: „Wir haben verstanden. Die Nachricht ist angekommen.“ Sicherlich schmeckt diese Art von Geldpolitik nicht jedem, aber es scheint vorerst kein Halten mehr zu geben.

In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings auch immer wieder die Frage, wer für diesen „Wahnsinn“ verantwortlich ist. Die Notenbanker oder die Politiker? Selbstverständlich werden die Beschlüsse im EZB-Rat gefasst und zwar als Reaktion auf die fehlgeschlagene Haushaltspolitik der Volksvertreter in Europa. Und somit ist die Frage nach dem „Schuldigen“ nicht eindeutig zu beantworten. Doch eines ist sicher, durch das permanente Öffnen der Geldschleusen werden die Anreize einer nachhaltigen Haushaltspolitik konterkariert, und die Staaten reduzieren ihre Schuldenlast, indem fällige Schuldentitel zu günstigeren Konditionen prolongiert werden können.

Dieser Irrsinn wird die nachfolgenden Generationen in eine Sackgasse treiben und früher oder später in einem Schuldenschnitt enden. Doch bis zu diesem Zeitpunkt treiben die einzelnen Notenbanken noch ihre Spielchen. So zierte sich die US-amerikanische Notenbank auch gestern noch, die Zinsen anzuheben und zeitgleich zögerten Neuseelands und Japans Notenbanker eine weitere Lockerung der Geldpolitik hinaus. Ganz anders reagierte am vergangenen Freitag die Notenbank Chinas, die People’s Bank of China (PBoC), und senkte bereits zum sechsten Mal seit November 2014 die Leitzinsen. Doch die Blicke der nicht in der EZB vereinten europäischen Notenbanken sind bereits jetzt auf die EZB-Sitzung am 3. Dezember gerichtet. So wird die Bank of England zwar unabhängig von der EZB weiterhin mit einer Zinsanhebung liebäugeln, aber die Notenbank Schwedens wird sich beispielsweise sicherlich an der Entscheidung in Frankfurt orientieren.

Somit schippern momentan alle Notenbanken auf den Weltmeeren und sind auf der Suche nach dem richtigen Kurs. Allein schon deshalb macht es Sinn, sich mit einem eher unbekannten Zitat von E. J. Smith, dem späteren Kapitän der Titanic, zu beschäftigen. Dieser erklärte vollmundig im Jahre 1907: „In meiner ganzen Berufserfahrung habe ich kein einziges Mal ein Schiff in Seenot gesehen. In all meinen Jahren auf See bin ich niemals schiffbrüchig gewesen, und niemals war ich in einer Situation, die drohte in irgendeiner Art von Desaster zu enden.“ Wir alle wissen, was fünf Jahre später passierte, und können nur hoffen, dass sich die Geschichte nicht in übertragenem Sinne im Rentenhandel (z.B. beim Euro-Bund-Future) wiederholt. Denn auch dort hat man den Eindruck, dass viele Anleger, aber auch Notenbanker, vom Nimbus der Unsinkbarkeit überzeugt sind.

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marken Procter & GambleDoch zuvor emittierte in dieser Woche der US-amerikanische Hersteller von Konsumgütern, Procter & Gamble, eine 8-jährige Anleihe (WKN A1Z9N0)  im Volumen von 1,25 Mrd. EUR. Die Verzinsung von 1,125% ist bis zum Laufzeitende am 2. November 2023 fixiert und gepreist wurde der Bond bei 99,97%, was einem Emissionsspread von +97,20 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe entsprach. Die Anleihe verfügt über ein jederzeitiges optionales Kündigungsrecht seitens des Emittenten bei +15 bps über der entsprechenden Bundesanleihe. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich ein amerikanisches Unternehmen in Euro verschuldet. Dies lässt zumindest Rückschlüsse auf die Meinung des Unternehmens bezüglich des zukünftigen Außenwertes des Euros zu!

Aber auch die Gothaer Allgemeine Versicherung nutzte die Gunst der Stunde und begab einen Bond (A16847) im Volumen von lediglich 250 Mio. EUR. Das Papier hat eine Laufzeit bis zum 30.10.2045 und wird in den ersten 10 Jahren mit jährlich 6% verzinst. Danach richtet sich die Verzinsung nach dem zu diesem Zeitpunkt aktuellen 3-Monats-Euribor. Der Aufschlag von +6,042% würde bis zum Laufzeitende gelten. Der Bond wurde mit +504,2 bps über Mid Swap gepreist, was einen Ausgabepreis von 100% ergab. Allerdings hat sich Gothaer ab dem 30.10.2025 vierteljährliche Sonderkündigungstermine zu pari festschreiben lassen.

Zusätzlich für lediglich 8 Jahre hat sich der deutsche Versorger Eurogrid finanzielle Mittel in Höhe von 750 Mio. EUR über den Kapitalmarkt beschafft. Die Anleihe (A16864) ist mit einem jährlichen Kupon von 1,625% ausgestattet und wurde mit 99,97% gepreist. Dies entsprach einem Aufschlag von +102 bps über Mid Swap.

Bei allen beschriebenen Anleihen haben sich die Emittenten für einen Mindestanlagebetrag von nominal 100.000 EUR entschieden.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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