Anleihen heute im Fokus: Prokon, MIFA, 3W Power/AEG PS, DFAG

Prokon-Gläubigertreffen: eines der größten Treffen
in der Geschichte der BRD

Die gestrige Gläubigerversammlung von Prokon begann mit einem Eklat und endete mit einem zumindest vorzeitigen Knockout für den Prokon-Gründer und Ex-Geschäftsführer Rodbertus. Vergleichsweise hitzig dürfte heute auch das in Kürze startende zweite Gläubigertreffen bei MIFA ablaufen. Wie mehrfach an dieser Stelle erwähnt, geht es für den kriselnden Fahrradbauer und seine Bondholder beim heutigen Treffen um alles. Deutlich weiter sind da die Stakeholder bei 3W Power/AEG Solutions – gestern wurden die Eckdaten für die weiteren Kapitalmaßnahmen im Wege der laufenden Finanzrestrukturierung des Energiekonzerns bekannt gegeben. Frisches Zahlenmaterial gab es zudem von der ALNO AG und der KTG Energie AG.

Es war eine herbe Niederlage für Ex-Chef Rodbertus: Auf der gestrigen, laut Insolvenzverwaltung größten Gläubigerversammlung in der Geschichte der Bundesrepublik stimmte die Mehrheit der anwesenden Genussrechteinhaber der seit Ende Januar insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH für das Sanierungskonzept von Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin und damit gegen die Pläne von Ex-Geschäftsführer Carsten Rodbertus. Damit scheint der Weg vorerst frei, für den von Penzlin vorgeschlagenen Sanierungskurs, der unter Erhalt des Kerngeschäfts u.a. den Verkauf einzelner Beteiligungen und Projekte vorsieht und insgesamt tiefe Einschnitte für das überschuldete Windenergieunternehmen bedeuten wird (BondGuide berichtete). Gleichzeitig wurde der Hamburger Rechtsanwalt in seinem Amt bestätigt und erhielt den Auftrag, den Sanierungsplan auszuarbeiten, Anfang 2015 soll dann final über den Insolvenzplan abgestimmt werden.

Auf der nicht öffentlichen Versammlung in den Hamburger Messehallen wären nach den Aussagen einer Gerichtssprecherin etwa 29.600 Gläubiger vertreten worden. Das stimmberechtigte Kapital habe knapp 705 Mio. EUR betragen. Die „Freunde von Prokon“, mit 427 Mio. EUR Kapital die stärkste Gruppe, zeigten sich erfreut, dass Penzlin nun seine Pläne weiter umsetzen könne. Prokon hat rund 75.000 Gläubiger, die über 1,4 Mrd. EUR über Genussrechte in der heute überschuldeten Prokon angelegt hatten. Angesichts eines mitgeteilten Schuldenstands von über 1,6 Mrd. EUR und einem aktuellen Vermögen von ungefähr 1 Mrd. EUR dürfte ein Großteil des Investorenkapitals verloren sein – Befriedigungsquoten von 40 bis 70% machten derweil die Runde.

Mit dem Beschluss der Gläubigerversammlung setzte sich Penzlin gegen Ex-Prokon-Chef Rodbertus durch, der auf der Veranstaltung auch eine Stellungnahme abgegeben hatte. In dieser warf er Penzlin u.a. erneut vor, Prokon nur aus eigener Profitgier zerschlagen zu wollen, obwohl es im Kern ein gesundes Unternehmen ist. Auch sei die Insolvenz lediglich das Resultat einer beispiellosen Medienhetzkampagne im Interesse der Finanzindustrie, die Prokon nun übernehmen wolle. Seinen Plänen zufolge sollte Prokon als Ganzes erhalten bleiben. Der Insolvenzverwalter hatte Rodbertus als Chef im April fristlos entlassen. Penzlin hielt ihm Pflichtwidrigkeiten und mangelnde Geschäftsführung vor. Der Jahresabschluss für 2012 sei nichtig, der für 2013 nicht testierbar. Inzwischen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Lübeck gegen Rodbertus u.a. wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung, der Untreue und schweren Betrugs.

Für einen Eklat zu Beginn der Veranstaltung sorgte ein Beschluss der Rechtspflegerin, die das Treffen leitete: So wurde rund 15.000 Genussrechteinhabern ihr Stimmrecht versagt. Die Rechtspflegerin begründete den Beschluss damit, dass entsprechende Vollmachten über einen Vertrauten von Rodbertus eingesammelt worden. „Für den Ex-Chef habe sich dadurch ein nicht zulässiger Interessenkonflikt als Geschäftsführungsorgan und Vertreter von Genussrechten ergeben“, hieß es dazu weiter. Der dazugehörige Gerichtsbeschluss wurde inzwischen auf der Prokon-Webseite veröffentlicht. Die letzten Entwicklungen rund um Prokon im Rückblick …

fadc6dc438MIFAII„Decision Day“ heute auch bei der angeschlagenen MIFA Mitteldeutschen Fahrradwerke AG: Um 11 Uhr startet das zweite und damit finale Anleihegläubigertreffen als Präsenzversammlung im Sitzungssaal der Klaus Ehrich GmbH in Sangerhausen. Nachdem die erste Veranstaltung als Abstimmung ohne Versammlung am erforderlichen Beschlussfähigkeitsquorum gescheitert war, steht auch beim zweiten Treffen erneut die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters für die Inhaber der ausstehenden 7,5%-Schuldverschreibung (2013/18) über 25 Mio. EUR auf der Agenda. Darüber hinaus soll über die Ermächtigung und Bevollmächtigung des gemeinsamen Vertreters abgestimmt werden, einer Stundung der am 12. August erstmals fälligen Kuponzahlung über 1,875 Mio. EUR sowie dem vorübergehenden Ausschluss von Kündigungsrechten jeweils bis zum 31. Oktober zuzustimmen. Für MIFA und ihre Bondholder geht es bei dem Treffen um alles; sollten abermals keine Beschlüsse gefasst werden, steht die Sanierung des kriselnden Fahrradbauers außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens auf der Kippe. Unterlagen sind auf http://www.mifa.de/investor-relations/anleihe/ abrufbar.

Nach der Kapitalherabsetzung (BondGuide berichtete) macht die 3W Power S.A. jetzt Dampf bei den weiteren Kapitalmaßnahmen. So hat die Holdinggesellschaft der auf Stromversorgungslösungen spezialisierten AEG PS gestern die Eckdaten für das geplante Bezugsangebot und das Tauschangebot in Zusammenhang mit der Finanzrestrukturierung bekannt gegeben, die von der außerordentlichen HV am 25. Juni beschlossen wurden. Danach beginnt Bezugsfrist für die neuen 3W-Aktien I in Bezug auf die Kapitalerhöhung über 4 Mio. EUR am 24. Juli und endet voraussichtlich am 25. August. Konkrete Informationen sind im Wertpapierprospekt vom 22. Juli, im Bezugsangebot im Bundesanzeiger sowie auf der Unternehmenswebseite veröffentlicht.

Suprijono-Suharjoto5183469_is_01_3W_PowerIm Rahmen des beabsichtigten Debt-Equity-Swaps wird die Gesellschaft das Grundkapital durch die Ausgabe von 53.570.370 neuen Namensaktien im Nennwert von 0,01 EUR mit voller Gewinnanteilberechtigung ab dem 1. Januar 2014 („neue Aktien II“) gegen die von den Inhabern der 9,25%-Altanleihe (2010/15) im Gesamtnennwert von 100 Mio. EUR einzubringenden Teilschuldverschreibungen um 535.703,70 EUR erhöhen. Einzelheiten zur Emission der neuen Aktien II sind ebenfalls im Prospekt vom 22. Juli enthalten. Daneben wird den Anleihegläubigern als zusätzliche Gegenleistung für die Einbringung der Altanleihe ein neuer fünfjähriger 50-Mio.-EUR-Bond (2014/19) angeboten, der mit einem halbjährlich fälligen Kupon von anfänglich 4% p.a. – der Zinssatz erhöht sich für jedes darauf folgende Laufzeitenjahr um 2%-Punkte – ausgestattet ist. Die geltenden Anleihebedingungen können dem Verkaufsprospekt entnommen werden, der voraussichtlich am 29. Juli veröffentlicht wird.

Die Altanleihegläubiger erhalten das Recht auf den Bezug von 452 neuen Aktien II und den Erwerb einer neuen Teilschuldverschreibung im Nennwert von 500 EUR für jede Teilschuldverschreibung der Altanleihe im Nennwert von je 1.000 EUR (zuzüglich aller aufgelaufener und zukünftiger Zinsen bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Altanleihe) oder auf den Erhalt eines Barausgleichs. Beide Rechte können auch unabhängig voneinander ausgeübt werden. Die Einstellung der Börsennotierung für die Altanleihe ist für den 25. Juli vorgesehen. Die Übertragung der Altanleihe soll am 30. Juli vollzogen werden. Der Erwerbszeitraum für die neuen Aktien II und den neuen Bond beginnt voraussichtlich am 31. Juli und endet am 22. August. Die neuen Aktien I und II sollen danach am 29. August in die bestehende Notierung einbezogen werden, die Handelsaufnahme der neuen Unternehmensanleihe im Frankfurter Open Market ist ebenfalls für den 29. August angedacht.

Abwärts ging es zuletzt wieder mit dem 7,875%-Bond (2013/20) über 30 Mio. EUR der DF Deutschen Forfait AG. Scope hat das Corporate Rating des Außenhandelsfinanzierers um eine Note von zuvor B- auf jetzt CCC herabgestuft. Mit dem neuen Ratingurteil brachten die Berliner ihre Zweifel an der mittelfristigen Überlebensfähigkeit der Deutschen Forfait zum Ausdruck. Noch immer steht die DFAG wegen mutmaßlicher Verstöße gegen US- und EU-Handelsbestimmungen mit dem Iran auf der Sanktionsliste der US-Behörde „Office of Foreign Assets Control (OFAC)“. Auch wenn sich der Forfaitierungsspezialist weiterhin bemühe, schnellstmöglich ein Delisting von der OFAC-Sanktionsliste zu erreichen, ist derzeit ungewiss, wie lange das Streichungsverfahren noch andauern werde. Angesichts der sich daraus ergebenden Unsicherheiten und der starken Einschränkungen im operativen Geschäft sind etwaige zukünftige Zahlungsströme kaum vorhersehbar – weder nach deren Höhe noch was deren Zeitpunkt anbetrifft.

Die Deutsche Forfait profitiert vom Trend der Suche nach Finanzierungsalternativen.Die operativen Folgen sind schwerwiegend: mit sehr begrenztem Geschäftsvolumen “lebe” die DFAG aktuell von ihren Barreserven. Die Ratingexperten schätzen den gegenwärtigen Mittelabfluss auf 1 Mio. EUR pro Monat. Die liquiden Mittel waren zwar ausreichend, um die Ende Mai erstmals fälligen Anleihezinsen über 2,36 Mio. EUR pünktlich an die Bondholder auszuschütten, dennoch geht die Agentur davon aus, dass der Kassenbestand nicht ausreichen werde, um die kurzfristigen Schulden einschließlich auslaufender Kreditlinien von zusammen über 43 Mio. EUR zum Jahresende 2013 zu decken.Scope geht zudem davon aus, dass sich die DFAG mit ihren finanzierenden Banken in entsprechenden Gesprächen befindet.

Wegen der eingeschränkten Geschäftsfähigkeit, der kurz- bis mittelfristigen Folgen des laufenden OFAC-Verfahrens und den damit verbundenen existenziellen Risiken bleibt das DFAG-Rating unter Beobachtung für eine weitere mögliche Herabstufung. Andererseits sei auch ein Ratingupgrade denkbar, sobald die DFAG infolge eines OFAC-Delistings wieder Geld verdiene oder aber ihre kurzfristigen Kreditlinien verlängert werden würden. Zum letzten BondGuide-Beitrag …

Kurse- und Chartverlauf der genannten Mittelstandsanleihen finden Sie hier. Zum BondGuide-Musterdepot geht’s hier.

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