Law Corner: Goodbye Entry Standard! – Neuordnung der Börsensegmente der Deutschen Börse in Frankfurt

Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, Isabell Blöchl, Anwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln
Dr. Mirko Sickinger und Isabell Blöchl Heuking, Köln

Der Law Corner Beitrag von Dr. Mirko Sickinger, LL.M., Partner, Isabell Blöchl, Anwältin, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln.

Zum 1. März 2017 verabschiedet sich die Deutsche Börse in Frankfurt nach gut zehn Jahren vom Entry Standard und führt ein neues Börsensegment für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ein.

„Attraktives Schaufenster“ für mittelständische Unternehmen
Eine Neuordnung der Börsensegmente war bereits länger erwartet worden. So hatte die Politik wiederholt ein besonderes Segment für die Förderung von Start-ups gefordert. Darüber hinaus sieht die geplante europäische Kapitalmarktunion explizit die Finanzierung kleinerer und mittelständischer Unternehmen über den Kapitalmarkt vor. Schließlich hat auch die Einführung der neuen Publizitätspflichten für Freiverkehrsemittenten durch die Marktmissbrauchsverordnung (MAR) zum Überdenken der bisherigen Segmente beigetragen.

Nun hat die Deutsche Börse ihre Lösung vorgestellt: Ein neues Segment wird ab dem 1. März 2017 den Entry Standard ersetzen. Nach Aussage der Börse soll das neue Segment vor allem KMUs den Zugang zu nationalen und internationalen Investoren erleichtern und ein „attraktives Schaufenster“ bieten. Daneben bleiben das Quotation Board als (Zweit-)Listing-Segment und das Basic Board als Auffangsegment bestehen.

Neues Marktsegement: Deutsche Börse will KMUs den Gang an die Börse erleichternSchärfere Regeln für Zugang zum neuen Segment
Im Unterschied zum Entry Standard müssen Unternehmen für die Einbeziehung ihrer Aktien oder Anleihen in das neue Segment zusätzliche Voraussetzungen erfüllen. Für die Einbeziehung von Anleihen werden sechs Kennzahlen genannt, von denen drei vorliegen müssen.

Diese sind:
• eine EBIT Interest Coverage von mindestens 1,5
• eine EBITDA-Interest-Coverage von mindestens 2,5
• ein Verhältnis von Haftmitteln zur modifizierten Bilanzsumme (Risk Bearing Capital) von mindestens 0,2
• ein Verhältnis von Gesamtverbindlichkeiten zum EBITDA von höchstens 7,5
• ein Verhältnis von Nettoverbindlichkeiten zum EBITDA von höchstens 5 sowie
• ein Verhältnis der gesamten Finanzverbindlichkeiten zu gesamten Finanzverbindlichkeiten zzgl. Eigenkapital von höchstens 0,85.

Das platzierte Emissionsvolumen muss nun bei 20 Mio. EUR liegen. Bisher gab es nur eine Empfehlung der Börse hinsichtlich mindestens 25 Mio. EUR.

Qualitätssicherung durch anerkannte Partner
Gestärkt wird daneben die Rolle der früheren Listing Partner, jetzt Deutsche Börse Capital Market Partner genannt. Denn die Unternehmen dürfen nur zusammen mit einem solchen Partner den Antrag auf Einbeziehung stellen und müssen sich während der gesamten Dauer der Einbeziehung von einem solchen Partner betreuen lassen. Als antragstellende Partner können von der Börse Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute anerkannt werden, als betreuende Partner auch Unternehmen, die in der Rechtsberatung oder Wirtschaftsprüfung tätig sind. Diese Maßnahme dient ebenfalls der Qualitätssicherung.

Handlungsoptionen für Entry Standard-Emittenten
Schon mit Wertpapieren im Entry Standard gelistete Emittenten können bis zum 24. März unter erleichterten Voraussetzungen eine Einbeziehung in das neue Segment beantragen. Andernfalls verbleiben die Wertpapiere im Auffangsegment Basic Board. Alternativ können Unternehmen überlegen, den Sprung in den geregelten Markt anzugehen oder in den Freiverkehr an einer anderen Börse zu wechseln.

Fazit
Auch wenn die Einführung des neuen Frankfurter Marktsegments ausdrücklich auch jungen Wachstumsunternehmen eine Chance zur Kapitalaufnahme an der Börse eröffnen soll, so soll es gerade keine Neuauflage des 2003 gescheiterten Neuen Marktes werden. Substanz ist wichtiger als spannende Visionen und große Ziele. Durch eine aussagekräftige Namenswahl kann die Deutsche Börse genau das auch kommunizieren.

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