Zentrales Selbstverteidigungsinstrument gegen Inflationspolitik geht verloren

Inflationspolitik: Noch vor wenigen Jahren sicherte der Bund den Ausbau und die Pflege des Segments inflationsindexierter Anleihen zu. Von Bernhard Matthes*

Diese Zusage wurde nun überraschend zurückgenommen. Der Rückzug der Bundesrepublik aus einem international etablierten Rentensegment wirft Fragen zur Verlässlichkeit des Emittenten auf und sendet für viele Anleger ein fatales Signal.

Die aktuelle Entscheidung setzt sich dem Verdacht aus, dass überhöhte Staatsausgaben künftig vorsätzlich durch Inflation teilfinanziert werden sollen. Solange inflationsindexierte Anleihen einen nennenswerten Anteil am Gesamtvolumen der Staatsschulden haben, geht davon eine disziplinierende Wirkung aus: Staaten werden zu ordnungsgemäßer Haushaltsführung ermutigt.

Inflationsindexierte Anleihen gleichen ihrer Konstruktion nach einer ‚Kaskoversicherung mit Selbstbeteiligung‘: Im Schadensfall trägt der ‚Verursacher‘ einen Teil der Kosten. Das führt zu stärker gleichgerichteten Interessen zwischen beiden Vertragsparteien. Fällt nun die ‚Selbstbeteiligung‘ weg, ist ein anderes Risikoverhalten zu erwarten.

Inflationspolitik!

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 Gerade nach dem erfolgten Schadensfall der Vorjahre – der seit 2021 spürbar erhöhten Verbraucherpreise als Folge einer von Staaten und Notenbanken ‚organisierten Inflation‘ – drängt sich die Wahrnehmung auf, dass sich der Staat aus der Verantwortung schleicht und einen Teil der Folgekosten auf die Leidtragenden, die Investoren, abwälzt.

Anleger wie Stiftungen oder gemeinnützige Einrichtungen werden künftig eines wirksamen Instruments beraubt, das den realen Kapitalerhalt gewährleisten kann. Ein zentrales Selbstverteidigungsinstrument gegen die Inflationspolitik geht verloren. Damit entstehen direkte Schäden bei mildtätigen und gemeinnützigen Einrichtungen, deren Verbindlichkeiten stark inflationsreagibel sind und die sich auf der Anlageseite künftig schlechter vor der Geldentwertung schützen können.

Bernhard Matthes, CFA, ist Bereichsleiter BKC Asset Management

Bernhard Matthes, CFA, @BKC Asset Management

Bereits investierte Inhaber von Realzinsanleihen profitieren: Am Tag der Ankündigung verteuerten sich die ausstehenden Bundesanleihen deutlich. Sie werden künftig mit einer Knappheitsprämie versehen sein. Für neue Anleger hingegen verteuert sich der Zugang zu hochwertigem Inflationsschutz.

*) Bernhard Matthes, CFA, ist Bereichsleiter BKC Asset Management

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