Untote Lebende – ein Kommentar von Falko Bozicevic

Falko Bozicevic, BondGuide

In den vergangenen Tagen fanden gleich drei Anleihegläubigerversammlungen statt. Eklatant: Obwohl es bei Maschinenbauer Singulus ganz sicher ums Überleben geht, fanden sich nicht mal 15% des Stimmrechtskapitals ein – führen Privatanleger KMU-Anleihen bereits als Zombie-Bonds?

Singulus ist aktuellstes, obgleich nicht einziges Beispiel dieser Tage. Im ersten Durchgang Anfang Oktober fand sich gar nur ein einstelliger Prozentsatz zum Abstimmen ein bzw. ließ sich vertreten. Nun kann man sagen, die erste Anleihegläubigerversammlung (AGV) ist praktisch durchweg beschlussunfähig, da 50% Quorum für die wesentlichen Punkte nie erreicht werden – wieso also die Mühe auf sich nehmen?

Bei der zweiten AGV geht es dann allerdings um die Wurst. Nicht um die jüngsten Quartalszahlen noch zu verschleiern, sondern rein um Zeit zu sparen, hatte Singulus deshalb gleich auf der ersten AGV den Termin für den zweiten Durchgang bekannt gegeben: juristisch korrekte exakt drei Wochen später. Spätestens vorigen Donnerstag also ging’s für Singulus um nicht eben wenig. Eine lächerliche Präsenzquote von 13,8% kam bei rum.

Fast das Doppelte (25%) wäre nötig gewesen, um die Lähmung der Beschlussunfähigkeit zu lösen und die bitter notwendigen Restrukturierungsschritte einleiten zu können. Jetzt dürfte Singulus die Zeit weglaufen. Denn für die nächste Einladung, dann hoffentlich mit konkretem Sanierungsgutachten – es dürfte auf einen Debt-Equity-Swap (Umwandlung der Anleihen in Eigenkapital) hinauslaufen – geht es mit 50% notwendiger Zustimmungsquote von vorn los. Zeit, die der Spezialmaschinenbauer kaum noch haben dürfte.

Beim Spezialtextilienhersteller Sympatex geht es gar ins Absurde: Der Emittent möchte seine Anleihe 2013/18 vorzeitig und zum vollen Preis zurückzahlen. Aktueller Kurs: 87%. Super – möchte man jedenfalls meinen. Nein, keineswegs super. Denn am 9. November müsste man dafür wie gewohnt 25% Stimmrechtskapital mobilisieren, um sich eine solche Call-Option – einen Eingriff in die Anleihebedingungen – genehmigen zu lassen. Die Call-Option hatten die Münchner 2013 schlicht vergessen.

Man könnte denken, Privatanleger – die Fonds wurden natürlich schon abgeklappert – behandeln ihre KMU-Anleihen nur noch wie lebende Untote. Auch des Deutschen liebstes Haustier geht bekanntlich nach seinem Halter.

Ihr
Falko Bozicevic,
BondGuide

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