Turbulenzen im Anleihemarkt

Seit Jahrzehnten bieten Anleihen in unsicheren Zeiten eine Art Notunterkunft für nervöse Anleger. Im Jahr 2019 sah der An­lei­he­markt jedoch eher wie die Spitze eines Sprengkörpers aus, der auf seine Portfolios abzielte… Von Robert Steininger

Die globalen Zinssätze, die bereits seit der Rezession vor inzwischen einem Jahrzehnt die meiste Zeit des letzten Jahrzehnts niedrig waren, sinken weiter. Sie erschweren es somit Pensionsfonds und Kleinanlegern, die langsamen, aber stabilen Zinseinnahmen zu erzielen, die Grundlage vieler Pensionsfonds bilden. Eine Reihe von Faktoren spielen hierbei eine wichtige Rolle: Die zehnjährige wirtschaftliche Expansion verliert allmählich an Dynamik.

Der Handelskrieg zwischen den USA und China droht den globalen Handel zu belasten. Eine Mehrheit der Ökonomen erwartet zudem eine Rezession bis 2021. Doch warum ist das alles wichtig? Diese Faktoren senken die Zinsen, da Anleger eher bereit sind, weniger „Rendite“ oder Zinsen als Gegenleistung für die von Anleihen wahrgenommene Sicherheit zu akzeptieren. Im Allgemeinen haben diese Kräfte den Leitzins für das zehnjährige US-Finanzministerium von 3,24% im November 2018 auf 1,45% in diesem September gedrückt. Das Anlegen kann mit dem Spielen in einem Casino verglichen werden: Entscheidungen werden je nach Risikoprofil und Budget gefällt.

Niedrige Renditen bei abschwächender Wirtschaft

Sinkende Zinsen haben zumindest auf dem Papier einen Vorteil: Je weiter sie fallen, desto höher steigen die Kurse für bestehende Anleihen, deren höhere Kupons nun attraktiver aussehen. Der Bloomberg Barclays-Index für US-Gesamtanleihen ist in diesem Jahr bis Mitte September um 8% gestiegen, während ein Index für US-Unternehmensanleihen um 12,3% gestiegen ist. Dennoch mögen es nur wenige Anleiheinvestoren wieder auf fast Null zu kommen, da spärliche Renditen etwaige Kursgewinne aufwiegen würden. „In Zukunft werden die Renditen niedriger ausfallen als im letzten Jahrzehnt“, so Scott Mather, Geschäftsführer der Investmentgesellschaft PIMCO.

Er investiert in Anleihen und verwaltet ein Vermögen in Höhe von 1,8 Bio. USD (1.800 Mrd. USD). „Und das macht es für Investoren schwierig.“ Was können Anleiheinvestoren in einer solchen Situation tun? Das Zusammentreffen von niedrigen Erträgen und einer sich abschwächenden Wirtschaft lässt nur wenige Optionen offen. Bei hohen Anleihekursen könnte jetzt ein günstiger Zeitpunkt für den Verkauf risikoreicherer Wertpapiere, wie beispielsweise Anleihen mit starker Rendite, sein, die, im Gegensatz zu wachstumsorientierten Anleihen aus dem Technologiebereich, an den Bärenmärkten (auch „Baisse“ genannt, Börsenmarkt mit anhaltend sinkenden Kursen) tendenziell volatiler sind.

Was können Sie tun?

Sie müssen nicht wie im Live Casino zocken gehen. Für Anleger, die sich kurz vor oder bereits im Ruhestand befinden, besteht der sicherste Ansatz darin, hypothekenbesicherte Anleihen höherer Qualität und Unternehmensanleihen mit guter bis sehr guter Bonität der Sektoren mit starken Fundamentalfaktoren und überzeugenden Finanzdaten zu kaufen. Deren Renditen mögen sicher niedrig sein. Andere Vermögenswerte hingegen könnten sich am Ende aber weit schlechter entwickeln. Laut Mather könnte die US-Zentralbank die Zinsen auf nahe Null senken, auch wenn dies noch höchst unwahrscheinlich erscheint, da sie in das riskante Terrain von Negativzinsen eintauchen würden, das in Europa und Japan bereits an der Tagesordnung ist.

Anleger, die noch Jahrzehnte Zeit haben, um für ihren Ruhestand anzusparen, können ein höheres Risiko eingehen und auf volatilere Anlagen ausweichen. Wenn Sie sich in dieser Kategorie befinden, ist jetzt sicher nicht der richtige Zeitpunkt, viel Geld von Aktien in Anleihen umzuschichten. Wer zu sehr versucht, die Markthochs und -tiefs zu erwischen, wird auf Dauer bei der stabileren Buy- und Hold-Methode unterdurchschnittlich abschneiden.Die natürliche Neigung der Menschen geht dahin, in hohe Renditen zu investieren, sobald sie niedrigere Renditen in ihrem Portfolio sehen.“ Laut Mather wäre das die falsche Entscheidung, weil sie einfach gefährlich sein kann.

*) Robert Steininger ist Spezialist für u.a. Anlagestrategien und publiziert regelmäßig zu Fachthemen wie Online-Strategien, Investment-Strategien und Verhaltensanalyse.

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