Regierungskrise in Italien – Anleihen unter Druck

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Mit der von der EZB ausgelösten Suche der Anleger nach höheren Renditen war der Risikoaufschlag zehnjähriger italienischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen Mitte Juli auf unter 200 Basispunkte gefallen. Mit Blick auf die noch frischen Erinnerungen an die Kursbewegungen vom August und Oktober 2018 nahmen Anleger unverzüglich eine Neubewertung vor: Innerhalb eines Tages weitete sich der Spread italienischer Staatsanleihen um 26 auf 230 Basispunkte.

Schon seit Monaten sind wir vorsichtig gegenüber Italien-Anleihen, da aus unserer Sicht eine plötzliche Rückkehr des politischen Risikos nicht auszuschließen war. Nun zeigt sich, dass unsere Sorge nicht unbegründet war. Italienische Staatspapiere werden wohl solange unter Druck bleiben, bis mehr Klarheit über die neue Regierung und den Haushalt herrscht. Die im Herbst wohl zunehmenden Spannungen auf der politischen Bühne werden mit der Bekanntgabe weiterer Lockerungsmaßnahmen der EZB, einschließlich einer neuen Runde von Anleihekäufen, zusammenfallen.

Von Letzteren sollte eine gewisse Unterstützung für den italienischen Markt ausgehen. Allerdings ist ein neues quantitatives Lockerungspaket bereits weitgehend in den Kursen eingepreist. Das lässt Raum für Enttäuschung, wenn das Volumen der Anleihekäufe hinter den Erwartungen zurückbleibt. Die sind zudem kein Allheilmittel gegen länderspezifische Risiken: Als der Risikoaufschlag italienischer Anleihen gegenüber Bundesanleihen 2018 um über 200 Basispunkte nach oben kletterte, war das quantitative Lockerungsprogramm der EZB noch in vollem Gange.

Andererseits könnten italienische Anleihen nun, da die meisten Staatsanleihen in Europa negative Renditen abwerfen, für Anleger auf der Suche nach Rendite attraktiv werden – sofern der Preis stimmt. Verglichen mit früheren Episoden werden die Kursabschläge bei italienischen Bonds dieses Mal womöglich geringer ausfallen. Und sollten sich die Spreads stärker weiten als von uns erwartet, würden wir unsere Untergewichtung verringern.

Was Unternehmensanleihen anbelangt, besteht nach wie vor eine enge Verbindung zwischen Staat und Banken. Letztere halten in erheblichem Umfang Papiere des italienischen Staates in ihren Bilanzen. Auf negative Entwicklungen bei Staatsanleihen reagieren ihre eigenen Bonds deswegen entsprechend empfindlich. Weitere Spreads von Staatsanleihen haben für die Kapitalposition von Italiens Großbanken heute jedoch weniger gravierende Folgen. Der Grund: Die beiden größten Kredithäuser haben ihre Bestände an Italien-Anleihen deutlich verringert. Zudem haben sie Positionen in das Portfolio mit Halteabsicht verschoben, dessen Bestände nicht zu Marktpreisen bewertet werden.

Auf diese Weise ist es ihnen gelungen, die Sensitivität ihrer Kernkapitalquoten zu verringern. Darüber hinaus haben Italiens Top-Banken im vergangenen Jahr einen erheblichen Teil ihres notleidenden Kreditbestands ausgelagert und damit die Risiken für ihre Kapitalposition weiter reduziert.

Andrea Iannelli, Fidelity Italia

Taten statt Worte

Seit Jahresbeginn haben wir unser Engagement bei italienischen Unternehmensanleihen und allen voran bei Finanzpapieren deutlich zurückgefahren. Gründe sind die insgesamt hohen Bewertungen unsere vorsichtigere Gangart gegenüber dem italienischen Staat. Gleichzeitig verfügen die nationalen Banken-Champions über eine solide Kapitalausstattung. Weitere Schwächephasen werden wir daher nutzen, um unser Engagement aufzustocken. Insgesamt hat eine übertrieben vorsichtige Positionierung kaum Vorteile für Anleger. Wir gehen von einer Flut populistischer Botschaften der führenden Parteien im Wahlkampf aus, darunter auch Kampfansagen an die Adresse der EU im Haushaltsstreit. Sobald sich die Aufregung gelegt hat, wird sich Italiens Regierung jedoch vermutlich mäßigen und einen praktikablen Kompromiss präsentieren. Eine aus rechtsradikalen Populisten unter Führung der Lega bestehende Regierung müsste sich weniger beweisen als eine aus zwei Parteien, die sich ständig bekriegen. Damit könnten attraktive Chancen für Anleger einhergehen.

Andrea Iannelli ist Investment Direktor bei Fidelity International.