reconcept: „Breite Nachfrage gezielt bedienen und unser Wachstum in Kanada vorantreiben“

Mit dem CHF Green Energy Bond Canada geht die Hamburger reconcept in punkto Währung neue Wege – das ‚CHF‘ gelte aber nicht einer Zielgruppe, sondern einer Währungsdiversifizierung. BondGuide sprach dazu mit Geschäftsführer Karsten Reetz.

<< Aus dem aktuellen BondGuide 19-2025 vom 22. Sep. >>

BondGuide: Herr Reetz, mit der kürzlich gestarteten Auflage einer CHF-Anleihe, also in Schweizer Franken, begeht die reconcept neue Wege mit dem ‚CHF Green Energy Bond Canada‘. Gerne einmal in eigenen Worten die Idee dahinter.
Reetz: Kanada ist ja eines der Länder, auf die wir uns als reconcept mit den Themen rund um erneuerbare Energien fokussieren – dort konkret bereits seit 2014. Das Land zeichnet sich einerseits durch sehr gute natürliche Voraussetzungen für Wind- und Solarenergie aus. Andererseits besteht eine hohe regulatorische Stabilität, die das Ergebnis einer ambitionierten Klimapolitik ist und sich auf Ebene der Provinzen in attraktiven Einspeise- und Fördermodellen widerspiegelt.

Mit unserer Debütanleihe in Schweizer Franken kommen wir den konkreten Wünschen von Anlegern nach, die gern auch außerhalb des Euros diversifizieren möchten. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Jahren beobachtet, dass das Interesse speziell von Schweizer Anlegern an grünen Kapitalanlagen stark gestiegen ist. Vor diesem Hintergrund haben wir uns dazu entschieden, den CHF Green Energy Bond Canada zu begeben, um die breite Nachfrage gezielt zu bedienen und unser Wachstum in Kanada voranzutreiben.

BondGuide: Können eigentlich auch EU-Anleger, also gemeint v.a. deutsche Investoren, zeichnen und so eine Diversifizierung in der Währung bewerkstelligen?
Reetz: Ja, selbstverständlich. Die Emission steht allen Interessierten offen, die das öffentliche Angebot rechtlich wahrnehmen können – nicht nur Schweizer Investoren. Das ‚CHF‘ verweist ausschließlich auf eine attraktive Währung, nicht auf eine einzelne Zielgruppe.

„Grundsätzlich ist eine Aufstockung bei Bedarf technisch leicht zu bewerkstelligen. Aber das ist für uns noch Zukunftsmusik.“

BondGuide: Bei unter 8 Mio. EUR Volumen, egal welche Währung, spricht man von einer Mini- oder gar Mikro-Anleihe – lohnt sich der Aufwand denn? Die Dienstleisterkosten müssen doch überproportional sein.
Reetz: Ja, der Aufwand lohnt sich definitiv – das zeigt sich schon am Volumen der bisher eingegangenen Zeichnungen. Die Nachfrage gestaltet sich derart positiv, dass wir sehr zuversichtlich sind, auch diese neue Anleihe erfolgreich platzieren zu können.

BondGuide: Sie wollen sagen: ‚Wir stocken doch ohnehin wie gewohnt auf‘?
Reetz: Diese Frage ist in Anbetracht unseres starken Track Records durchaus legitim. Allerdings tun wir gut daran, weiterhin bescheiden zu bleiben und nicht zu weit nach vorne zu blicken. Grundsätzlich ist eine Aufstockung bei Bedarf technisch leicht zu bewerkstelligen, wie die Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt hat. Aber das ist für uns noch Zukunftsmusik, denn wir konzentrieren uns jetzt voll und ganz darauf, das aktuelle Emissionsvolumen von bis zu 3 Mio. CHF erfolgreich zu platzieren.

BondGuide: Von Wasserkraft war in der Produktbeschreibung nicht ausdrücklich die Rede. Dabei hat die reconcept doch vor der Ostküste Kanadas seit Jahren ein interessantes Gezeitenkraftwerk-Projekt. Wo ist das verortet aktuell und wie steht es darum?
Reetz: Tatsächlich liegt der Fokus der CHF-Anleihe auf Sonne und Wind, ggf. auch auf dazugehörigen Batteriespeichersystemen, entwickelt von unserem Team vor Ort, der reconcept Canada Entity. Das Gezeitenkraftwerk in der ostkanadischen Bay of Fundy liegt dagegen unverändert unter dem Dach unserer heimischen GmbH. Es befindet sich weiterhin in der Genehmigungsphase, u. a. läuft ein umfassendes ökologisches Monitoring, das prüft, wie sich ein künftiges Gezeitenkraftwerk auf den Lebensraum der Meeresfauna auswirken könnte.

„Kanada hat sich als Standort für Datencenter und Digitalisierung profiliert und fördert entsprechende Vorhaben. Die andere Seite ist dann logischerweise der überproportional wachsende Strombedarf.“

BondGuide: Und der grüne Wasserstoff, über den wir in einem früheren Interview sprachen: In Deutschland ist seine Entwicklung, vor allem einmal mehr die dafür notwendige Infrastruktur, nach Expertenmeinung um viele Jahre – bis zu zehn – zurückgeworfen oder zurückgestellt. In welchem Land kann man damit in naher Zukunft punkten?
Reetz: Das kann man in Skandinavien, speziell in Finnland – und genau deshalb sind wir dort 2024 über unser Joint Venture auch in das Geschäft mit grünem Wasserstoff eingestiegen. Die ersten Wasserstoffprojekte befinden sich bereits in der Entwicklung – mit dem Ziel, diese bis 2028 zur Baureife zu entwickeln und anschließend in die Vermarktung zu bringen. Bis 2030 soll dann insgesamt eine emissionsfreie Wasserstoffproduktion von 100.000 Tonnen pro Jahr ermöglicht werden. Dies entspricht rund einem Zehntel des finnischen Gesamtziels, wonach Finnland bis 2030 einen Anteil von mindestens 10% der gesamten grünen Wasserstoffproduktion in der EU anstrebt.

EE-Wachstumsmarkt Kanada

BondGuide: Bis 2050 wird für Kanada sage und schreibe eine Verdopplung des Strombedarfs prognostiziert. Kanada ist doch kein Schwellenland mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten – wodurch das also?
Reetz: Denken Sie an den wachsenden Strombedarf durch Datencenter und Digitalisierung generell. Kanada hat sich als Standort dafür profiliert und fördert entsprechende Vorhaben. Die andere Seite ist dann logischerweise der überproportional wachsende Strombedarf. Zusätzlich exportiert Kanada auch Strom in die USA, gerade der Bundesstaat Alberta. British Columbia derweil will in den nächsten Jahren komplett auf Erneuerbare umsteigen. Der Strombedarf ist also nicht nur umfassend, sondern auch recht vielschichtig.

„Genau wie im Fall Grönland haben Trumps Aussagen Richtung Kanada vor allem den Zusammenhalt der Bevölkerung wachgerüttelt und sogar gestärkt.“

BondGuide: Nach Trump 2.0 soll Kanada doch am besten 52. US-Bundesstaat werden. Das wäre nicht gerade Ihr Wunsch-Szenario, oder?
Reetz: Dazu gehören bekanntlich zwei. Kanada ist wie die USA eines der klassischen Zuwanderungsländer, aber mit klaren Kriterien und wenig Problemen mit illegaler Migration. Ich persönlich kenne keine Kanadier, die gern 52. Bundesstaat des südlichen Nachbarn sein möchten. Genau wie im Fall Grönland haben Trumps Aussagen Richtung Kanada vor allem den Zusammenhalt der Bevölkerung wachgerüttelt und sogar gestärkt.

Karsten Reetz, reconcept

Karsten Reetz, reconcept

BondGuide: Warum ist keine Einbeziehung in den Börsenhandel beantragt bei der CHF-Anleihe?
Reetz: Dafür ist sie zu klein – das lohnt sich nicht. Die Volatilität im Handel wäre zudem einfach zu groß. Der Verzicht auf eine Börsennotierung hat aber auch den Vorteil, dass wir einen direkten Kontakt zu unseren neuen Anlegern pflegen können. Gerade bei nachhaltigen Investments wird Kundennähe von vielen Anlegern geschätzt – das zeigt unsere Erfahrung aus über 25 Jahren ganz klar.

BondGuide: Herr Reetz, dann viel Erfolg mit der neuen CHF-Anleihe!

Interview: Falko Bozicevic

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