
Die industrielle Stärke Deutschlands steht auf dem Prüfstand. Was einst als Rückgrat der Wirtschaft galt, verliert an Tempo. Re-Industrialisierung: JETZT. Von Hartwig Görtler*
Nicht laut, sondern leise. Kein Aufschrei, sondern ein allmähliches Zurückziehen. Der Mittelstand investiert zurückhaltender, Innovationsprojekte geraten ins Stocken, Entscheidungen werden aufgeschoben. Wer mit Unternehmen spricht, erlebt die wahre Dimension der Krise.
Das Gefährlichste an dieser Entwicklung ist nicht die laute Dramatik der Großkonzerne, Es ist das Schweigen der breiten Masse unseres Wirtschaftsraums: des Mittelstands. Keine Schlagzeile, kein Skandal, kein Ereignis mit Ausrufezeichen. Sondern ein stetiges Durchhangeln im Nebel. Genau das macht diese Phase so gefährlich. Denn der Verlust an industrieller Substanz passiert nicht über Nacht, sondern schleichend. Und er wird teuer.
Wer jetzt handelt, kann steuern. Wer weiter wartet, verliert Spielraum. Was jetzt gebraucht wird, sind keine Beraterfloskeln und Masterpläne mit bunten Diagrammen. Es braucht Führung. Klar. Temporär. Wirkungsvoll. Genau hier kommt Interim Management ins Spiel.
Tagesgeschäft frisst Strategie
In vielen mittelständischen Betrieben ist das Tagesgeschäft zur Überlebensaufgabe geworden. Preissteigerungen, Fachkräftemangel, neue regulatorische Auflagen. Geschäftsführer kämpfen an mehreren Fronten gleichzeitig. Für strategisches Denken bleibt da kaum Zeit. Wer das operative Feuer täglich löschen muss, hat kaum Kapazitäten für strukturelle Neuausrichtung. Doch genau die wäre jetzt notwendig.
Die Konsequenz: Es wird reagiert, nicht geführt. Die Unternehmen laufen weiter, aber ohne Richtung. Was fehlt, ist ein starker, externer Impuls. Einer, der nicht nur berät, sondern auch Verantwortung übernimmt. Interim Executives bieten genau das. Keine Beobachterrolle, sondern Führungsrolle. Keine Konzepte in der Theorie, sondern Umsetzung in der Praxis.
Interim Manager sind keine PowerPoint-Produzenten
Ein großer Unterschied zur klassischen Unternehmensberatung zeigt sich in der Wahrnehmung im Team. Mitarbeitende nehmen Interim Manager anders wahr. Greifbarer. Näher dran. Weil sie nicht nur analysieren, sondern mit anpacken. Weil sie Entscheidungen nicht empfehlen, sondern treffen. Weil sie nicht auf Reportings warten, sondern Veränderung gestalten.
Viele Beratungsprojekte scheitern an der Akzeptanz im Unternehmen. Zu abstrakt, zu weit weg vom Alltag. Interim Management funktioniert anders: Es ist integriert, operativ wirksam und in der Kultur verankert. Interim Manager sind keine Fremdkörper, sondern temporäre Führungskräfte mit klarem Mandat. Sie sind nicht gekommen, um zu gefallen, sondern um Wirkung zu entfalten.
Akzeptanz ist kein Soft Skill, sondern ein Erfolgsfaktor
Wer eine Organisation verändern will, muss Akzeptanz schaffen. Nicht durch nettes Auftreten, sondern durch Klarheit und sichtbare Kompetenz. Interim Manager bringen Erfahrung mit. Sie haben bereits Krisen gesteuert, Transformationen umgesetzt, Unternehmen durch schwierige Phasen begleitet. Diese Glaubwürdigkeit macht den Unterschied.
Mitarbeiter spüren, ob jemand weiß, wovon er spricht. Sie hören nicht auf Titel, sondern auf Haltung. Und sie folgen jenen, die klar kommunizieren, realistisch analysieren und konsequent handeln. Interim Management schafft Führung auf Zeit, die nicht temporär wirkt, sondern nachhaltig prägt.
Wirkung statt Dauerpräsenz
Gute Führung erkennt man nicht daran, wie lange jemand im Amt ist, sondern daran, wie viel Substanz bleibt, wenn die Person gegangen ist. Interim Manager arbeiten nicht für den eigenen Status, sondern für das Ergebnis. Sie hinterlassen Organisationen, die stabiler, klarer und zukunftsfähiger sind als zuvor.
Re-Industrialisierung gelingt nicht durch Wunschdenken, sondern durch Umsetzung. Wer im Wettbewerb bestehen will, muss Entscheidungsfähigkeit beweisen. Und wer sich selbst eingesteht, dass im eigenen Haus gerade keine Luft für strategische Führung ist, zeigt nicht Schwäche, sondern Weitsicht.
Kompassfunktion in unruhigen Märkten
Globale Unsicherheiten, volatile Märkte, geopolitische Spannungen: Unternehmen brauchen heute keine Schönwetterkapitäne, sondern Navigatoren. Führungskräfte, die auch dann den Kurs halten, wenn Nebel aufzieht. Interim Executives übernehmen diese Rolle. Sie bringen Orientierung, wo Unsicherheit herrscht. Sie geben Tempo, wo Stillstand droht. Und sie tragen Verantwortung, wenn andere ausweichen.
Re-Industrialisierung braucht keine neuen Schlagworte, sondern neue Führungsmodelle. Weg vom Prinzip dauerhaft besetzter Stühle, hin zur Idee situativer Kompetenz. Dort, wo eine temporäre Führungspersönlichkeit mehr bewirkt als der x-te Workshop. Interim Management ist nicht die Ausnahme, sondern ein strategisches Instrument für Unternehmen, die handlungsfähig bleiben wollen.
Temporäre Führung, dauerhafte Wirkung
Interim Management ist auch keine Feuerwehr. Es ist ein Investitionshebel. Wer gezielt Führung auf Zeit einsetzt, löst nicht nur aktuelle Herausforderungen, sondern baut strukturelle Stärke auf. Gerade im industriellen Mittelstand mit seiner engen Personaldecke und dem hohen Druck aus der Fläche ist dieser Hebel entscheidend.
Die Qualität eines Interim Managers zeigt sich nicht in Meetings, sondern im Fortschritt; nicht in Folien, sondern in Ergebnissen. Nicht in Ankündigungen, sondern in Entscheidungen. Interim Executives bringen das Unternehmen in Bewegung. Nicht als neue Dauerlösung, sondern als gezielte Verstärkung. Punktuell. Substanzstark. Wirksam.
Fazit: jetzt handeln statt später wundern
Wer heute auf Re-Industrialisierung setzt, braucht nicht nur Investitionen, sondern Führung. Nicht irgendeine, sondern erfahrene, anerkannte, klar positionierte Führung. Interim Management bietet genau das. Es bringt jene Substanz, die viele Organisationen gerade vermissen. Und es liefert den Schub, den klassische Führung allein oft nicht mehr schafft.
Warten ist keine Strategie. Zögern ist kein Plan. Wer jetzt die Weichen nicht stellt, wird von den Entwicklungen überrollt. Die Zukunft der deutschen Industrie hängt nicht von Lippenbekenntnissen ab, sondern von Umsetzungskraft. Interim Management liefert diese Kraft. Und zwar genau dann, wenn sie am meisten gebraucht wird.
*) Hartwig Görtler ist Executive Interim Manager von Campsis Consulting mit über 30 Jahren Berufserfahrung, spezialisiert auf Turnaround, Restrukturierung und Wachstum im Mittelstand. Seine Zeit als Offizier der Fallschirmjägertruppe und als Leistungssportler prägte seinen klaren, direkten Führungsstil: schnelles Erfassen, strategisches Handeln und kompromisslose Umsetzung. Als passionierter Jäger und Falkner setzt er sich aktiv für Artenvielfalt ein und wurde für sein Engagement mehrfach ausgezeichnet: BVMid Top Interim Manager 2024, Mitglied im Wirtschaftsbeirat Bayern und Experte im Club AMERITUM. Sein Credo: „Machen ist wie Wollen. Nur krasser.” >>>LinkedIn Hartwig Görtler<<
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