Photon Energy: „Die Anleihe ist lediglich ein Schritt zur Erreichung unserer Ziele“

Das Umtauschangebot für die neue Anleihe Photon Energy 2021/27 läuft seit dem 18. Oktober – Anlass also, mit Finanzvorstand Clemens Wohlmuth über den neuen Bond – im Übrigen ein Green Bond sowie natürlich zu den generellen Aussichten für die PV-Industrie zu sprechen.

BondGuide: Herr Wohlmuth, Photon Energy startet mit einer frischen Folgeanleihe durch – vorgelagert ist ein Umtauschangebot, das bereits diese Woche begann. Vielleicht kurz zum Aufwärmen für Sie das Angebot in eigenen Worten formuliert?
Wohlmuth: Die neue Anleihe der Photon Energy hat ein Volumen von bis zu 50 Mio. EUR und einen Kupon von 6,5% pro Jahr – wie bei uns gewohnt mit quartalsweiser Zinszahlung. Unsere bisherige Anleihe 2017/22 läuft noch ziemlich genau ein Jahr, daher bieten wir unseren Anlegern einen Umtausch in den neuen Bond an, verbunden mit einer einmaligen Umtauschprämie von 20 EUR je Schuldverschreibung im Nominalwert von 1.000 EUR. Der Umtausch läuft voraussichtlich noch bis zum 12. November, während die neue Anleihe parallel ab dem 2. November und voraussichtlich bis zum 17. November auch im Rahmen eines öffentlichen Angebots angeboten wird. Und schließlich, wie allgemein üblich, finden im gesamten Zeitrahmen in ausgewählten Ländern Privatplatzierungen an qualifizierte institutionelle Investoren statt.

BondGuide: Die Altanleihe 2017/22 hat ein Volumen von rund 45 Mio. EUR. Haben Sie Umtauschangebot und Zeichnungsphase versetzt angeordnet, um sich über die Höhe der sozusagen ‚Konvertierenden‘ besser im Klaren zu werden?
Wohlmuth: Erfahrungsgemäß und als Daumenregel nehmen rund ein Viertel bis ein Drittel der Anleger das Umtauschangebot an. Über eine Quote Richtung 50% würde wir uns sicherlich freuen, zumal eine hohe Umtauschquote Ausdruck des Vertrauens in den jeweiligen Emittenten ist.

BondGuide: Umtauschquote mal 50% sowie Vollplatzierung unterstellt, wären das 25 Mio. EUR für Ihre Projekte – könnten Sie damit alle Pläne wie avisiert realisieren?
Wohlmuth: Unsere Ziele hatten wir ja im Rahmen einer Guidance zu Beginn dieses Jahres bereits formuliert: Unser Eigenbestand bei PV-Anlagen soll von derzeit 90 MW bis Ende 2024 auf rund 600 MW ausgebaut werden, v.a. in unseren Kernmärkten Ungarn, Rumänien und Polen, aber auch Australien, wo wir seit 2012 aktiv sind. Unsere Projektentwicklungspipeline soll von derzeit etwa 600 MW auf dann 1,5 GW wachsen. Unser Wartungsgeschäft soll sich schließlich auf ca. 1 GW verdreifachen. Die neue Anleihe ist lediglich ein Schritt dahin – natürlich nicht der Ausschließliche. Es ist deshalb klar – und damit völlig unabhängig von der letztlichen Umtauschquote –, dass wir zur Umsetzung unserer Ziele weitere Finanzierungsbausteine in Anspruch nehmen werden.

BondGuide: Was ist denn lukrativer für Photon Energy: Projektentwicklung, Eigenbestand oder Wartungsverträge?
Wohlmuth: Die Frage stellt sich für uns nicht ganz so – Kern unserer Strategie ist der weitere Ausbau unseres Bestandportfolios. Wir verfolgen dabei ein voll integriertes Geschäftsmodell, in dem wir den gesamten Lebenszyklus und Wertschöpfungskette einer PV-Anlage abdecken. Damit sichern wir nicht nur den Projektfluss, sondern auch die Projektqualität. Bei ausgewählten Projekten, wie in Australien, wo Projekte so groß waren, dass wir sie allein nicht hätten realisieren können, verkaufen wir auch mal Projektrechte. Priorität hat allerdings der Ausbau des Eigenbestands. Dabei ist jedoch wichtig, dass wir diese Projekte möglichst von Anfang an so gestaltet haben, dass wir sie auch 30 Jahre besitzen und betreiben wollen. Das unterscheidet uns im Übrigen auch von vielen anderen, die entweder nur projektieren und dann größtenteils verkaufen, oder Bestandshaltern, die vor allem zukaufen und halten. Nein – wir realisieren die komplette Wertschöpfungskette vom Reißbrett bis zur späteren Wartung der fertigen PV-Anlage.

BondGuide: Einen Punkt müssen Sie aber erklären: Wo liegen bei Photon Energy die Synergien zwischen Polen, Rumänien und Ungarn einerseits und Australien andererseits?
Wohlmuth: Der gemeinsame Nenner ist schlicht der Strommarkt. Unsere Branche kommt von der Historie ja von einem System, in dem Einspeisevergütungen üblich waren und teilweise noch sind. Die Absatzseite war geklärt, wenn man sich die Einspeisevergütung gesichert hatte. Aufgrund der sinkenden Investitionskosten und der heutigen Wettbewerbsfähigkeit hat sich dies total gewandelt. Um Einspeisevergütungen geht es heute praktisch kaum noch irgendwo. Wir sehen unsere Zukunft daher ganz klar dort, wo ein wettbewerbliches Umfeld herrscht, in dem PV-Anlagen konkurrenzfähig Strom zu produzieren in der Lage sind. Das ist bei den genannten Ländern der Fall. Australien ist da führend und wir haben von dem Markt viel gelernt, was wir jetzt in Zentraleuropa einbringen können.

BondGuide: Ist Kohle-Verstromung schon schlagbar?
Wohlmuth: In Deutschland gehen nächstes Jahr die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Das wird die Strompreise nicht gerade senken. Kohleverstromung wird weiter zurückgefahren aufgrund der Klimaziele. Der Strompreis kommt der gesamten PV-Industrie also von unten entgegen, während unsere Gestehungskosten Jahr für Jahr gesunken sind und langfristig weiter sinken werden. Das macht PV-Strom in vielen Ländern längst schon wettbewerbsfähig und zukünftig eher noch deutlich mehr. Diese Entwicklung ist seit Jahren absehbar und geht absolut in die richtige Richtung.

BondGuide: Und Australien, um das Thema abzuschließen?
Wohlmuth: Wir sind bereits seit 2012 in Australien engagiert. Australien ist ein Markt, in dem man schon recht früh wettbewerbsfähig Strom aus PV-Anlagen erzeugen und anbieten konnte. Einer unserer Gründer ist Australier und dort aufgewachsen. Wir waren also in der Lage, viel aus diesem Markt zu lernen und auf andere Länder zu übertragen. Gerade jetzt im Sommer haben wir unsere bis dato größte PV-Anlage in Australien ans Netz gebracht.

BondGuide: Was haben Sie konkret gelernt?
Wohlmuth: Sie meinen unabhängig von der Frage, wie ein sehr großer Strommarkt funktioniert? Zum Beispiel eine technische Innovation: weg von den fixen Süd, oder Ost-West-ausgerichteten Solarzellen hin zu dem Sonnenlauf nachgeführten Solarsystemen, um das Maximum im Verlauf des Tages aus der Sonneneinstrahlung herauszuholen. Technisch ist das nicht sonderlich schwierig. Dies ist jedoch sehr wichtig für die Vormittags- und Abendstunden, da hier die Strompreise künftig deutlich höher sein werden als zur Mittagszeit – wenn sie teilweise sogar negativ werden können, da es einen Angebotsüberschuss gibt. Es kommt also darauf an, die Ausbeute aus PV-Anlagen – abgesehen von nachts – möglichst nahe an die Grundlast eines z.B. Kohlekraftwerks zu bringen, das natürlich unabhängig von Tageszeiten Strom bereitstellt. Das ergibt einen durchschnittlich höher erzielbaren Strompreis für uns Anbieter. Und die Auseinandersetzung mit dieser Technologie haben wir in Australien gelernt und wenden sie jetzt auf unsere Märkte in Europa an.

BondGuide: Deutschland hat kürzlich gewählt. Wie sehen Sie den deutschen Markt?
Wohlmuth: Das Commitment zur Energiewende wird unabhängig von der schlussendlichen Regierungskonstellation bleiben. Es geht also lediglich um die Mittel und damit den Zeitplan für die beschlossene Energiewende. Auch die Windanlagenindustrie wünscht sich Erleichterungen in Genehmigungsverfahren. Aber das sind für mich nur Detailfragen. Die Energiewende wird vorangetrieben – und das ist für uns sehr gut. Wir sehen dies aber eher im europäischen Kontext, da Deutschland traditionell Stromimporteur ist – indirekt also auch vorteilhaft für die erwähnten Länder, in denen wir aktiv sind.

BondGuide: Und was betrachten Sie demgegenüber als größte Hemmnisse für Ihr Wachstum?
Wohlmuth: Neue Stromgewinnungsmöglichkeiten wollen erst einmal finanziert werden. Das ist ja auch unser Thema. Aber auch Investoren denken inzwischen anders als vor vielen Jahren. Heute stellt sich für Investoren zunehmend die Frage, ob sie einem geforderten gesellschaftlichen Konsens gerecht werden, sich vermehrt in nachhaltigen Projekten zu engagieren. Der zweite Punkt wäre für mich, zunehmend von regulatorischen Änderungen unabhängig zu werden – einfach da man mit PV-Strom wettbewerbsfähig sein kann. Einige Länder tun sich noch schwerer damit, andere leichter. Die Versorgungssicherheit möchte ich aber auch nennen: Atom- und Kohlestrom liefern Grundlast, während Sonne, Wind und auch Wasser von der Natur abhängig sind. Und deshalb braucht es intelligente Speichersysteme, die diese beiden Welten näher zusammenkommen lassen. Mit unserer Investition in RayGen in Australien haben wir selbst eine entsprechende Beteiligung in dieser Richtung getätigt. Die Technologie ist unglaublich innovativ und zukunftsweisend.

BondGuide: Herr Wohlmuth, dann bin ich jetzt wieder technologisch auf Ballhöhe! – ganz herzlichen Dank an Sie für Ihre Zeit und die ausführlichen Erläuterungen zu Technik und Emission.

Interview: Falko Bozicevic

Fotos und Grafiken: @Photon Energy