„Mit aktivem Management wenigstens die Chance auf Return“

Kleinere und mittelgroße Börsentitel, kurz KMUs, haben seit den 2020er Jahren Boden gut gemacht mit Vorteilen beim Return ggü. z.B. dem DAX. BondGuide sprach dazu mit Sascha Guenon, Bereichsleiter Kapitalmarkt der mwb.

BondGuide: Herr Guenon, Sie sprechen für die mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank, ihres Zeichens Spezialistin für Small & Mid Caps. Fühlen Sie sich in diesem Teilbereich des Kapitalmarkts die letzten Jahre gut aufgehoben?
Guenon: Auf jeden Fall. Wir haben uns mit der mwb dazu auch entsprechend breit aufgestellt, zuletzt beispielsweise das Designated Sponsoring und das Zahlstellen-Geschäft noch dazu genommen, um so viele Dienstleistungen für KMUs wie möglich aus einer Hand anbieten zu können.

BondGuide: Der Chart der letzten fünf Jahre, also seit Corona, zeigt, dass z.B. der SDAX die meiste Zeit vor dem DAX performte. Gibt es dafür handfeste Gründe oder war es nur der zuweilen gewohnte Aufholprozess vorheriger schwächerer Performance?
Guenon: Kleinere Unternehmen sind traditionell agiler. Wenn eine Rezession droht, merken sie das viel rascher als multinationale Konzerne, die ein Dutzend oder mehr Geschäftsbereiche verantworten. Bei der viele Jahre andauernden Outperformance von Large Caps muss man sich in Erinnerung rufen, dass weltweit ziemlich viel Geld in ETFs geflossen ist, die aufgrund ihrer Anlagebestimmungen in die immer gleichen Werte investieren müssen. ETFs auf Mid & Small Caps muss man mit der Lupe suchen. Wir glauben, dass aktives Management in diesem Umfeld vermutlich eine Chance auf bessere Returns bietet.

BondGuide: Spielt eine Rolle, das kleinere Unternehmen tendenziell häufiger auch inhaber- oder familiengeführt sind statt von Managern mit ihren vier Jahren Vertragslaufzeit?
Guenon: Die Erfahrung lehrt sehr wohl, dass familiengeführte Unternehmen besser oder zumindest sehr gut abschneiden, da sie ganz andere Planungshorizonte haben. Im Zweifel geht es um das Familienerbe. Einige Sprösslinge von Familienunternehmen durchlaufen eine vieljährige Einarbeitung bis zur Stabsübergabe.

BondGuide: Der deutsche Kapitalmarkt verliert allerdings seit Jahren seine Diversität: Es gibt erheblich mehr Delisting-Meldungen als Börsengänge. Wenn es so weiter geht, wird es eines fernen Tages nicht mehr genug notierte Small Caps geben, um SDAX oder TecDAX aufzufüllen…
Guenon: Früher oder später wird sich der Trend meiner Meinung nach auch wieder umkehren. Richtig ist, dass wir in den vergangenen Jahren tatsächlich viele Titel von der Börse haben ziehen sehen. Dem stehen Börsenneulinge gegenüber, die häufig  über einen Börsenmantelkauf, eine Fusion mit einem börsennotierten Unternehmen etc. an den Kapitalmarkt kommen. Daher sind solche Börsenneulinge weniger sichtbar. Wir sind optimistisch, in näherer Zukunft auch über Notierungsaufnahmen neue Unternehmen an die Börse begleiten zu können. Dadurch bieten sich auch für Anleger voraussichtlich attraktive Anlagemöglichkeiten.

@ Dirk Pagels

BondGuide: Nun heißt es ja, kleinere Unternehmen können schneller reagieren, zumal viele nicht einmal sehr international unterwegs sind. Aber ist der Binnenmarkt ein Vorteil in einem Land, das sich im dritten Jahr einer (milden) Rezession bewegt?!
Guenon: Da muss man genauer hinschauen. Ein großes Problem der jüngsten Jahre waren ja unterbrochene Lieferketten. Das Problem existiert nicht mehr. Und mit dem Aufstieg Chinas kann man heute auch hochwertige Chips von dort beziehen – es gibt also sogar zusätzliche neue Lieferketten, die aufgrund der Erfahrungen von 2022/23 angelegt wurden.

Vorteil Return für den SDAX

Vorteil Return für den SDAX

BondGuide: Die Inflation speziell in Deutschland fiel zuletzt schon unter den Zielkorridor von 2,0%. Die EZB wird wohl sicher noch reagieren müssen. Sollte das nicht dem Finanzbaustein Unternehmensanleihe Unterstützung bieten?
Guenon: Die gefühlte Inflation ist schon noch höher… Demgegenüber ist eine Tankfüllung so günstig wie seit Jahren nicht mehr – trotz CO2-Steuer und internationaler Konflikte. Natürlich ist ein weiter fallendes Zinsniveau attraktiv für Emittenten. Der Business-Plan muss aber immer noch stimmen, niedrigerer zu bietender Kupon hin oder her.

Sascha Guenon, mwb

BondGuide: Zum Abschluss noch eine Frage mit globalem Blick: Die USA demontieren, zumindest aber isolieren sich unter Trump 2.0 selbst. Wird für Deutschland China dadurch wieder mehr zum Partner statt wie jüngst mal bezeichnet Gegner? Immerhin ist China bei vielem schon Weltmarktführer, außer bei Dienstleistungen.
Guenon: Trump versucht ja nicht nur, China zu isolieren, sondern auch Kanada, Mexiko und viele andere, mit denen die USA ein großes Außenhandelsdefizit haben. Diese Länder suchen sich dann eben alternative Handelspartner. Überhaupt sind die Strafzölle ein Schuss, der gehörig nach hinten losgeht, denn für US-Verbraucher sind sie nichts weiter als die massivste Steuererhöhung aller Zeiten. Was unseren Status zu China betrifft, so hat das Land natürlich ein gewisses Imageproblem. Eines beherrschen sie aber, speziell im Vergleich zu Deutschland: langfristige Planung.

BondGuide: Herr Guenon, ganz herzlichen Dank an Sie!

Interview: Falko Bozicevic

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