„Je fundierter sich ein potentieller Investor mit der onoff Group auseinandergesetzt hat, desto größer war auch das konkrete Interesse“

Die onoff Group hat ihren Börsengang am Mittwoch gestoppt. Falko Bozicevic sprach (vorrangig für das GoingPublic Magazin) mit CFO Dr. Uwe Ganzer von der onoff Group und Kai Jordan von der mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank über die Hintergründe – und wie es jetzt weitergehen soll. Es zeigen sich einige Parallelen, wie wir sie auch im Bereich Neuemissionen von KMU-Bonds von 2016 – dem Drama-Jahr – und dann 2017 sahen.

GoingPublic: Herr Dr. Ganzer, Herr Jordan, das Vorhaben Börsengang der onoff AG wurde Mittwoch gestoppt, seit Montag lief das öffentliche Angebot (‚IPO‘). Wie enttäuscht sind Sie?
Ganzer: Natürlich ist die Situation unbefriedigend, nachdem wir über Wochen und Monate mit dem Thema Börsengang unterwegs waren. Wir wussten, dass wir auch Gegenwind zu erwarten hätten, nachdem Ende vergangenen Jahres Börsenvorhaben kleinerer Unternehmen nur schwer oder teilweise gar nicht mehr klappten. Zu dem Zeitpunkt liefen unsere eigenen Planungen schon – und uns wurde klar, dass uns das Umfeld eventuell ganz und gar nicht in die Karten spielen könnte. Andererseits hatten wir natürlich gedacht, dies mit einem ordentlichen Setup durchbrechen zu können. Es hat aber schlicht nicht ausgereicht, genug kritische Masse zu mobilisieren.
Jordan: Da wir zu Beginn die üblichen Pre-Soundings durchgeführt hatten, kann ich nur unterstreichen, dass diese mehr als positiv waren. Allerdings schrieben wir da noch August oder September 2018. Danach kippte der Markt und wir haben vom IPO-Jahrgang 2018 noch ganze 3 oder 4 Unternehmen im Plus – von insgesamt 24 IPOs. Mit der aus unserer Sicht hierauf schon angepassten und angemessenen Bookbuilding-Spanne bei onoff haben wir darauf entsprechend reagiert. Wie sich herausstellte, reicht gegenwärtig auch eine angemessene Bewertung eines soliden deutschen Mittelständlers mit dem Wachstumspotential eines Technologieunternehmens per se nicht aus.
Ganzer: Einige Investoren haben uns klar mitgeteilt, was von 2018 noch alles Schmerzen bereitet hatte in den Portfolios. Da wurde es schwer bis unmöglich, vom Anlageausschuss ein Okay für eine Investition im Rahmen eines weiteren IPOs zu bekommen. Es war aber ganz deutlich zu sehen: Je fundierter sich ein potentieller Investor mit der onoff Group auseinandergesetzt hat, desto größer war dann auch das konkrete Interesse.

GoingPublic: Klingt doch von der eigentlichen Nachfrage recht positiv. Wo ist das ‚Aber‘?
Jordan: Wenn eine Bank eine Emission auf „Teufel komm raus“ oder „Spitz auf Knopf“ durchdrückt, muss man mit den eingangs erwähnten, sicherlich nicht erquicklichen Perspektiven leben, was die Entwicklung im Sekundärmarkt angeht. Wir wollen so etwas nicht und der Emittent auch nicht. Man bekommt dann eine Lose-lose-lose-Situation: Niemand hat unter dem Strich Freude an einer solchen Transaktion: Investoren nicht, der Emittent nicht und wir als Bank auch nicht. Genau das führte doch unter anderem in der Vergangenheit immer wieder zu den Scherben, die wir jetzt noch vorfinden. Die Leidtragenden sind hier oft insbesondere auch die Privatanleger. Lieber ziehen wir nochmal eine Schleife und geben dem Emittenten in der Zwischenzeit die Gelegenheit, seinen Track Record auszubauen. Außerdem bereiten wir bereits jetzt weitere Termine mit interessierten Investoren vor, die nicht unbedingt sofort eine Börsennotierung benötigen, um der Gesellschaft Wachstumskapital zur Verfügung zu stellen.

GoingPublic: Zwei Punkte standen konkret in der Kritik: das optisch hohe KGV und der hohe Anteil der Umplatzierung am Emissionserlös. Handwerkliche Ungenauigkeiten oder Schein-Riesen Ihrer Meinung nach?
Ganzer: Nein, keine handwerklichen Ungenauigkeiten. Den Umplatzierungsanteil haben wir gerade deshalb zur Verfügung gestellt, um auf einen Emissionserlös zu kommen, der die Investoreninteressen zur Wahrnehmung eines ausreichenden Platzierungsvolumens umfassend abdecken sollte. Dies konnten wir meines Erachtens plausibel darlegen. Das KGV dagegen war ein üblicherweise pflichtgemäß angesprochenes Thema im Rahmen von Bewertungsüberlegungen. Nun gab es dazu im Research, das wir haben anfertigen und zur Verfügung stellen lassen, eine Aussage zum Unternehmenswert nach dem Discounted-Casflow-Verfahren. Auf dieser Basis, 25% Abschlag auf den ermittelten fairen Wert, sahen wir uns gemeinsam in einem wirklich komfortablen Bereich mit der Bookbuilding-Spanne.
Jordan: Tatsächlich hatten wir damit begonnen, mit einem Emissionserlös auf Basis des vom Unternehmen benötigten Kapitals zu planen. Also knapp 10 Mio. EUR. Damit allerdings kann man heute kaum mal einen institutionellen Investor zu einer Präsentation locken. Insofern waren die Altaktionäre dazu aufgerufen, sich in punkto Eigenbestand auch ein wenig zu bewegen: für das Gesamtvolumen und für den Streubesitz. Auf den Roadshows haben wir dies den Investoren entsprechend erläutert. Diese sind das auch gewohnt und es kam kaum zu Kritik. Auch gegenüber den Medien, jedenfalls denen die mit uns in Kontakt waren, konnte das plausibel dargelegt werden.

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