Google-Suche als Rezessionsindikator?

Viele Faktoren belasten den makroökonomischen Ausblick in den USA. Eine Google-Suche zeigt: Das Interesse an Suchbegriffen wie „Arbeitslosenhilfe anmelden“ ist gering. Dennoch kann es Sinn ergeben, sich bei Staatsanleihen nach Alternativen umzuschauen. Von Vladislav Krivenkov*

Die konjunkturellen Unsicherheiten dies- und jenseits des Atlantiks sind nach wie vor hoch. Während sich die deutsche Wirtschaft schon seit Jahresstart in einem volkswirtschaftlichen Abschwung befindet, sorgen sich viele Marktteilnehmer auch über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Vereinigten Staaten.

Politische Reibereien, der Streit um die Schuldenobergrenze, Haushaltsdefizite und steigende Verschuldungsquoten belasten die makroökonomischen Ausblicke und sorgen für zusätzliche Unsicherheit in einer ohnehin schon geopolitisch herausfordernden Phase. Die vielen Unsicherheitsfaktoren verzerren seit geraumer Zeit auch die Prognosegüte vieler volkswirtschaftlicher Konjunkturmodelle. Für die Vereinigten Staaten zeigt sich jedoch bisher, dass die Ausblicke deutlich pessimistischer als die Realität sind. So lagen beispielsweise die letzten die US-Arbeitsmarkt-Prognosen aufgrund der Erwartung einer Rezession zehn von zwölfmal teilweise dramatisch daneben.

USA: vier Rezessionen in 40 Jahren

Rezessionen sind (zum Glück) relativ seltene Ereignisse. Innerhalb der letzten 40 Jahre wurden in den vereinigten Staaten lediglich vier Rezessionen gezählt, die teilweise durch unterschiedliche Ursachen ausgelöst wurden. Während die Rezessionen im Jahr 2001 und 2008 auf spekulative Übertreibungen im Finanzsektor zurückzuführen waren, wurde die Rezession Anfang der 90er Jahre unter anderem durch einen Ölpreisschock ausgelöst, der die Folge von einer militärischen Eskalation im Nahen Osten war. Im Gegensatz dazu wurde die Rezession im Jahr 2020 maßgeblich durch die weltweite Corona-Pandemie verursacht. Trotz der unterschiedlichen Treiber und Ursachen hatten die Rezessionen einheitlich einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in den vereinigten Staaten zur Folge.

Quelle: Bloomberg, nordIX AG

Echtzeit-Indikator Google-Suche: kein Zeichen von konjunktureller Schwäche in den USA

Während die Arbeitslosenquote mit einem Zeitverzug monatlich veröffentlicht wird, kann die Auswertung von Google-Suchanfragen als Echtzeitindikator für die aktuelle Lage am US-Arbeitsmarkt genutzt werden. Die Vergangenheit zeigt, dass Suchbegriffe wie „Unemployment Compensation“ in der Rezession während der Corona-Pandemie zugenommen haben. Eine ähnliche Entwicklung war auch ein Jahr später zu beobachten.

Besonders deutlich zeigt sich jedoch auch das aktuell sehr geringe Niveau derartiger Suchanfragen. Das ist ein Beleg dafür, dass es in den USA (noch) nicht zu einer wirtschaftlichen Krise gekommen ist und US-Amerikaner selbst recht gelassen mit der aktuellen Situation umgehen.

3,5% „AAA“-Rendite jährlich eines besonderen Emittenten möglich

Das bedeutet aber nicht, dass überall eitel Sonnenschein herrscht. Die vielfältigen Kapitalmarkt-Unsicherheiten asymmetrisch verteilten Abwärtsrisiken machen viele Investoren nervös. Sie fragen sich, in welchen Segmenten bei wachsenden Verschuldungen und politischen Risiken noch eine halbwegs sichere Rendite, die annähernd die Inflation kompensieren können, bei Anleihen noch möglich sind.

Quelle: google.com – Google-Suche ‚Arbeitslosenhilfe‘

Linderung dieser Sorgen verschafft die Trendwende in der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank eine bequeme Ausgangsposition. Während vor geraumer Zeit eine risikoaverse Position noch mit „Negativ-Zinsen“ bestraft worden ist, bietet sich aktuell die Möglichkeit die aktuellen Unsicherheiten abzuwarten und in der Zwischenzeit eine Rendite von 3,5% jährlich zu vereinnahmen.

Hierzu könnten sich die „AAA“ gerateten Anleihen der Europäischen Union eignen. Seit der Corona-Pandemie hat die Emissionstätigkeit des Staatenverbunds signifikant zugenommen. Anleihen der Europäischen Union werden von der EU oder ihren Institutionen ausgegeben, um Kapital für verschiedene Zwecke aufzunehmen. Die Rückzahlung dieser Anleihen sowie die Zahlung der darauf anfallenden Zinsen werden durch die EU und ihre Mitgliedstaaten garantiert. EU-Anleihen werden oft als sehr sicher angesehen und haben in der Regel hohe Bonitätsbewertungen. Da sie oft in großem Umfang ausgegeben werden, bieten EU-Anleihen in der Regel eine gute Liquidität.

Vladislav Krivenkov nutzt die Google-Suche als Echtzeit-Indikator

Vladislav Krivenkov

Das Spannende dabei: Die Renditen der Anleihen, die durch die zukünftigen Beiträge aller EU-Mitgliedsländer garantiert werden, liegen teilweise deutlich über den der deutschen Staatsanleihen. Damit bieten diese EU-Bonds eine interessante Alternative zu anderen Staatsanleihen, die ebenfalls als sehr sicher eingestuft werden können, bei denen aber gegebenenfalls Unsicherheiten aufgrund der kurzfristigen politisch-ökonomischen Stabilität bestehen können.

*) Vladislav Krivenkov ist Portfoliomanager der nordIX AG (https://nord-ix.com) und für den sicherheitsorientierten Anleihefonds mit täglicher Liquidität „nordIX Treasury plus“ (DE000 A2DKRH 6) verantwortlich. Das kreditrisikoarme, gegen Zinsänderungen abgesicherte Investment Grade-Portfolio kommt aktuell auf eine laufende Rendite von rund 4,5% pro Jahr.

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