Glücksspielwirtschaft: aktuelle Entwicklungen und Ausblick 2023

Die Glücksspielwirtschaft ist in Deutschland ein florierender Zweig: Mehr als 40 Mrd. EUR beträgt der jährliche Umsatz, der Löwenanteil davon Spielhallen und Casinos – noch. Von Robert Steininger*

Daneben spielen auch Sportwetten und Lotterien eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren unterlag die Branche vielen Veränderungen: Die Coronapandemie führte zu erheblichen Umsatzeinbußen, und das stationäre Glücksspiel steht durch verschärfte Gesetze unter Druck. Der wichtigste Trend ist und bleibt aber das schnelle Fortschreiten der Digitalisierung. Unter diesen Bedingungen sind nicht alle deutschen Glücksspielunternehmen zukunftsfähig. Wer in Anleihen oder Aktien der Glücksspielwirtschaft investieren will, sollte sich daher unbedingt ausführlich informieren.

Wichtigste Player der deutschen Glücksspielwirtschaft

Die wichtigsten Player auf dem deutschen Glücksspielmarkt sind traditionell in der Automatenwirtschaft angesiedelt. Branchenführer ist die Gauselmann-Gruppe mit Sitz in Espelkamp mit einem Jahresumsatz von rund 2 Mrd. EUR. Das Unternehmen betreibt mehr als 350 Spielhallen in Deutschland und ist auch international tätig.

An zweiter Stelle steht die Löwen Play GmbH aus Bingen am Rhein mit einem Umsatz von 250 Mio. EUR. Sie betreibt in Deutschland rund 370 Spielhallen. Die Schmidt-Gruppe aus Coesfeld betreibt rund 180 Spielhallen in Deutschland und erzielt ebenfalls einen Jahresumsatz von mehr als 200 Mio. EUR.

Ein wichtiger Newcomer ist die bet-at-home AG mit Sitz in Düsseldorf, die ausschließlich online tätig ist. Sie bietet in Deutschland Sportwetten und virtuelle Automatenspiele an. Aber auch Gauselmann und Löwen Play engagieren sich zunehmend im Internet.

Glücksspiel findet immer öfter auf dem Handy statt

Der Einstieg in den Online-Markt wird für deutsche Glücksspielunternehmen zunehmend überlebenswichtig. Der Umsatz mit Online-Slots und Casinospielen betrug 2022 rund 3 Mrd. EUR. 2024 soll er um ca. 10% anwachsen. Denn Glücksspiele finden heute immer öfter im Internet statt. Das Handy ist dabei mit Abstand das wichtigste Medium. Das gilt sowohl für Sportwetten und virtuelle Automatenspiele als auch für Casinospiele.

Praktisch alle Spiele sind für mobile Geräte optimiert. Und Handyzahlungen sind mittlerweile ebenfalls kein Problem mehr: Dutzende von Bezahlmethoden stehen zur Verfügung, darunter Apple Pay und Google Pay, E-Wallets wie Ecopayz und MiFinity, sowie Kreditkarte und Sofortüberweisung (so kann man mit dem Handy im Casino einzahlen). Dadurch ringen Online-Angebote dem stationären Glücksspiel immer größere Marktanteile ab.

Weitere Schließung von Spielhallen

Die Betreiber von Spielhallen stehen nicht nur durch den Online-Wettbewerb unter Druck, sondern auch durch die Politik. Denn die Bundesländer machen weitere Fortschritte bei der Durchsetzung von Mindestabständen. Diese wurden schon 2012 beschlossen. Nach Protesten der Spielhallenbetreiber wurde die Übergangsfrist aber immer wieder verlängert. Mittlerweile ordnen die Kommunen immer öfter die Schließung von Spielhallen an. Die Betreiber wehren sich zwar zum Teil gerichtlich dagegen. Trotzdem werden auch 2023 wieder viele Spielhallen dichtmachen. Besonders drastisch ist die Lage in Baden-Württemberg, wo bis zu 80% aller Spielhallen betroffen sind.

Stationäres Glücksspiel erholt sich von Corona

Es gibt aber nicht nur schlechte Nachrichten aus dem stationären Geschäft. So dürften sich die Umsätze 2023 endgültig von den Auswirkungen der Coronapandemie erholen. 2022 hatte es vor allem in den ersten Monaten des Jahres noch erhebliche Umsatzeinbußen gegeben. Nachdem Maskenpflicht und 2G-Regeln 2023 kein Thema mehr waren, pendelte sich die Anzahl der Gäste in Spielhallen wieder auf einem normalen Niveau ein. Noch besser ist die Situation bei den staatlichen Spielbanken: Diese erholten sich schon 2022 vollständig und vermeldeten sogar einen Rekordumsatz von 549 Mio. EUR Euro. Das zeigt, dass Online-Angebote das stationäre Glücksspiel nicht völlig ersetzen können.

Immer mehr Lizenzen für Online-Automatenspiele

Gleichwohl vergibt die deutsche Glücksspielbehörde GGL immer mehr Lizenzen für Online-Plattformen. Besonders bei den virtuellen Automatenspielen gibt es derzeit einen rapiden Anstieg. Viele der Lizenzen gehen an Unternehmen mit Sitz im Ausland, aber auch deutsche Unternehmen profitieren davon. Gauselmann, Löwen Play und bet-at-home betreiben eigene Angebote. Merkur stellt seine Spiele zudem anderen Unternehmen zur Verfügung, die auf dem deutschen Markt aktiv sind. Der Marktanteil lizenzierter Automatenplattformen dürfte im Laufe des Jahres weiter steigen. Zum einen ist zu erwarten, dass weitere Lizenzen vergeben werden. Zum anderen steigt die Bekanntheit der deutschen Plattformen durch Werbung immer weiter an.

Wachstum bei Sportwetten stagniert

Entgegen dem allgemeinen Trend stagnierte das Wachstum bei Sportwetten zuletzt. Für 2022 rechnet der Deutsche Sportwettenverband sogar mit einem leichten Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahr. Für 2023 ist allenfalls mit einer moderaten Erholung zu rechnen. Ein Grund dafür ist das nachlassende Interesse der Deutschen für den Fußball. Das schlechte Abschneiden bei den Weltmeisterschaften 2018 und 2022 sowie die Kontroverse um das Gastgeberland Katar haben dem Image des Sports spürbar geschadet. Und auch auf der Vereinsebene sorgt die ausufernde Kommerzialisierung des Sports zunehmend für Verdruss. Vor diesem Hintergrund ist unklar, ob der deutsche Wettmarkt noch ein erhebliches Wachstumspotential aufweist.

*) Robert Steininger ist Fachautor für u.a. Anlagestrategien und publiziert regelmäßig zu Fachthemen wie Online- und Investment-Strategien, Glücksspielthemen, Krypto und Verhaltensanalyse

————————

! NEU ! Die erste BondGuide Jahresausgabe 2023 ist erschienen: Green & Sustainable Finance 2023 (4. Jg.) kann wie gewohnt kostenlos als e-Magazin oder pdf heruntergeladen werden.

Die Ausgabe 3/2022 Biotechnologie 2022 der Plattform Life Sciences ist erschienen. Die Ausgabe kann bequem als e-Magazin oder pdf durchgeblättert oder heruntergeladen werden.

Bitte nutzen Sie für Fragen und Meinungen Twitter – damit die gesamte Community davon profitiert. Verfolgen Sie alle Diskussionen & News zeitnaher auf Twitter@bondguide !