Deutschlands kritische 2%-Herausforderung

Deutschland wird das Ziel von 2% bei NATO-Verteidigungsausgaben im Jahr 2024 erreichen – aber mittelfristig steht noch eine große Finanzierungsanstrengung bevor.

Obwohl Deutschland dank des 2022 eingerichteten Sondervermögens für die Streitkräfte in den nächsten vier Jahren die 2%-Marke bei den Verteidigungsausgaben erreichen wird, ist die Finanzierung mittelfristig eher unsicher. Von Sebastian Becker, Robin Winkler und Marion Mühlberger, Deutsche Bank Research (DBR)

Nach den Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten Trump über die NATO am Wochenende betonte NATO-Generalsekretär Stoltenberg gestern, dass die Verteidigungsausgaben der europäischen Bündnispartner und Kanadas in letzter Zeit einen ‚noch nie dagewesenen Anstieg‘ gezeigt hätten. Es wird erwartet, dass 18 NATO-Staaten im Jahr 2024 Verteidigungsausgaben in Höhe von mindestens 2% des BIP erreichen werden. Die Gesamtverteidigungsausgaben der europäischen Verbündeten werden voraussichtlich zum ersten Mal 2% erreichen.

Obwohl sich die NATO nicht zu einzelnen Ländern äußerte, deuteten Presseberichte darauf hin, dass Deutschland zu den Bündnispartnern gehören würde, die 2024 die 2%-Schwelle erreichen. Doch obwohl Deutschland dank des 2022 eingerichteten Sonderfonds der Streitkräfte die 2%-Marke in den nächsten vier Jahren erreichen wird, sieht die Finanzierung mittelfristig unsicherer aus, und zwar aus folgenden Gründen:

Deutschland wird das 2%-Ziel in diesem Jahr erreichen, indem es 52 Mrd. EUR aus dem Kernhaushalt und 20 Mrd. EUR aus dem Sondervermögen der Streitkräfte ausgibt (plus ein paar Milliarden aus anderen Haushaltsabschnitten, die die NATO als relevante Ausgaben betrachtet). In der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung der Regierung werden die Verteidigungsausgaben im Kernhaushalt jedoch bis 2027 in etwa auf dem Niveau des laufenden Jahres gehalten (siehe Grafik; Details im Bericht). Dies bedeutet, dass der Anstieg der Gesamtverteidigungsausgaben, der erforderlich ist, um in den Jahren 2025-27 über dem 2%-Ziel zu bleiben, aus dem Sonderfonds finanziert werden müsste, der wahrscheinlich bis Ende 2027 erschöpft sein wird.

Die Marke von 2% im Visier

Quellen: WEFA, NATO, Bundesfinanzministerium, Bundesverteidigungsministerium, Statistisches Bundesamt, Deutsche Bank Research

Ab 2028 würde daher selbst ein geplanter Kernverteidigungshaushalt von 70 Mrd. EUR das 2%-Ziel verfehlen. Dieses Lückenrisiko ist in Berlin weithin anerkannt. Verteidigungsminister Pistorius (SPD) wies bereits Anfang Februar darauf hin, dass sich die Regierung auf einen dauerhaft höheren Bedarf an Verteidigungsmitteln einstellen müsse. Auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte in dieser Woche, dass ab 2028 eine ‚erhebliche Finanzierungsanstrengung‘ notwendig sei.

Beide Minister deuteten an, dass die Mittel aus dem Kernhaushalt kommen müssten. In jedem Fall scheint es wahrscheinlicher, dass die Situation mittelfristig als kurzfristig gelöst wird, und die Schlüsselfrage ist, ob die nächste Regierung die Verteidigungsausgaben innerhalb der Grenzen der Schuldenbremse über 2% des BIP halten wird, oder ob es einen parteiübergreifenden Konsens geben wird, den Kreditaufnahmebereich des Sonderfonds in der Verfassung aufzuheben.

Robin Winkler

Fußnote Kernhaushaltsausgaben (nach Aufgabenbereichen)

Zielwerte für 2024-27 beziehen sich auf den Finanzplan vom August 2023. Ausgaben des Sondervermögens: Der Zielwert für 2024 beträgt EUR 19,8 Mrd. und die Zahlen für die Jahre 2025-27 sind indikative DB-Schätzungen unter der Annahme einer gleichmäßigen jährlichen Inanspruchnahme der verbleibenden Kreditansprüche (ohne Berücksichtigung von Zinszahlungen). Verteidigungsausgaben (NATO-Definition): Einschließlich der Ausgaben des Verteidigungsministeriums (auf der Ebene des Kernhaushalts und der Sondervermögen) sowie weiterer NATO-relevanter Ausgaben in anderen Einzelplänen).

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