Brexit & Grexit

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Heute ist es endlich soweit. In Großbritannien wird ein neues Unterhaus gewählt und die Kapitalmärkte werden von Minute zu Minute unruhiger. Denn bei dieser Wahl geht es nicht nur um Großbritannien, sondern unter Umständen auch um die Zukunft der Europäischen Union.

Sollten nämlich die europakritischen Parteien stimmenmäßig zulegen können, so dürfte in den kommenden Monaten die Spekulation um einen möglichen EU-Austritt Großbritanniens die Handelsaktivitäten bestimmen. „Brexit & Grexit“ wären also die neuen Herrscher an den Kapitalmärkten. Beide Ereignisse bergen Gefahren in sich, die Europa grundlegend verändern würden.

Auch wenn sich viele Analysten einig sind, dass ein Austritt Griechenlands für Europa zu verkraften wäre, so würde auch in diesem Falle vieles von den Rahmenbedingungen einer solchen Trennung abhängen. Aber ein Austritt Großbritanniens käme einem Erdbeben gleich und würde einen wichtigen Brückenpfeiler innerhalb Europas zum Einsturz bringen. Somit ist die Unruhe unter den Investoren nachvollziehbar. Denn bei der Wahl zeichnet sich kein eindeutiger Wahlsieger ab und es deutet vieles auf eine Koalitionsregierung hin. Somit könnte auch die EU-feindliche UK Independence Party (Ukip) zum Zünglein an der Waage werden. Oder die beiden etablierten Parteien, die sich nach den neuesten Umfragewerten ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, springen über ihren Schatten und bilden eine Große Koalition.

Bereits in den vergangenen Monaten und auch im Wahlkampf wurde sowohl vom aktuellen Premierminister David Cameron als auch von den Vertretern der Ukip sowie von der Schottischen Nationalpartei (SNP) immer wieder ein Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU ins Spiel gebracht. Noch vor 2017 könnte es soweit sein. Dann wäre die Bevölkerung aufgefordert, über ihre Zukunft zu entscheiden. Ein Austritt würde sicherlich insbesondere den britischen Unternehmen schaden, aber bereits im Vorfeld eines solchen Referendums würde das Britische Pfund einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt sein.

Doch bis zum Tag eines Referendums wird noch viel Wasser die Themse runterfließen!

Emissionstätigkeit signalisiert abwartende Haltung der Unternehmen
Die vergangene Berichtswoche war eher von Zurückhaltung der Emittenten geprägt. Ob dies dem verlängerten Wochenende, der Unsicherheit bezüglich der weiteren Zinsentwicklung oder den prall gefüllten Kassen der Unternehmen geschuldet ist, darüber darf gemutmaßt werden.

Banner_RD9Dennoch wurde ein US-Unternehmen am Kapitalmarkt aktiv und refinanzierte sich mittels einer Dualtranche. Das Pharmaunternehmen Bristol-Myers Squibb, geratet mit A+ durch S&P, begab einen 575 Mio. EUR schweren Bond (WKN A1Z042) mit einer Laufzeit von zehn Jahren (15.05.2025) und einer nominalen Verzinsung von 1%. Die Anleihe wurde bei +53 bps über Mid Swap gepreist, was einen Reoffer von 98,98% bedeutete. Die zweite Tranche (A1Z043), die mit dem gleichen Volumen begeben wurde, ist exakt zehn Jahre nach der ersten Anleihe fällig (15.05.2035) und bietet den Investoren einen jährlichen Kupon in Höhe von 1,75%. Der Emissionsspread belief sich hierbei auf +90 bps über Mid Swap.

Allerdings dürften sich aufgrund der Mindeststückelung von nominal 100.000 EUR eher institutionelle Investoren für diese Anleihen interessieren.

Windmills-sunset-NystedEbenso zeigte sich das mit BB+ geratete dänische Energieunternehmen Dong Energy durch die Begebung einer Hybridanleihe (A1Z04K) im Volumen von 600 Mio. EUR am Markt aktiv. Der Bond bietet den Anlegern einen fixen Kupon von nominal 3% bis zum 10. August 2020. Zu diesem Termin wurde dem Emittent ein Sonderkündigungsrecht zu pari eingeräumt. Danach wird das Papier zum Floater, wobei der Schuldner jährlich zum 6. November ein Kündigungsrecht besitzt. Die Anleihe wurde mit +281,9 bps über Mid Swap gepreist, was einen Ausgabepreis von 99,51% bedeutete. Mit der kleinsten handelbaren Stückelung von nominal 1.000 EUR ist diese Anleihe auch auf die Anlagebedürfnisse von Privatanlegern zugeschnitten. Die aufgenommenen Gelder können somit wie bereits angekündigt zur Ablösung der im Jahre 2005 begebenen Hybridanleihe (A0E6QZ) verwendet werden.

Grundsätzlich ist allerdings weiterhin zu beachten, dass die Höhe des Emissionsspreads als Gradmesser für das damit verbundene Risiko anzusehen ist.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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