Binance hat fertig!

Das Vorgehen der SEC gegen die Kryptobörse Binance veranlasste Anleger zu panikartigen Verkäufen ihrer Kryptoassets. Von Leena ElDeeb und Karim AbdelMawla*

Zugleich setzt sich durch die Klage gegen Binance eine Entwicklung fort, die bereits mit dem Kollaps von FTX begann: die Migration hin zu dezentralen Kryptobörsen. Die SEC wirft Binance unter anderem vor, eine nicht registrierte nationale Wertpapierbörse, einen Broker-Dealer und eine Clearing-Agentur betrieben zu haben, Nutzergelder missbraucht und nicht registrierte Wertpapiere angeboten und verkauft zu haben. Die Nachricht erhöhte den Verkaufsdruck auf Bitcoin und Ethereum, deren Kurswert um 7 bzw. 4%fielen.

Fakten, Vorwürfe und Konsequenzen

•        Binance mit Zivilklage der US-Wertpapieraufsicht konfrontiert

Die SEC hat insgesamt bereits 13 Anklagen gegen die weltgrößte Kryptobörse eingereicht, infolgedessen sank die Marktkapitalisierung am Kryptomarkt über Nacht um 5%. So sieht sich Binance vor allem dem Vorwurf ausgesetzt, sie betreibe nicht registrierte nationale Wertpapierbörse, einen Broker-Dealer und eine Clearingstelle. Schwer wiegt insbesondere die Unterstellung der SEC, dass eine Reihe von Kryptoassets – beispielsweise BNB, BUSD, SOL, ADA und MATIC – Wertpapiere nach US-Recht seien.

Das Vorgehen der SEC könnte Börsen und andere Plattformen dazu veranlassen, diese Token aus Angst vor regulatorischen Risiken von der Liste zu nehmen. Die SEC wirft Binance zudem vor, nicht registrierte Wertpapiere angeboten und verkauft zu haben, wobei hier der Schwerpunkt auf BUSD, BNB und bestimmten Kredit- und Staking-as-a-Service-Programmen liegt. Darüber hinaus behauptet die SEC, dass Binance über Unternehmen, die vom CEO der Börse, Champeng Zhao, kontrolliert werden, Kundengelder in Milliardenhöhe veruntreut hat.

Abbildung 3: Zu- und Abflüsse zentraler Kryptobörsen (binnen 24 Stunden) ; Quelle: 21shares/Dune Analytics

•        Veruntreuung von Assets

Laut der 136-seitigen Akte nutzte Binance die Konten zweier von Zhao kontrollierten Unternehmen, Merit Peak und Sigma Chain, um Dutzende von Milliarden Dollar zu transferieren, an denen Binance und verbundene Unternehmen beteiligt waren. […]

•        Das Vortäuschen von Handelskontrollen

Die Klageschrift enthält die Behauptung, dass Binance verabsäumt hat, die zuvor angekündigten Mechanismen zur Abwehr von manipulativen Handelspraktiken einzuführen. Die SEC ist der Ansicht, dass die entsprechenden Mechanismen zum Teil nicht existieren, und jene, die existieren, nicht vor dem sogenannte „Wash Trading“ auf binance.us geschützt oder dieses erkannt haben. Damit ist eine Form der Marktmanipulation gemeint, bei der jene, die ein Finanzinstrument verkaufen, es zugleich wieder erwerben. Es wird also eine Marktaktivität vorgetäuscht, die es eigentlich nicht gibt. Die SEC hat neue Beweise dafür vorgelegt, die die Sigma Chain AG bereitstellte, betreffen. Demnach habe Sigma Chain mindestens von September 2019 bis Juni 2022 Wash-Trading betrieben, was wiederum das Handelsvolumen auf der US-Plattform Binance künstlich aufgebläht hat. […]

Binance ließ kurz nach Bekanntwerden der Klage in seinem Blog verlautbaren, die SEC habe sich geweigert, produktiv zusammenzuarbeiten, selbst nachdem jüngst ausführliche Gespräche über eine Verhandlungslösung zur Beendigung ihrer Ermittlungen geführt worden waren. Binance wies auch die Vorwürfe des Betrugs und der Marktmanipulation sowie die Vermischung von Nutzergeldern durch von Zhao kontrollierte Unternehmen zurück. Bereits zuvor, am 23. Mai, hatte Binance verkündet, solche Gelder nur zur „zur Erleichterung von Nutzerkäufen“ verwendet zu haben.

Abbildung 1: Wöchentliche Preis- und TVL-Performance der wichtigsten Krypto-Kategorien; Quelle: Coingecko und DeFi Llama, Stand 5. Juni 2023

Einschätzung

Im Hinblick auf nicht-verwahrende Börsen ist damit zu rechnen, dass bestimmte Token bei der dezentralen Kryptobörse Uniswap vom Markt genommen werden, ähnlich wie es bei tokenisierten Aktien der Fall war, die infolge regulatorischen Drucks im Jahr 2021 von der Front-End-Schnittstelle entfernt wurden, um Konformität mit den Regulatorien zu wahren. Es ist wichtig zu beachten, dass ausgelistete Vermögenswerte immer noch über die Interaktion mit dem zugrunde liegenden Smart Contract zugänglich sind, der unveränderlich und nicht zensierbar ist.

Dezentrale Handelsplätze profitieren

Auf der anderen Seite dürfte sich die Liquidität in der nicht-zentralisierten Infrastruktur verbessern. Nutzer und Liquiditätsanbieter werden ihr Kapital auf den dezentralen Börsenplätzen einsetzen, die das Eigentum an ihren Vermögenswerten bewahren. Die allmähliche Abkehr von zentralisierten Strukturen begann bereits im November vergangenen Jahres nach dem Zusammenbruch von FTX und die aktuellen Ereignisse dürften diesen Trend weiter beschleunigen.

Für den Fall, dass Altcoins offiziell als Wertpapiere eingestuft werden, ist davon auszugehen, dass der Long Tail der Krypto-Assets – also jene vielen Assets, die weniger bekannt und weniger oft gehandelt werden – unter strengeren Marktbedingungen und geringerer Liquidität leiden wird. Prominente Market Maker wie Jane Street und Jump Crypto werden ihre Aktivitäten in den Vereinigten Staaten wahrscheinlich weiter zurückfahren, bis mehr Klarheit über die Klassifizierung von Krypto-Assets herrscht.

Abbildung 2: Geflecht der von CZ kontrollierten Einrichtungen; Quelle: Gerichtsakten der SEC

Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die SEC nicht die einzige Behörde ist, vor der sich Binance aktuell hüten muss. In diesem Zusammenhang sollte vor allem auf die sich entwickelnden Anschuldigungen geachtet werden, die die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) und das amerikanische Justizministerium gegen Binance richten.

*) Leena ElDeeb und Karim AbdelMawla sind Research Associates bei 21co, der Dachgesellschaft von 21Shares

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