Nachhaltigkeitsreporting nach GRI und ESRS stellt Unternehmen vor größere Herausforderungen

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Die ersten verpflichtenden Nachhaltigkeitserklärungen auf Basis der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) werden Unternehmen schon im kommenden Geschäftsjahr 2025 veröffentlichen müssen. Einige der künftig berichtspflichtigen Unternehmen, vor allem börsennotierte Gesellschaften, haben bereits eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis des GRI- Rahmenwerks etabliert. Die bisherigen GRI-Berichtsanforderungen decken aber nur rund 40% der künftig erforderlichen über 1.180 ESRS-Datenpunkte vollständig inhaltlich ab. Damit ist die „Interoperabilität“ der beiden Rahmenwerke nur in Teilen gegeben. Dies hat eine aktuelle Untersuchung und Gegenüberstellung der Rahmenwerke von Kirchhoff Consult ergeben.

„Die Hoffnung, mit der etablierten Berichterstattung nach GRI auch Großteile der neuen gesetzlichen Anforderungen im Zuge der CSRD-Berichterstattung abzudecken, lag grundsätzlich nahe,“ so Julian von Pressentin, Senior Consultant bei Kirchhoff Consult und ehrenamtliches Mitglied der EFRAG Expert Community ESRS für gelistete KMU. „Doch unsere Gegenüberstellung der beiden Rahmenwerke hat ergeben, dass viele Unternehmen doch deutlich mehr leisten müssen als bislang angenommen. Selbst eine akribische Anwendung des GRI-Rahmenwerks lässt signifikante Datenlücken offen.“

Angestrebte „Interoperabilität“ zwischen den beiden Rahmenwerken nur bedingt erfüllt
Basierend auf einem Mapping zwischen den Datenpunkten der 12 verabschiedeten Standards (ESRS) und den GRI-Anforderungen zeigt sich, dass die offiziell angestrebte „Interoperabilität“ zwischen den beiden Rahmenwerken, nur bedingt erfüllt ist. Gerade einmal ca. 40% der ESRS-Datenpunkte werden durch existierende GRI-Disclosures inhaltlich erfüllt. Dazu kommen ca. 15% an Datenpunkten, die lediglich eine partielle Überschneidung mit den GRI-Anforderungen aufweisen. Dies ist z.B. der Fall, wenn unterschiedliche Detailgrade oder Einheiten von den beiden Rahmenwerken gefordert werden.

Untersucht wurden in diesem statistischen Vergleich auch Guidances und Recommendations der GRI. Diese sind selbst für Unternehmen, die in Übereinstimmung mit den GRI-Standards berichten, nicht zwingend zu berücksichtigen. Damit sind gerade einmal ca. 470 der 1.180 ESRS-Datenpunkte durch eine stringente Anwendung des GRI-Rahmenwerks vollständig erfüllt und ca. 180 Datenpunkte nur teilweise.

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Signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen ESG-Themenkomplexen
Der von Kirchhoff Consult durchgeführte Vergleich zeigt außerdem auf, dass die Kompatibilität zwischen ESRS und GRI stark vom jeweiligen Thema abhängig ist. Im Themenkomplex Soziales und Governance sind die inhaltlichen Überschneidungen höher. Hier lässt sich beobachten, dass die GRI-Anforderungen häufig sogar über die gesetzlichen Anforderungen hinaus gehen – vor allem in Bezug auf die Berichterstattung über die eigene Belegschaft.

Ein anderes Bild zeichnet sich bei der Gegenüberstellung der Umweltstandards ab: Hier sind gerade mal ein Drittel der ESRS-Anforderungen durch GRI vollständig oder teilweise abgedeckt. Die geringste Operabilität weist das Thema Biodiversität auf. Auch im besonders umfangreichen und relevanten ESRS E1 (Klimaschutz) ist die Überschneidung mit nur 36% verhältnismäßig gering. Zum einen ist dies durch die umfangreichen ESRS-Offenlegungen in Bezug auf die finanziellen Risiken und Chancen, die sich aus dem Klimawandel ergeben, begründet. Bei GRI bildet diese finanzielle Perspektive maximal ein Randthema. Zum anderen werden aber auch viele der notwendigen Angaben zu Carbon Credits und Removals sowie zu Carbon Pricing von GRI nicht oder nur bedingt abgedeckt. Selbst in den Bereichen Scope 1-, 2- und 3-Emissionen und Energie fordern die ESRS in der Regel eine detailliertere Offenlegung. Es sind oft zusätzliche Daten und Informationen erforderlich, um die neuen Anforderungen vollständig erfüllen zu können.

GRI dennoch eine geeignete Basis für den CSRD-Bericht
Der Vergleich zwischen ESRS- und GRI-Berichtsanforderungen zeigt, dass selbst eine detaillierte Anwendung des GRI-Rahmenwerks viele signifikante Datenlücken offenlässt, die es vor dem CSRD-Bericht zu schließen gilt. Dennoch profitieren Unternehmen, die bereits einen Nachhaltigkeitsbericht auf der Basis von GRI erstellt haben, von den inhaltlichen Überschneidungen, vor allem bei den Sozial- und Governance-Standards. Darüber hinaus sind die inhaltlichen Datenanforderungen nur eine der Herausforderungen, die es bei einer erfolgreichen Berichterstattung zu meistern gilt. Auch die Prozesse und Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens sind von entscheidender Bedeutung. Auch hier haben Unternehmen, die sich bereits mit freiwilligen Rahmenwerken wie GRI auseinandergesetzt haben, in aller Regel Vorteile.

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„Ob mit GRI-Erfahrung oder nicht: Die CSRD und ESRS sind ein Paket aus umfangreichen und komplexen Anforderungen. Durch eine intensive Auseinandersetzung mit den Standards, kombiniert mit praktischen Erfahrungen, lässt sich die Komplexität aber erfolgreich auf ein zu bewerkstelligendes Maß reduzieren,“ so Vincent Furnari, Managing Partner bei Kirchhoff Consult. „Durch den Einsatz von systematischen Methoden, wie bei der Wesentlichkeitsanalyse, und mit optimierten Templates zur Datenerhebung, lassen sich im gemeinsamen Austausch mit erfahrenen Experten schlanke und prüfsichere Lösungen etablieren. Auch gilt es individuell zu erörtern, inwiefern eine parallele GRI- und CSRD-Berichterstattung zielführend ist und welche Konzepte für jene Kommunikationsanforderungen geeignet sind, die sich nicht in die Nachhaltigkeitserklärung im Lagebericht integrieren lassen.“

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