
Die haussierenden Börsen machen auch vor unseren heimischen KMU-Anleihen im Musterdepot nicht Halt: Der Sog zieht sie nun mal auch mit.
>> aus BondGuide #15-2025 vom 25. Juli <<
Da kommt unweigerlich die Frage auf: Waren die KMU-Anleihen, ehemals auch ‚Mittelstandsanleihen‘, nicht eigentlich tot? Zweimal sogar, einmal recht konkret 2016/17 nach diversen Skandalen wie KTG Agrar und dann nochmal 2022/23, heute bekannt als Zinswende. In die gleiche Zeit fiel die Schließung des marktdominierenden KFM Deutscher Mittelstandsfonds.
Nun befinden wir uns aber im fortgeschrittenen Status des Jahres 2025 und haben längst die Wende der Zinswende erlebt: Der EZB-Leitzins dürfte Ende 2025 wohl zurück auf 1,5% plus einem viertel Punkt liegen. Das ist kein Null- oder gar Negativzins wie vor 2022, aber historisch betrachtet immer noch ein sehr, sehr niedriger. Die ‚temporäre Inflation‘ tat tatsächlich wie ihr geheißen: Sie blieb zeitlich beschränkt.
Ein Phänomen, das schon einmal zu Buche schlug, wurde mir seinerzeit von Prof. Dr. Hans-Werner Sinn höchstselbst auf einer Veranstaltung erläutert: Wenn es wie vor zwanzig Jahren läuft, die Geschichte sich also mindestens reimt, dann wird die Inflation / Teuerungsrate in Deutschland unter die der EU zurückfallen – was sie zuletzt schon ist. Dafür spricht heute wie damals, dass Exportnation BRD der kränkelnde Patient des Euroraums ist bzw. damals war. Wenn die EZB den Leitzins weiter senkt, dann deshalb, da sie der größten EU-Wirtschaftsmacht Stütze verleihen muss.
Damals war die Schröder-Koalition am Ende und Schwarz-Gelb übernahm. Die Früchte von ‚Fördern und Fordern‘ erntete die neue Regierung mit einem halben Jahrzehnt Verzug – plötzlich war Deutschland die Wachstumslokomotive in Europa. Unsere Inflation war wegen der urdeutschen Lohnzurückhaltung – vielleicht außerhalb der diversen Lokführergewerkschaften – stets deutlich niedriger als in der EU, v.a. den Mediterran-Staaten. Es wirkte wie ein Sonderkonjunkturprogramm: Ohne den Euro hätte eine DM ca. 50% gegenüber Irland, Italien etc. aufwerten müssen, aber das gemeinsame Währungsdach verhinderte diesen Anpassungseffekt.
Blende nach vorn: Achten Sie einmal darauf, auch wenn es Spannenderes gibt, ob und wie weit die deutsche und die EU-Inflation in den nächsten Quartalen und Jahren auseinanderlaufen. Vielleicht nicht so stark wie in der Post-Schröder-Ära, aber wohl doch sichtbar. In spätestens fünf Jahren kräht kein Hahn mehr nach der heutigen strukturellen Wachstumsschwäche, die wir aktuell abarbeiten. Unsere Probleme von aufgeschobener Sozialstaatsreform bis hin zu fehlendem Migrationskonzept indes bleiben bestehen – allerdings sind wir da in guter Gesellschaft, d.h. man kann dies aus der Gleichung herauskürzen. Im Vergleich zu unseren EU-Nachbarn werden wir irgendwann überraschend besser dastehen.
Bleibt die Frage, welche Regierung in fünf Jahren die Lorbeeren erntet. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand Gerhard Schröder für das gedankt hätte, was er vor 2005 vollbrachte: die letzte Reform in Deutschland, die ihren Namen verdiente. Im Gegenteil: Rot-Grün wurde bekanntlich entthront und innerhalb der Partei sank er dafür bis in die Bodenverankerung herab. Ich irre mich hoffentlich, aber in fünf Jahren könnte es wieder eine deutsche Kanzlerin geben – die die Ernte von heute kassiert. Wie Merkel seinerzeit. Vielleicht geht dieser Kelch 2029 noch einmal an uns vorbei, wenn die Wachstumswende rechtzeitig kommt, ohne die ewig Unzufriedenen nach zu weit oben spült.
Genug des VWL-Gelabers. Konkretes zu unseren Depottiteln gab es jüngst wenig – die Berichtssaison für das erste Halbjahr läuft erst an, wie Sie natürlich auch wissen. Das braucht stets einige Wochen nach Quartalsende. Ich rechne damit, dass die Finanzdienstleister von 4finance bis Multitude mit zu den ersten gehören, da sie häufig auch nur vorläufige Zahlen gern mal raushauen – zumindest wenn sie gut sind. Damit rechne ich aber durch die Bank weg. Denn außer Deutschland befindet sich kaum ein europäisches Land in oder nahe einer rezessiven Phase.
Die erwartungsfrohe Stimmung an den weltweiten Börsen hat so auch unsere KMU-Anleihen mitgezogen: Fast überall konnten wir die Kurse in den Nachkommastellen hier einen viertel Punkt, dort einen halben nach oben ziehen. In der Summe kommt Einiges zusammen. Hinzu gesellen sich die turnusmäßigen Zinsansprüche. Falls die Kurse nicht einbrechen, laufen wir Richtung 10% für das Gesamtjahr. Bei der zugleich niedrigen Volatilität ist das sagenhaft gut.
Ausblick
Weiterhin keinerlei Änderungsbedarf. Bahnbrechende Must-have-Neuemissionen haben wir aktuell nicht auf dem Tisch. Also muss man machen, wofür Anleihen da sind: abwarten und Zinsen kassieren. Gleichzeitig steigende Kurse sind natürlich ein nettes Add-on.
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