
Die LEEF Blattwerk GmbH geht mit der Zeit und in puncto Kapitalbeschaffung neue und zugleich innovative Wege: Der nachhaltige Verpackungslösungsspezialist emittiert erstmals einen tokenisierten Genussschein über 0,7 Mio. EUR. Kurzfristig stand uns LEEF-CEO Jens Christoph u.a. zur neuen Finanzierungsform, der Demokratisierung von Anlagen und der firmeneigenen Motivation Rede und Antwort.
BondGuide: Herr Christoph, seit einigen Tagen ist LEEF erstmals mit einem digitalen Genussschein unterwegs – bis zum 9. September ist ein Frühzeichner-Bonus ausgelobt. Was benötigt man denn als technische Voraussetzung?
Christoph: Man mag es kaum glauben, aber die Antwort ist: keine. Unser Partner OneCrowd hat einen sehr simplen Prozess etabliert, in dem der Kauf einfach über die Angabe von Personendaten und IBAN abgewickelt werden kann. Alles andere übernimmt dann Cashlink, der für uns das Krypto-Wertpapierregister führt. Von ihm bekommt man auf Wunsch auch eine kostenfreie Wallet gestellt, also quasi ein Wertpapierdepot. Wer jedoch bereits eine Wallet besitzt, die dem ECR-20-Standard entspricht, kann das digitale Wertpapier auch dort einlegen.
BondGuide: Warum digital / tokenisiert und warum der Weg über einen Genussschein? – oldschool eine kleine prospektfreie Anleihe hätte nicht den gleichen Zweck erfüllt?
Christoph: Wir gehen einfach mit der Zeit. Unser ganzes Umfeld wird digitaler und somit auch das Anlegerverhalten. Finanzanlagen und Wertpapiere in Wallets zu platzieren, ist heute völlig normal geworden. Wir möchten dort sein, wo auch der Anleger ist. Außerdem ist dieses Wertpapier mit zusätzlichen potenziellen Erträgen ausgestattet als nur mit dem eigentlichen ‚Basiskupon‘. Die weiteren Ertragskomponenten wirken bei diesem Wertpapier ähnlich wie eine Gesellschafterstellung ohne Stimmrechte. Genau das ist gewollt: Wir wollen die Käufer enger an den wirtschaftlichen, den unternehmerischen Erfolg binden. Der Kauf in einem Entwicklungsstadium wie dem unseren ist keine risikofreie Anlageform. Wir finden es insofern nur fair, unsere Investoren auch am Erfolg zu beteiligen. Im Grunde ist die Entwicklung im Bereich digitaler Wertpapiere auch eine Art Demokratisierung des unternehmerischen Engagements. Es war noch nie so einfach, in seine präferierten Unternehmensmodelle zu investieren und dort direkt am Unternehmenserfolg beteiligt zu werden – und zwar ohne, dass dafür eine Aktiengesellschaft geboren werden muss. Und das geht heute eben auch mit kleinen Summen.
„Unser Partner OneCrowd hat einen sehr simplen Prozess etabliert, in dem der Kauf einfach über die Angabe von Personendaten und IBAN abgewickelt werden kann.“
BondGuide: Wie lauten die weiteren Details der jetzigen Neuemission?
Christoph: Das Wertpapier ist neben der endfälligen Basisverzinsung von 8,0% p.a. noch mit einer Exit-Beteiligung oder im Fall der wirksamen Kündigung zusätzlich mit einem einmaligen Kündigungsbonus ausgestattet. Nach dem Erreichen des Break-Even gibt es außerdem noch einen gewinnabhängigen jährlichen Bonuszins. Berechnungsbeispiele haben wir im Basisinformationsblatt, aber auch auf der OneCrowd-Plattform zur Verfügung gestellt.
BondGuide: Der digitale Genussschein steht im Kontext zur Finanzierungsrunde mit ½ Mio. EUR eingesammeltem Eigenkapital im Sommer. Was kann man mit diesen mehrfach kleinen Summen über das Tagesgeschäft hinaus wie Warenbestände etc. überhaupt stemmen?
Christoph: Mit einem agilen und professionellen Team lassen sich schon größere Sprünge machen; wir berichten ja regelmäßig. In Kürze planen wir eine weitere Eigenkapitalerhöhung in ähnlicher Größenordnung wie im ersten Halbjahr. Damit schaffen wir dann abermals einen angemessenen Ausgleich zwischen Eigen- und Fremdkapital. Schauen Sie: Wir haben um den Jahreswechsel herum unsere erste wichtige M&A-Transaktion mit dem Kauf und der Verschmelzung der wisefood GmbH abgeschlossen – und zwar höchst effizient ohne Drittmittel. Aktuell braucht es noch Engagement beim Aufbau von Warenbeständen, die eine lange Leadtime haben. Außerdem verstärken wir mit einigen Experten das Team, um das gewachsene Geschäftsmodell professionell nach vorne bringen zu können und den Wachstumskurs zu verstärken. Auch deswegen haben wir das neue Wertpapier emittiert.
„Finanzanlagen und Wertpapiere in Wallets zu platzieren, ist heute völlig normal geworden. Wir möchten dort sein, wo auch der Anleger ist.“
BondGuide: LEEF 2023/28 notierte zuletzt bei ca. 75%, macht 17–18% Rendite p.a. bis zur Endfälligkeit Ende 2028. Warum sollte man das neue Finanzprodukt dem bestehenden vorziehen?
Christoph: Unser neuer Genussschein bringt den Anleger über die zusätzlichen Erfolgskomponenten viel dichter an den unternehmerischen Erfolg. Und bei guten oder sehr guten Verläufen ist der Ertrag höher. Ich hatte unlängst von einer Art Emulsion gesprochen, als ich über die Finanzierungskomponenten berichtete. Es erfordert eine harmonische Verbindung des Engagements unserer Gesellschafter mit dem Engagement von Anlegern. Letztlich sind Geschäftsmodelle in jungen Bereichen eine Vertrauensfrage, wenn wir ehrlich sind. Unser Geschäftsmodell begreift die Nachhaltigkeit als Ganzes – also soziale Verantwortung sowie den Klima- und Umweltschutz als Corporate-Social-Responsibility-Treiber – und verbindet die sozio-ökologischen Aspekte mit ökonomischer Nachhaltigkeit. Wer diese Ziele mit uns teilt, bekommt auch von beiden Aspekten seinen Anteil. Auch das ist eine Frage der Nachhaltigkeit: Der Anleger, der das volle Risiko trägt, sollte im Erfolgsfall nicht gedeckelt werden – das ist Unternehmertum, wie es jeder GmbH-Gesellschafter kennt. Mit Emissionen wie der unsrigen kann man diese Mentalität demokratisieren. Und da wir natürlich aus jeder Finanzierungsrunde lernen, haben wir dieses Mal eine Form gesucht, die genau diese unternehmerische Nähe auch mit kleineren Engagements ermöglicht.
„Im Grunde ist die Entwicklung im Bereich digitaler Wertpapiere auch eine Art Demokratisierung des unternehmerischen Engagements.“
BondGuide: Wie läuft es denn mit dem neuen Partner wisefood bisher – stimmt die interne Chemie?
Christoph: Es könnte besser nicht sein. Da haben sich einfach zwei Unternehmen auf Augenhöhe mit einem sehr ähnlichen Mindset und sehr ähnlichen Zielen getroffen. Da wir bei allen unseren Mitarbeitern darauf achten, dass nicht nur exzellente fachliche Skills eingebracht werden, sondern auch das Mindset und die Teamtauglichkeit harmonieren, brachten wir die besten Voraussetzungen mit. Bei wisefood trafen wir auf dieselbe Philosophie – ein Volltreffer eben. In unserem Team aus fast 20 Mitarbeitenden haben etwa die Hälfte einen anderen kulturellen Hintergrund als der unseres Standortes. Das ist eine riesige Bereicherung, erfordert aber auch ein gemeinsames Grundverständnis – und das funktioniert hervorragend. Selbst die übrigen Prozesse, auch die technischen und organisatorischen, sind inzwischen weitestgehend integriert. Wie immer nehmen die technischen Aspekte die längste Zeit in Anspruch und binden die meisten Ressourcen.
„Unser Geschäftsmodell begreift die Nachhaltigkeit als Ganzes – also soziale Verantwortung sowie den Klima- und Umweltschutz als Corporate-Social-Responsibility-Treiber – und verbindet die sozio-ökologischen Aspekte mit ökonomischer Nachhaltigkeit.“
BondGuide: Zum Abschluss eine etwas abweichende Frage: Ihr Geschäftsmodell setzt ja auf umfassende Nachhaltigkeit – ist das angesichts der vielen aktuellen Krisen nicht ein Thema, das in den Hintergrund gerät und deshalb besonders risikobehaftet ist?
Christoph: Vor etlichen Jahren habe ich oft gehört ‚Krisen kommen und gehen‘. Manche Krisen von heute passen eher in das Motto ‚Krisen kommen und bleiben‘. Wenn wir uns die Klimakrise anschauen oder aus dem Blickwinkel des gescheiterten Plastik-Gipfels vor wenigen Wochen auch die immer größer werdende Plastikkrise, dann wird das mehr als deutlich. Weniger bekannt, da praktisch unsichtbar, aber nicht weniger gefährlich, ist die PFAS-Krise. Wir alle werden das Ende dieser Krisen nicht erleben, die Effekte dafür sind viel zu weitreichend. Und trotz aller anderen Themen, die uns heute umtreiben, bleiben all diese Themen aktuell und deren negative Auswirkungen nehmen spürbar zu. Unser Geschäftsmodell hält dagegen und hat gigantisches Wachstumspotenzial. Und ein Wachstum, das zulasten schädlicher Industrien geht, gefällt mir ausnahmslos gut.
„Wachstum, das zulasten schädlicher Industrien geht, gefällt mir ausnahmslos gut.“
BondGuide: Na dann, Herr Christoph, bleibt mir nur, Ihnen für die neuerlichen Einblicke zu danken, und Ihnen viel Erfolg bei der aktuellen Kampagne zu wünschen.
Das Interview führten Falko Bozicevic und Michael Fuchs.