
Die überaus innovative EnerKite absolviert gerade eine neue Runde über die Crowdfunding-Plattform CONDA – interessant genug für BondGuide, mit den zwei maßgeblichen Vorständen zu sprechen.
BondGuide: Herr Breipohl, Herr Jüstel, gern zum Einstieg etwas zu Ihrem persönlichen Background, bevor wir zur EnerKite selbst kommen.
Breipohl: Ich habe im Oktober 2022 die Geschäftsführung der EnerKite übernommen. Zugestoßen bin ich aber schon 2015 – auf Einladung eines der Gründer, mit dem ich auch seinerzeit studiert hatte. Meine Aufgabe war anfangs, unser Netzwerk an Partnern und Förderprojekten zu erweitern. Mit der zunehmenden Serienreife rückten dann mehr und mehr Investorenansprachen und der Aufbau von Entwicklungspartnerschaften in den Vordergrund.
Jüstel: Im Laufe meiner Karriere bin ich zwar u.a. im Bankensektor gelandet, aber mit studiertem BWL-Hintergrund bin ich doch kein wirklicher Banker geworden. Mein Fokus sind Marketing, Finanzen, M&A, juristische Fragen oder Kommunikation. Als der Kollege einen kompetenten Finanzer suchte, war die Verbindung hergestellt. Erst in beratender Funktion, später dann fest.
BondGuide: Sie beide gehören also nicht zum Gründerzirkel. Wem gehört denn aktuell die EnerKite?
Jüstel: Es gab ursprünglich einen großen Kreis von sechs Gründern. Davon sind heute noch drei operativ tätig innerhalb der EnerKite. Neben den Gründern gibt es noch einige GmbH-Mitgesellschafter, die vereinfacht gesprochen ein generelles Interesse an Innovationen im Bereich Erneuerbarer haben. Dazu mehrere Family Offices sowie Privatinvestoren aus dem Bereich der Windenergie und Erneuerbare.
Breipohl: Zusammen mit der Kanzlei Dentons sind wir jüngst dabei, ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm aufzusetzen. Steuerrechtlich soll das ja gerade gefördert werden, so dass wir schon einen Grundsatzbeschluss dazu haben.
BondGuide: Wie kommt man bei der Jahresrendite auf 38% bei Basisverzinsung von 3 bzw. 4%, die ausgelobt wird?
Breipohl: Über den Bonus am Laufzeitende abhängig von der Wertsteigerung bis dahin. Die Unternehmenswertbeteiligung wird zum Laufzeitende von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer ermittelt – entweder über ein Gutachten oder über das Umsatz-Multiple, bei uns konservativ mit dem Faktor 2,0 angesetzt. Maßgeblich für die Bewertung ist der dann höhere Wert.
Jüstel: Die Renditeberechnung pro Jahr basiert auf der Kombination aus Basisverzinsung und dem erwarteten Wertsteigerungszins am Laufzeitende. Early-Bird-Investoren erhalten eine etwas höhere Basisverzinsung von 4 statt 3 %, was ihre garantierte jährliche Ausschüttung leicht erhöht.
Der deutlich größere Anteil der Gesamtrendite entfällt jedoch auf den identischen Wertsteigerungszins für alle Investoren – unabhängig vom Einstiegszeitpunkt. Entsprechend unterscheidet sich die durchschnittlich zu erwartende Jahresrendite nur minimal, z. B. 38,56% versus 38,21% p. a. Alle Investoren der aktuellen Kampagne partizipieren anteilig am zukünftigen Unternehmenswert, als würden sie sich heute mit Eigenkapital beteiligen.
BondGuide: Grundsätzlich ist Ihre Wachstumsstory in der Tat eher Eigenkapital-nah – aus Investorensicht. Haben Sie schon mal in diese Richtung gedacht oder sondiert?
Jüstel: Über bisherige Crowdfundings haben wir bereits gute Erfahrungen mit Nachrangdarlehen gesammelt und möchten dies daher fortführen. Besonders wichtig war uns, dass unser Investorenkreis dieses Investmentvehikel aus vergangenen Kampagnen kennt und eine Fortführung hier Vertrauen schafft.
Breipohl: Bedenken Sie auch, dass wir keine Aktiengesellschaft, sondern eine GmbH sind. Daher sind Eigenkapitalinvestitionen aktuell nicht so einfach möglich – vielleicht sind sie es eines Tages. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Vehikel Nachrangdarlehen für uns das einfachste und von den Transaktionskosten her günstigste. Wir haben uns nicht nur, aber auch für CONDA entschieden, da diese Plattform für diverse Beteiligungsformen qualifiziert ist, inklusive Aktien. Insofern haben wir das Thema bereits auf dem Radar.
BondGuide: Wie sieht es mit der Kommunikation aus, hier speziell mit Updates zum Geschäftsverlauf?
Jüstel: Wir geben mindestens quartalsweise Updates an alle Investoren heraus.
Breipohl: Die Gesellschafter erhalten inzwischen monatliche Finanzreports und Quartalsberichte sowie durch einen Wirtschaftsprüfer von Dentons geprüfte Jahresabschlüsse.
BondGuide: Wie steht es bei der EnerKite mit dem Schlüsselpersonenrisiko, sowohl Knowhow als auch Finanzierungsthemen betreffend? Stellen Sie sich vor, Sie beide fliegen gemeinsam mit der berühmten zweimotorigen Cesna zu einem ganz wichtigen Treffen und die Maschine stürzt über Norditalien ab – genau diesen Fall gab es übrigens schon.
Breipohl: Falls nur mir allein etwas zustoßen sollte, könnte Joscha sofort die Geschäftsführung übernehmen. Er kennt das Unternehmen inzwischen in allen Bereichen und ist fachlich voll in der Lage, im Bedarfsfall zu übernehmen. Christian Gebhardt, einer der Gründer, hat zudem Prokura. Ich habe besonderen Wert daraufgelegt, dass die Stabilität des Unternehmens immer gesichert ist und auch weiter gesteigert wird. In dem Punkt haben Sie völlig Recht, denn wir hatten selbst erkannt, dass anfangs zu viel auf den wichtigsten Gründer zugeschnitten war. Das mussten wir also dringend ändern und personell professionalisieren.
Jüstel: Ich möchte hinzufügen, dass dies nicht nur den personellen Part betrifft, sondern auch die Dokumentation. Egal, was man sucht: Jeder Befugte hat Zugriff auf die Dokumentation zu einem spezifischen Thema. Für ein Startup oder junges Unternehmen ist das eher ‚untypisch hochprofessionell‘.
BondGuide: Wie steht es denn mit dem Wettbewerb: Macht die Konkurrenz Vergleichbares im Sektor Flugwindkraft?
Breipohl: Wir monitoren rund ein Dutzend Unternehmen, die sich in diesem Bereich aufhalten. Fast alle sind ansässig in Europa. Die Hälfte würde ich als ernster zu nehmen bezeichnen. Mit zwei Unternehmen findet die Spitze der Entwicklung in Deutschland statt. Ein Unternehmen aus Hamburg ist uns in der Marktreife zeitlich etwas voraus, aber das System ist schwächer – daher waren sie auch schneller. Ein Unternehmen aus den USA ist mir neu auf den Radar gekommen, die sowohl vom Verteidigungs- wie auch Energieministerium gefördert werden. Mit dieser Investorenbasis muss man sie sicherlich ebenfalls im Auge behalten.
Jüstel: Deren verwendetes System ist aber schwierig. Da stehen sie noch ganz am Anfang. Werden aber eben gefördert.
BondGuide: Wo ordnet sich die EnerKite beim ‚Wettbewerb der Systeme‘ technologisch ein?
Breipohl: Grundsätzlich: Die Stromwandlung kann entweder am Boden – wie bei der EnerKite – oder schon in der Luft im Drachen stattfinden. Die Stromerzeugung schon in der Luft hat mehrere Nachteile und meine Meinung ist, dass sich dieser Weg daher nicht durchsetzen wird. Es gibt bereits ein Beispiel, wo eine Firma mit diesem Versuch baden gegangen und 10 Mio. USD in den Sand gesetzt hat. Ich meine, wir haben das beste System, was Handhabbarkeit, Risiken, Wartung, Energieausbeute etc. angeht.
BondGuide: Kann Ihr Kite-Flügel eigentlich auch einfach mal vom Himmel fallen oder können die Leinen reißen und das Ding fliegt unkontrolliert davon?
Breipohl: Die drei Leinen am Flügel haben derzeit jedes eine 7fache Sicherheit in Bezug auf ihre Maximalllast. Der Flügel hat in etwa die Dichte einer Styroporplatte und trudelt oder segelt eher zu Boden, als dass er stürzt, sollte er dennoch von jedem Bodenkontakt befreit sein. Auch das ist ein technologischer Vorteil gegenüber den anderen Systemen: Bei den drohnengestützten Systemen von Mitbewerber fliegen Propeller, Antriebe und Stromversorgung, also schwere und komplexe Ausrüstung an Bord mit. EnerKíte hat sich aus Effizienzgründen für einen passiven Flügel entschieden, der nicht nur günstiger, sondern auch weniger komplex und leichter ist.
BondGuide: Standardfrage von BondGuide: Gibt es ein Einzelrisiko, das Ihnen schlaflose Nächte oder graue Haare bereiten könnte, da Sie es z.B. nicht in eigener Hand haben: in der Regel ein externes Risiko – was wäre da zu nennen?
Breipohl: Aus meiner Sicht ist es stets das Finanzierungsrisiko, wie für wohl alle jungen Unternehmen. Hinsichtlich Regulierung oder Zulassungen bin ich entspannt. Genehmigungen für unsere Technologie gibt es, aber sie scheinen mir noch nicht super-sicher. Ganz nötigenfalls müsste man zunächst auf ein anderes Land ausweichen; vorzugsweise eines, in dem die Stromkosten eher hoch sind.
Jüstel: Man mag es hier in Deutschland kaum glauben, aber es gibt Länder, da liegen die Stromkosten bei bis zu 1 USD pro kWh – einfach, da es an Erzeugungskapazitäten fehlt. Ferner haben wir schon zahlreiche Erfahrungen mit Genehmigungsverfahren. So haben wir bis heute eine 100%ige Erfolgsquote bei der Beantragung öffentlicher Zuschüsse mit 7,4 Mio. EUR an öffentlichen Mitteln. Insgesamt stellen wir unsere Kapitalakquise breit auf: Wir sind eines der erfolgreichsten Startups im Crowdinvestment, auch offen für direkte Investments, bereiten eine große Investorenrunde für strategische Investoren vor und haben einen Vermögensanlagen-Verkaufsprospekt in Arbeit. Dies ist von den Ressourcen beanspruchend, hat aber zum Ziel, unser finanzielles Risiko zu mitigieren.
BondGuide: Meine Herren, ganz herzlichen Dank an Sie beide und natürlich viel Erfolg!
Interview: Falko Bozicevic
Alle Fotos / Grafiken: @EnerKite
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