Draghi erhält einen Schuss vor den Bug

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Hohe Erwartungen hatte er aufgebaut und am Ende doch enttäuscht – oder enttäuschen müssen? Jedenfalls schickten die Neuigkeiten, die Mario Draghi vergangene Woche an geldpolitischen Beschlüssen zu verkünden hatte, die Aktien- und Rentenmärkte zunächst auf Talfahrt.

Im Vorfeld hatte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) immer wieder angedeutet, dass es zum Einsatz einer großen geldpolitischen Finanzspritze kommen würde. Nun weiteten die Euro-Währungshüter ihr vor allem in Deutschland umstrittenes Anleihekaufprogramm auf 1,5 Bio. EUR aus. Außerdem setzt die EZB den Einlagensatz für Geschäftsbanken auf minus 0,3% von bisher minus 0,2%. Die Märkte aber hatten mit erheblich stärkeren Lockerungen gerechnet.

Ursprünglich wollte Draghi weitaus schwerere Geschütze auffahren, hatte damit aber – nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters – gravierende Meinungsverschiedenheiten an der Spitze der EZB ausgelöst. Am Ende hatte sich der EZB-Rat dafür entschieden, die Märkte mit seinen Entscheidungen zu den Zinsen und zur Ausweitung des Anleihekaufprogramms zu enttäuschen, weil von der Wirtschaftsentwicklung und von der Inflationsfront zuletzt günstigere Nachrichten gekommen waren. Offenbar war der Gegenwind, den Draghi nun erfahren hat, so stark, dass sich der Präsident im EZB-Rat nicht durchsetzen konnte. Ob dies den Auftakt zu einer Kursänderung der EZB bedeutet, muss abgewartet werden. Ein Schuss vor den Bug des Präsidenten und damit ein Stück Machtverlust bedeutet die Entscheidung aber allemal.

Weiteren Ärger hat die EZB allerdings auch in Sachen Anfa-Abkommen (Agreement on net-financial assets). So weigert sich die Zentralbank noch standhaft, den Inhalt dieser Vereinbarung mit den nationalen Notenbanken öffentlich zu machen. Daraus, so hoffen mehrere Regierungspolitiker, würde hervorgehen, in welchem Umfang nationale Notenbanken im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) Ankäufe von Staatsanleihen getätigt haben. Das zuletzt im vergangenen Jahr aktualisierte Anfa-Abkommen regelt die Spielräume, welche die Notenbanken des Euroraums für Käufe von Wertpapieren und auch Staatsanleihen auf eigene Rechnung haben. Da auch die nationalen Notenbanken dem Verbot der monetären Staatsfinanzierung unterliegen, könnte eine Offenlegung darüber Aufschluss geben, inwieweit der aufgekommene Verdacht gerechtfertigt sein könnte.

Klartext redete dieser Tage die Mainzer Finanzökonomin Isabel Schnabel, Mitglied des Rats der Wirtschaftsweisen, gegenüber der FAZ. „Das Anfa-Programm untergräbt aufgrund seiner Intransparenz die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik. Es ist beunruhigend, wenn das Programm selbst für Herrn Draghi sehr schwer zu verstehen ist, wie er letzte Woche bei der Pressekonferenz sagte“, meinte sie. EZB-Chef Draghi hatte auf Nachfrage gesagt, dass es „sehr schwer zu verstehen“ sei, warum die nationalen Zentralbanken bestimmte Anleihen kauften. Was sie kauften, liege aber gänzlich in ihrer Autonomie und er wolle dazu keine Angaben machen. Besonders die italienische sowie die französische Notenbank sollen nach FAZ-Angaben das Anfa-Abkommen genutzt haben, um in dreistelliger Milliardenhöhe Papiere zu kaufen. Hinweis an die EZB: Transparenz sieht anders aus.

Heineken in adventlicher Christkindlmarkt Stimmung
Pünktlich zum Nikolausfest am vergangenen Wochenende und den unzähligen Weihnachtsmärkten, an denen reichlich Bier, Punsch und Glühwein getrunken wird, entschied sich das international tätige niederländische Brauereiunternehmen Heineken NV, selbst den Zapfhahn zu öffnen, um den eigenen Kapitaldurst am Primärmarkt zu stillen.

global brands - heinekenSo kam es, dass das Unternehmen 460 Mio. EUR als 9-jährige Anleihe (WKN: A18VNW) refinanzieren konnte und dafür bis zum Laufzeitende am 7.12.2024 jährliche Zinsen von 1,5% bezahlt. Die Anleihe wurde bei 98,98% gepreist, was einem Emissionsspread von +90 bps über Mid Swap entsprach. Der Bond verfügt über ein optionales Sonderkündigungsrecht zu Gunsten des Emittenten (Make-Whole-Option). Der Emittent hat sich bei der Anleihe für eine Mindeststückelung von nominal 100.000 EUR entschieden.

Neues BildEbenso wurde die Commerzbank AG am Primärmarkt aktiv. Die zweitgrößte deutsche Bank refinanzierte 500 Mio. EUR mittels einer 4-jährigen Nachranganleihe (CZ40K3) und zahlt dafür jährlich bis zum 14.03.2019 einen Kupon von 0,625%. Die Anleihe wurde mit +60 bps über Mid Swap gepreist, was einen Emissionspreis von 99,96% ergab. Durch die gewählte Stückelung von nominal 1.000 EUR soll der Kauf dieses Wertpapiers auch Retail-Investoren ermöglicht werden.

Klaus Stopp
Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

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