Vorwurf der Währungsmanipulation: China und USA auf Eskalationspfad

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In einem lange erwarteten, größtenteils symbolischen Akt hat das US-Finanzministerium China offiziell als Währungsmanipulator eingestuft. Aber trifft dies auch zu? Und welche Folgen hat das Label für das Reich der Mitte, den Renminbi und den Konflikt mit den USA? Von Sébastien Galy

Die Einstufung als Währungsmanipulator trifft per Definition auf jedes Land zu, das über hohe Währungsreserven verfügt und nicht den Abschluss eines Währungsabkommens anstrebt. Die Frage laute deshalb: Hat China aktiv seine Währung abgewertet, als die Marke von sieben Yuan je Dollar überstiegen wurde? Die Antwort ist, dass die Volksrepublik das Währungsfixing bestimmt, nicht der Markt. Und während der Yuan weiter an Wert verliert, stoppt Peking die Entwertung nicht, sondern verlangsamt sie nur.

Für die USA bedeutet die Einstufung Chinas als Währungsmanipulator, dass sie nun formal Beschwerde beim Internationalen Währungsfonds (IWF) als zentraler Kontrollinstanz einlegen können. Darauf folgt als nächste Schritte eine Untersuchung der offiziellen chinesischen Statistiken sowie die Entsendung einer Ermittlungsgruppe des IWF nach China. Das Ziel der USA ist es, so den Druck auf China zu erhöhen, um eine schnelle Abschwächung des Renminbis zu verhindern.

Der Stratege sieht nur wenig Anreize für die USA, direkt in den Renminbi zu intervenieren. Washington müsste in diesem Fall zusätzliche Reserven in chinesischen Staatsanleihen aufbauen und würde so zu einem Gefangenen Chinas werden – zu einem Zeitpunkt, an dem das Land eigentlich versucht, sich von China zu lösen. Was die US-Regierung allerdings nutzen wird, sind Zölle. Die Frage ist, wann die nächste Welle kommen wird. Angesichts des Zeitplans für die US-Präsidentschaftswahlen und sofern China ein mäßiges Tempo bei der Abschwächung des Yuans einschlägt, könnte es ab dem zweiten Quartal 2020 soweit sein.

Folgen für China

Abgesehen von einem Mediencoup für die Trump-Administration ändert die Einstufung als Währungsmanipulator nur wenig für China. Peking wird den Yuan langsam weiter devaluieren, nicht zuletzt, um Druck vom Exportsektor zu nehmen. Das Abwertungstempo ist ein direkter Gradmesser des Gesundheitszustands der chinesischen Wirtschaft. Geht die Abwertung zu schnell vonstatten, könnte das zu früh eine neue Welle an Strafzöllen auslösen. Peking kann sich eine stärkere Devaluation eher leisten, wenn sich die Wirtschaft erholt hat und nicht schwächelt.

Momentan hat die chinesische Wirtschaft noch mit den Auswirkungen des letzten Zollschocks zu kämpfen. Sobald sie aber ihre Talsohle erreicht hat und in zwei Quartalen wahrscheinlich wieder anzieht, wäre ein erneuter Zollschock leichter handhabbar.

In der Zwischenzeit kann China Maßnahmen ergreifen, um die eigene Wirtschaft von der US-Nachfrage abzukoppeln, neue Handelsabkommen vorantreiben und überschüssige Produktionskapazitäten abbauen, während gleichzeitig einige Fabriken für den Binnengebrauch umgerüstet werden. Dieser Umbau der externen Kapazitäten wird dazu beitragen, die Inlandspreise zu senken und so die Wirtschaft zu stützen.

Weitere Eskalation im Handelsstreit

Die Chancen sind hoch, dass die Chinesen umsichtig bleiben. Sollte sich in der chinesischen Führung jedoch der militärische Flügel oder die Volksbefreiungsarmee durchsetzen, wird eine schwerere Konfrontation wesentlich wahrscheinlicher. Peking könnte dann versuchen, die USA aus dieser Auseinandersetzung, die nicht zu gewinnen ist, auf ein anderes Schlachtfeld zu drängen. Dazu gehören beispielsweise Auseinandersetzungen mit der US-Marine, ein deutlich aggressiver handelndes Nordkorea, oder eine ausländische Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen.

Sébastien Galy, Nordea AM (Foto @NAM)

China könnte zudem versuchen, eine Koalition gegen die USA zu errichten. Russland, der Iran und einige asiatische Länder sind zwar enge Verbündete Pekings, allerdings sollte sich der Versuch, die USA zu isolieren, als extrem schwer erweisen. Zuletzt wird Peking aller Voraussicht nach noch stärker gegen US-Produzenten in China vorgehen und gleichzeitig beginnen Druck auf europäische Unternehmen aufzubauen. Momentan befinden wir uns auf dem Weg in eine Eskalationsphase. Es steht zu erwarten, dass diese Konfrontationsphase noch länger anhalten und China am Devaluationskurs des Renminbis festhalten wird. 

Sébastien Galy ist Senior-Makrostratege bei Nordea Asset Management.