Trump, Taiwan und Xi – die Auffahrt zum maximalen Taiwan-Stress

Die Wahl eines chinakritischen Präsidenten und ein immer wahrscheinlich werdender Erfolg von Donald Trump in den USA verschärfen Spannungen. Von Benjamin Bente*

Unter einem Präsidenten Trump wird sich möglicherweise für China ein Zeitfenster für einen Angriff öffnen. Für die Weltwirtschaft und ihre Abhängigkeit von den Halbleiter-Exporten Taiwans sind das denkbar schlechte Aussichten.

In Taiwan wurde gerade der China-Kritiker Lai zum neuen Präsidenten gewählt. Das trägt sicherlich aus dem Blickwinkel des chinesischen Präsidenten Xi nicht unbedingt zur Entspannung bei. Dass zudem Donald Trump in Iowa die erste Vorwahl mit einem Erdrutschsieg gewonnen hat, sorgt für eine schwierige Gemengelage. Sollte sich das so fortsetzen und Trump erneut US-Präsident werden, besteht eine denkbar ungünstige Konstellation für das Verhältnis zwischen China und Taiwan.

Chinas Staatschef Xi hat bereits mehrfach deutlich gemacht, dass die Wiederangliederung Taiwans an China nur eine Frage der Zeit ist. Und unter keinem US-Präsidenten ist es so unwahrscheinlich wie unter Trump, dass dieser einen Schutzschirm über Taiwan spannen wird. Trump ist bekannt als nationalistisch Denkender, der die militärischen Bündnisse als Selbstzweck generell nicht anerkennt, sondern, wenn überhaupt, nur dann, wenn er daraus auch wirtschaftliche Vorteile zieht. Trump stellt selbst vertraglich verpflichtende Bündnisse wie die NATO offen infrage. Und mit Taiwan existiert noch nicht einmal eine so klare, vertraglich und historisch gewachsene Bündnisverpflichtung.

Trump unter seines Gleichen

Insofern erscheint es doch mehr als fragwürdig, ob Taiwan unter einem Präsidenten Trump mit der amerikanischen Unterstützung rechnen könnte. Daher könnte der chinesische Präsident Xi unter keinem Präsidenten wie unter Trump so motiviert sein, Taiwan anzugreifen. Eine zweite Amtszeit von Donald Trump wäre damit das günstigste Zeitfenster für Xi. Denn in dem Moment, in dem Taiwan ohne internationale und vor allem ohne US-Unterstützung dasteht, sind die Erfolgsaussichten für China ungleich größer, Taiwan einzunehmen.

Für die Welt wäre das aus vielen Gründen eine schlechte Nachricht. Taiwan ist insbesondere im Halbleiterbereich derzeit unersetzlich und die Halbleiter integraler Bestandteil der gesamten technologisierten Weltwirtschaft. Taiwan ist eine Exportnation, die in das Räderwerk der Globalisierung fest eingebunden ist. Bereits eine chinesische Blockade könnte zu starken Eruptionen in der Weltwirtschaft führen. Und das in einer Ausgangssituation, in der ohnehin die rezessiven Risiken in den USA groß sind aufgrund der Zinspolitik und des knappen Geldes. Eine Ausgangslage, die in Europa in Teilen ja bereits real ist und auch China mit seinem zurzeit schwachen Wachstum trifft.

Insofern könnte sich hier das Zeitfenster für die chinesische Machtpolitik zur völligen wirtschaftlichen Unzeit öffnen. Letztlich fehlt nach der Taiwan-Wahl jetzt nur noch die zweite Amtszeit von Donald Trump zum größten Taiwan-Stress. Das entscheidet sich vielleicht schon in den kommenden Vorwahlen, die deshalb bereits einen Schatten auf die wirtschaftlichen Aussichten werfen könnten mit entsprechenden Reaktionen der Börsen. Je isolationistischer Donald Trump im Wahlkampf auftritt, desto schwieriger wird die Situation für Taiwan.

Benjamin Bente, Vates Invest

*) Vates Invest GmbH

Die Vates Invest GmbH, gegründet 2011, ist eine inhabergeführte Asset-Management-Boutique. Die Erfahrung zweier tiefer Aktienbärenmärkte (2001 und 2008) war prägend für die Philosophie von Vates. Das Spezialgebiet sind börsentägliche quantitative Analysen des monetären, konjunkturellen und sentimenttechnischen Umfelds. Seit 2014 verkörpert der Vates Parade Fonds die Portfoliomanagementstrategie von Vates Invest. Kernziel ist es, langfristig positive Rendite zu erzielen und zugleich die Anleger vor großen Verlusten in Bärenmärkten zu schützen.

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