Dividenden attraktiver als Anleihen?

Haben Dividendentitel ihre Defensivkraft verloren und zahlt die Old Economy tatsächlich höhere Dividenden als die New Economy? Von Sam Witherow*

Ein verbreiteter Mythos ist etwa, dass die Old Economy die New Economy als Dividendenzahler deutlich abhängt. Ein Blick in die Daten zeigt: Zwar finden sich die Unternehmen mit den höchsten Dividendenrenditen typischerweise in den Sektoren der Old Economy, wie etwa Versorger, Immobilien, Energie oder Grundstoffe. Doch in absoluten Zahlen bieten die Sektoren der New Economy – allen voran IT, aber etwa auch Gesundheitswesen und Basiskonsumgüter – insgesamt heute fast genauso große Dividendenchancen. Dividendeninvestments sind und bleiben ein wichtiger Bestandteil für Anlegerportfolios. Daran ändern auch die neuen Vorzeichen nach der Zinswende nichts.

Old und New Economy bei Dividendenzahlungen fast gleichauf

So ist der Mythos widerlegt, dass Dividendeninvestments auf zyklische Marktsegmente der „Wirtschaft von gestern“ mit geringem Wachstumspotenzial fokussieren. Mit in Summe 692 Mrd. USD von weniger traditionellen Wirtschaftssektoren ist die New Economy den traditionelleren Wirtschaftssektoren mit 735 Mrd. USD Dividendenzahlungen eng auf den Fersen.

Die Tech-Branche ist inzwischen sogar der drittgrößte Dividendenzahler nach den Branchen Finanzen und Energie. Das Universum potenzieller Dividenden-Anlagemöglichkeiten ist daher deutlich vielfältiger als gemeinhin angenommen. Auch bietet der breitere Fokus die Chance auf deutlich größeres Dividendenwachstum. In den letzten zehn Jahren sind die durchschnittlichen Dividenden im MSCI ACWI um etwa 4,5% pro Jahr gewachsen. Im Gesundheits- und Industriesektor liegt das Dividendenwachstum aber bei mehr als 6% und in der Technologiebranche sogar bei rund 11% pro Jahr. Nimmt man diese Sektoren mit in das Portfolio auf, lassen sich sehr überzeugende Gesamtrenditen erzielen.

Niedrige Ausschüttungsquoten bieten Puffer für Gewinnrückgänge

Nachdem in den letzten beiden Rezessionen Dividenden erheblich gefallen sind, haben sie die Dividendentitel mit nach unten gezogen. Es scheint sich der Mythos bewahrheitet zu haben, dass Dividenden ihre defensiven Eigenschaften verloren haben, Man muss bis in die frühen 2000er Jahre zurückgehen, um eine Phase zu finden, in der die Gewinne zurückgingen und die Dividenden stabil waren.

Auch wenn die Sorgen wachsen, dass die Gewinnspannen ihren Höhepunkt erreicht haben könnten, liegen die Ausschüttungsquoten – also welchen Anteil der Gewinne die Unternehmen an die Aktionäre auszahlen – weiterhin nahe historischer Tiefststände. Denn in der Pandemie gab es erhebliche Dividendenkürzungen. Während diese gerade erst wieder ansteigen, sind die Gewinne explodiert. So schütten die Unternehmen derzeit einen ungewöhnlich geringen Anteil ihrer Gewinne aus und verfügen damit über einen Puffer.

Sollte es also Gewinnenttäuschungen geben, ist es also nicht notwendig, die Dividenden zu kürzen. Unternehmen bestätigen, dass sie sich trotz einer deutlich schwächeren Nachfrage auf einem sehr komfortablen Auszahlungsniveau befinden und auch die Konsens-Dividendenerwartungen steigen weltweit. Genau diese Ausgangslage gab es während der Rezession 2000 und 2001. Für die nächsten fünf Jahre erwarten wir basierend auf der Analyse von 2.500 Einzeltiteln auch weiterhin ein stetiges Dividendenwachstum von rund 7% pro Jahr.

Hier geht es zum vollständigen und ausführlichen Marktkommentar.

*) Sam Witherow ist Portfolio-Manager des JPMorgan Investment Funds – Global Dividend Fund.

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