Der größte Deal von allen! – mit Weitblick auf die Kapitalmärkte

So kommentierte Donald Trump seinen Erfolg in den Verhandlungen mit der EU. Doch was beinhaltet diese Rahmenvereinbarung, nicht zuletzt für die Kapitalmärkte? – von Dr. Manfred Schlumberger*

Wie sieht der Deal aus?

– EU-Exporte in die USA werden prinzipiell mit 15% Zoll belegt. US-Exporte in die EU mit 0%.

Stahl- und Aluminiumimporte werden weiterhin mit 50% belastet. Solche Exporte in die USA bleiben unwirtschaftlich, es sei denn es kommt noch zu Vereinbarungen über gegenseitige zollfreie Kontingente.

Pharmaimporte sind nicht Teil des Deals. Nach Abschluss ihrer Handelsuntersuchungen werden die USA einen Zollsatz festlegen, der aber maximal 15% betragen soll. 24% der deutschen Pharmaexporte gehen in die USA.

Flugzeuge, Flugzeugteile, Generika, kritische Rohstoffe sowie einige Agrar- und Chemieprodukte für die Halbleiterindustrie sind auf reziproker Basis zollfrei.

Weitblick auf die Kapitalmärkte

Weitblick auf die Kapitalmärkte

Die EU verpflichtet sich über drei Jahre, 750 Mrd. USD (645 Mrd. EUR) an strategischen Käufen für Energie und Halbleiter / Chips zu tätigen. An sich können solche Zusagen nur von Staaten mit sozialistischer Planwirtschaft gemacht werden. 2024 importierte die EU für 76 Mrd. EUR Energie (u.a. Flüssiggas) und für 3 Mrd. USD Chips aus den USA. Es ist fraglich, wie die EU hier auf ein Volumen von jährlich 215 Mrd. EUR kommen will. Außerdem müssten die US-Produzenten ihre Förderung zuerst massiv ausbauen (‚Drill baby drill‘).

Die privaten Unternehmen der EU sollen über drei Jahre 600 Mrd. USD in den USA investieren. Im letzten Jahr lagen diese bei 135 Mrd. EUR. Dieses Ziel ist also nicht völlig unrealistisch.

Einfluss von Trump 2.0 auf die Kapitalmärkte I

Einfluss von Trump auf die Kapitalmärkte I

Die EU soll Rüstungskäufe von mehreren 100 Mrd. USD in den USA tätigen. Angesichts der beschränkten Kapazitäten der EU-Verteidigungsindustrie ist diese Zusage leicht zu erfüllen.

Für diese Zollvereinbarung ist bislang keine Laufzeit festgelegt worden. So könnte sie von Trump jederzeit geändert werden, vor allem wenn die Investitionszusagen seiner Meinung nach nicht eingehalten werden.

Wirtschaftlicher Schaden

Diese Rahmenvereinbarung trifft exportorientierte Unternehmen in Deutschland massiv.

Neben der Pharmaindustrie werden der Maschinenbau, die Auto-, Chemie- und die Elektroindustrie am stärksten belastet. Für dieses Jahr gehen die meisten Experten von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von ca. 0,2% aus. Auf Jahressicht erwartet man eher eine Einbuße von 0,5%. Das ifo-Institut prognostiziert einen Rückgang der Exporte in die USA von 15 bis 20%, der sich zunächst nur zum Teil durch höhere Exporte in andere Regionen ausgleichen lässt.

Wegen der exorbitant hohen Energiepreise wird der Produktionsstandort Deutschland für die Chemieindustrie damit völlig uninteressant. Ludwigshafen kann zwar weiterhin BASF-Zentrale bleiben, ansonsten aber nur noch als Standort für ein Industriemuseum dienen. […]

Einfluss von Trump 2.0 auf die Kapitalmärkte II

Einfluss von Trump auf die Kapitalmärkte II

Was sind die Konsequenzen für die USA?

[…] Ein temporärer Inflationsschub in Richtung 4% wird den US-Konsum dauerhaft negativ tangieren. Alternativ wäre eine Erhöhung der Umsatzsteuer zwar unpopulär, aber für die Weltwirtschaft effizienter gewesen. Die FED ist vor diesem Hintergrund gut beraten, die Leitzinsen unverändert zu lassen, aber es ist fraglich, ob Powell dem Druck weiter standhalten kann. […]

Wo kann man noch am Aktienmarkt investieren?

Die Gewinne der US-Unternehmen lagen im 2ten Quartal, soweit sie schon vorliegen, bei über +8% im Vorjahresvergleich. Die Rückkehr zu zweistelligen Wachstumsraten im Jahr 2026 ist insofern mehr als plausibel. Anders sieht es in Europa aus. Hier hilft zwar die expansive Fiskalpolitik, vor allem in Deutschland, aber dem stehen die starke Währung und die Zölle entgegen. Die schwachen Gewinnerwartungen werden sich vor diesem Hintergrund nur wenig aufhellen. Die Outperformance Europas gegenüber den USA wird also ohne Berücksichtigung der Währung eine Episode bleiben. […]

Die weltweit steigenden Staatsverschuldungen und die offensichtliche Erpressungspolitik der USA auch gegenüber befreundeten Nationen werden die Lust auf US-Staatsanleihen weiter dämpfen und die Nachfrage nach Gold befeuern. Obgleich der Goldpreis auf hohem Niveau konsolidiert, hat die Hausse auch andere Edelmetalle wie Silber und Platin voll erfasst. […]

Da auch der Kupferpreis ein attraktives Niveau aufweist, werden die Goldminenbetreiber, die diese Metalle zumeist kombiniert abbauen, weiter sehr hohe Gewinnmargen realisieren können. […]

Die Schwellenländer werden zwar ebenfalls stark von den Zöllen getroffen. Da viele der Exportprodukte aus diesen Ländern keinen Wettbewerb in den USA zu befürchten haben, werden diese Unternehmen die Zölle auf die Preise überwälzen können. Außerdem profitieren sie auf der Finanzierungsseite vom schwachen US-Dollar. Hier kann eine kleine Beimischung über breit gestreute aktive oder passive Fonds Sinn machen.

*) Dr. Manfred Schlumberger ist Leiter Kapitalmarktanalyse der Fürstlich Castell’schen Bank, einer unabhängigen Privatbank in Familienbesitz, gegründet 1774.

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