Buhmann Demografie?

Demografie verläuft langsam und gibt Märkten massig Zeit, sich anzupassen. Lassen Sie sich vom Buhmann „Demografie“ nicht entmutigen. Von Ken Fisher*

Es gibt keine Arbeitskräfte mehr! Das Wachstum bricht ein! Der Wohlstand sinkt! Experten klagen über das drohende demografische Desaster in Deutschland und weiten Teilen der Eurozone. Immer weniger Erwerbstätige verhindern nach ihrer Aussage das Profitwachstum, während die unproduktiven Älteren die Ressourcen aufbrauchen und so die Wirtschaft ausbluten. Das ist Unsinn.

Demografische Ängste sind absurd und unlogisch. Lassen Sie mich das erklären. Ja, Deutschland wird älter. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) stellt fest, dass im Jahr 1970 rund 13,7% der Deutschen über 65 Jahre alt waren. Im Jahr 2000 galt das für 16,4% und 2022 für 22,1%. In Deutschland stieg der „Altenquotient“ (Verhältnis der Personen im Rentenalter (über 65) zu 100 Personen im erwerbsfähigen Alter) von 26,5 im Jahr 2000 auf aktuell 40,5.

Bis 2050, so die Prognosen der OECD, werden es 58,1 sein. Weniger als zwei Erwerbstätige zur „Unterstützung“ einer älteren Person. Wie schrecklich!

Ein Zeichen von Erfolg

Was also tun? Feiern! Fast alle großen Volkswirtschaften altern relativ gesehen. Das ist ein Zeichen von Erfolg! Mit steigenden Lebensstandards verlängert eine bessere Gesundheitsfürsorge die Lebenserwartung. So kommen produktive Jahre hinzu. Die Länder mit der „besten“ Demografie – vor allem in Afrika – leiden hingegen unter Armut und geringer Lebenserwartung. Es sind keine großen Volkswirtschaften. Keine guten Orte für Investitionen.

Sichtbare Demografie ?

Demografien sind kein Schicksal. Die Bedenkenträger machen das seit Langem stagnierende Wachstum in Ländern wie Italien – dessen BIP seit 2000 um gerade einmal 6% gestiegen ist – an der „ungünstigen“ Demografie fest. In Deutschland haben noch mehr ältere Personen in diesem Zeitraum weder das BIP davon abgehalten, um 28% zu steigen noch den DAX daran gehindert, um 147% zuzulegen. In den Niederlanden explodierte der Altenquotient im selben Zeitraum von 21,9 auf 36,5, doch das BIP wuchs noch stärker – um 39%. Der niederländische AEX-Index stieg um 150%. Es waren strukturelle Faktoren – wie etwa das Fehlen von Technologieunternehmen –, die Italien bremsten, nicht die Demografie.

Produktiver durch Erfahrung

Die Schwarzmaler ignorieren, dass ältere Menschen immer noch Geld ausgeben, jetzt mehr als je zuvor. Betrachten Sie lieber, ihrer langen Datenhistorie wegen, die USA. Im Jahr 1984 gaben Amerikaner im Alter zwischen 25 und 34 um 41% mehr aus als diejenigen zwischen 65 und 74 Jahren. Diese Lücke ging 2022 jedoch auf 12% zurück. Die Älteren investieren und finanzieren so die Wachstumsmagie des Kapitalismus. Sie schenken das Geld ihren Kindern und Enkelkindern, die es dann ausgeben. Belastende Abhängigkeit? Ha! Viele der Älteren arbeiten bis weit in ihr siebtes und achtes Lebensjahrzehnt hinein. Ich selbst bin 73 und es ist kein Ruhestand in Sicht.

In der heutigen dienstleistungs- und wissensbasierten Wirtschaft kann ihre Erfahrung die älteren Beschäftigten produktiver machen. Die Demografie-Schwarzmaler extrapolieren die jüngsten Trends – wie die rückläufigen Geburtenraten in den meisten Ländern der Eurozone. In Deutschland weist diese jedoch – nach Jahrzehnten des Rückgangs – seit Mitte der 1990er-Jahre nach oben. Niemand weiß, ob es anderswo zu einer ähnlichen Umkehrung kommen wird. Oder wie viele ausgebildete Arbeitskräfte durch Zuwanderung in diese Länder kommen werden. Oder wie Erfindungen zu neuer Effizienz führen werden, wie immer.

Ken Fisher

Schauen wir auf die Auswirkungen der Mikrochips. Oder den Motor von Rudolf Diesel. Oder die Druckerpresse von Johannes Gutenberg! Aktien? Sie preisen Einflussfaktoren für die Profitabilität der Unternehmen über etwa drei bis zu 30 Monate ein. Alles, was weiter entfernt ist, kann niemand wissen. Demografische Trends entwickeln sich langsam über Jahrzehnte und geben so den Märkten massig Zeit, sich anzupassen. Lassen Sie sich vom Buhmann „Demografie“ nicht entmutigen.

*) Kenneth Lawrence Fisher ist ein US-amerikanischer Investment-Analyst sowie Gründer und Vorsitzender von Fisher Investments, einer Firma für Finanzberatung und Vermögensverwaltung mit Sitz in Camas, Washington. Mitte 2007 hatte sein Vermögensverwaltung eine Beteiligung an der deutschen Grüner Investments GmbH erworben, seither lautet der Firmenname der Deutschland-Sparte Grüner Fisher Investments GmbH.

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