Mittelstandsanleihen: Heile, Heile Gänschen, es ist bald wieder gut – ein Kommentar von Ralf Meinerzag, Steubing

Die Rickmers Anleihe über 275 Mio. EUR ist noch nicht ausgefallen. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „noch“. Der Küchenhersteller ALNO hat eine Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Damit hatten viele Marktteilnehmer gerechnet – spätestens seitdem mit dem Wechsel im Vorstand es schon fast zu der logischen Konsequenz vom Verschieben der Veröffentlichung der Bilanz gekommen war. „Nachdem ALNO-CEO Max Müller am 31. Mai ad hoc das Unternehmen verlassen hatte, war die finale Nachricht nur eine Frage der Zeit: ALNO rettet sich vor der Zahlungsunfähigkeit durch die Flucht in die Eigenverwaltungssanierung.“ (BondGuide 12. Juli 2017)

Es gibt eben keinen großen Aufschrei mehr wie im letzten Jahr. Das zeigt auch, dass Markt und Investoren leidensfähig geworden sind. So schockiert es auch nicht mehr, dass neben ALNO auch Beate Uhse die Veröffentlichung ihrer Bilanzen verschoben hat. Die Verschiebung der Veröffentlichung wurde übrigens ebenfalls von einem neu berufenen Vorstand vorgenommen. So betrachten wir momentan auch gespannt Golfino, wo sich letzte Woche der langjährige Finanzchef von heute auf morgen – natürlich im gegenseitigen Einverständnis – verabschiedete.

Interessant ist auch die „Variante“ des Sanitärspezialisten Sanha. „Sanha will die Gläubiger seiner 37,5-Mio-Anleihe zu Zugeständnissen bewegen. Der Sanitärhersteller will die Mittelstandsanleihe um fünf Jahre verlängern, ursprünglich sollten die Mini-Bond-Holder ihr Geld im Juni 2018 wiederbekommen. Außerdem sollen sie einen gesunkenen Zinssatz von 5,5% hinnehmen, bisher lag er bei 7,75%.“ (Finance Magazin, 20. Juni) Aber dafür wird der Kupon halbjährlich gezahlt – statt wie bisher jährlich. Einen Haken gibt es wohl dabei: Bei geschrumpften Umsatz und Gewinn im letzten Jahr konnte der 7,75%-Kupon nicht mehr aus dem Cashflow bezahlt werden. Zusätzlich besichert Sanha die prolongierte Anleihe teilweise mit einem Immobilienbestand von fast 10 Mio. EUR, sowie möchte das Unternehmen ab Dezember 2019 jährlich 10% vom Nominalwert der Anleihe zurückkaufen. Auch das sehen wir nicht als wirklich sehr attraktiv für Investoren an.

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

Fondsmanager Ralf Meinerzag (r.) und Roger Bürgin

Es ist bald wieder gut
Weit davon entfernt die Welt der Mittelstandsanleihen in einem düsteren Grau zu betrachten, wollen wir aber auch davor warnen, alles in einem Rosarot zu sehen. Der Markt ist nicht unattraktiv – aber teilweise noch immer gefährlich – insbesondere die kontaminierten Altlasten. Deswegen sind wir der Meinung, dass nicht alles bald wieder gut ist – aber durchaus alles wieder möglich.

Juli 2017
Pressekontakt: Klaus-Karl Becker
+49 172 61 41 955, presse@steubing.com,
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