ERWE Immobilien kommt auf AGV durch – aber nicht mit allem

ERWE Immobilien AG

Die in finanzielle Schräglage geratene ERWE Immobilien hat sich auf der AGV etwas Zeit erkauft – der Debt-to-Equity-Swap kam indes nicht durch.

Nachdem der Spezialist für Gewerbeimmobilien seine letzten fälligen Zinsen bei Anleihe 2019/23 nicht beglichen hatte, ging es bei der AGV jetzt zum Monatswechsel nicht zuletzt um eine – nachträgliche – Stundung der Zinsen. Gemessen am Emissionszeitpunkt Dezember 2019 war der Kupon von 7,5% für Außenstehende ohnehin ungewöhnlich hoch. Es hätte ein erstes, gewisses Warnsignal sein müssen. Trotzdem investierten Anleger:innen 40 Mio. EUR.

Auch stimmten die Gläubiger:innen für einen Verzicht auf die gewohnten Sonderkündigungsrechte bei Verzug. Dieser Verzicht allein war essentiell, um überhaupt noch etwas zu verhandeln zu haben. Diese Aufgabe kommt jetzt dem gewählten gemeinsamen Vertreter (gV) Gustav Meyer zu Schwabedissen zu – ein Name, den man in der AGV-Szene nicht eigens vorstellen muss aktuell. Der Wunsch des ERWE-Managements war er nicht unter den drei angetretenen Kandidaten – dies wiederum gemeinhin ein gutes Signal für Gläubiger:innen.

Als erstes ist jetzt ein Kapitalschnitt vonnöten, und zwar gleich 20 zu 1. Nur so können Wertverluste in der Bilanz notdürftig geflickt werden. Anschließend wäre ein Debt-to-Equity-Swap möglich, also der Tausch des kritischen Fremdkapitals in Eigenkapital der AG. Doch den Debt-to-Equity-Swap mochten die Anleiheinvestoren nicht mitgehen. Noch nicht jedenfalls. Aufgeschoben sei aber nicht aufgehoben, wird der Head of IR zitiert – da höchstwahrscheinlich ohnehin alternativlos. Zukünftige ehemalige Anleihegläubiger würde nach dem Tausch fast fünf Sechstel der ERWE gehören.

Doch reichen würde es immer noch nicht. Als nächstes müsste eine Kapitalerhöhung her, um den laufenden Betrieb für mindestens die kommenden zwölf Monate zu sichern – gerechnet ab Zeitpunkt des Swaps, der seinerseits noch in der unklaren Ferne zu liegen scheint.

Die Anfang Juni halbjährlich fälligen Zinsen konnte ERWE nicht zahlen, also rund 1,5 Mio. EUR. Die Liquidität muss also schon wirklich hart auf Kante stehen. Im Geschäftsbericht für 2022 kann man das leider nicht nachlesen, denn den gibt es noch nicht: Der Wirtschaftsprüfer hätte ohnehin kein Testat erteilt ohne positive Fortführungsprognose für mindestens die nächsten zwölf Monate.

Ohne Testat wiederum möchte ERWE keinen Jahresabschluss präsentieren. Um das Bild abzurunden, fehlen daher auch die Zahlen für das erste Quartal.

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