Die Kausalketten hinter der protektionistischen Neuausrichtung

Die Rückkehr von Trump ins Weiße Haus hat eine Phase protektionistischer Neuausrichtung beschert – und globale Unsicherheit eingeläutet. Von Ufuk Boydak, LOYS*

Viele US-Unternehmen, aber auch europäische und japanische Firmen werden unter den neuen Bedingungen leiden. Neben vielen Verlierern wird es kurzfristig wenige Gewinner geben. Grundsätzlich folgen die Abläufe jetzt volkswirtschaftlichen und marktbezogenen Kausalketten, die in der Tendenz negativ sind. Für Investments sind selektive Titelauswahl, hohe Qualität, regionale Diversifikation und ein Auge für robuste Geschäftsmodelle mit operativer Flexibilität entscheidend.

Die umfassenden Zollerhöhungen auf Importe erhöhen die Kosten signifikant, was entlang der Wertschöpfungskette zu Preiserhöhungen für Endverbraucher führt. So stiegen während Trumps erster Amtszeit die Preise für Waschmaschinen um durchschnittlich 86 USD. Aktuelle Zölle, insbesondere auf Vorleistungen aus Kanada und Mexiko, betreffen nun jedoch ganze Produktionsprozesse. Und das vor allem in der Automobil- und Luftfahrtbranche, in denen Vorprodukte mehrfach über die Grenzen hinweg gehandelt werden. Viele Unternehmen geben die gestiegenen Importkosten an die Konsumenten weiter.

Neuausrichtung der USA in Richtung Isolation

Neuausrichtung der USA in Richtung Isolation durch Protektionismus

Diese Weitergabe der höheren Preise an die Verbraucher führt zu realen Einkommensverlusten. Haushalte mit niedrigem Einkommen sind besonders betroffen, da sie einen höheren Anteil ihres Budgets für Lebensmittel und Konsumgüter aufwenden müssen. Es sinkt die reale Kaufkraft, was die Konsumnachfrage belastet. „Dazu kommt die Unsicherheit über weitere Eskalationen im Handelskonflikt. Das Vertrauen der Verbraucher in die wirtschaftliche Entwicklung sinkt, was sich negativ auf größere Anschaffungen auswirkt. […]

Besonders betroffen sind Nahrungsmittel und industrielle Vorprodukte. Die FED gerät in ein Dilemma: Eine Unterstützung der Konjunktur durch Zinssenkungen könnte die Inflation weiter anheizen. Und mehr noch: Die Kombination aus sinkendem Wachstum und steigender Inflation erinnert an die 1970er Jahre und die herrschende Stagflation. Eine solche wäre eines der gefährlichsten Szenarien für die Notenbank, da konjunkturelle Stimulierung gleichzeitig die Preisstabilität gefährdet. […]

Als erstes leidet die US-Autoindustrie, Ford und GM rechnen mit Gewinnrückgängen im Milliardenbereich, weil hier die massiven Kosteneffekte durch verteuerte Vorleistungen auf sinkende Nachfrage treffen. Dazu kommt der Technologiesektor wegen seiner hohen Abhängigkeit von asiatischen Zulieferern.

Zudem fallen Exportmärkte durch Gegenmaßnahmen weg: So sehen sich exportorientierte Farmer mit Absatzverlusten und einem Preisverfall bei Agrarprodukten konfrontiert – ausgelöst durch Gegenzölle wichtiger Handelspartner. Gleichzeitig belasten gestiegene Betriebskosten die Rentabilität vieler Betriebe. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung dürfte daher auch in landwirtschaftlichen Regionen zunehmend für Unmut sorgen. Leiden wird auch der US-Maschinen- und Anlagenbau: Projekte werden verschoben oder gestrichen, die höheren Einkaufskosten setzen die Gewinne unter Druck. […]

Kapitalmarktseitig könnten sich die Unsicherheiten negativ auf US-amerikanische wie europäische und japanische Aktien auswirken – vor allem Small und Mid Caps mit starker Exportausrichtung. Die aktive Titelauswahl wird damit umso entscheidender: Unternehmen mit lokalisierter Fertigung, geringer US-Exposure-Sensibilität und hoher Anpassungsfähigkeit gewinnen an Bedeutung.

Ufuk Boydak, LOYS AG

*) Ufuk Boydak ist Vorstandsvorsitzender der LOYS AG, einer auf wertorientierte Aktienanlage spezialisierte Investmentboutique mit bewährter, konservativer und antizyklischer Anlagestrategie. Gegründet 1995, ist LOYS heute an den Standorten Frankfurt am Main, Oldenburg, Chicago und Zug vertreten und zählt zu den etablierten Investmentboutiquen im deutschsprachigen Raum.www.loys.de

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