Denkansätze zur Coronakrise und ihrer Folgen

Toilettenpapier

Damit dürfte auch der allgemeine Anlagenotstand anhalten und Anleger nach der Krise grundsätzlich wieder zum Kauf von höher verzinslichen Anleihen und realen Werten, wie Aktien und Immobilien, motivieren. Allerdings ist zumindest kurzfristig von einer stärkeren Differenzierung auszugehen. Zinsdifferenzen in Anleihesegmenten mit schlechterer Bonität dürften angesichts der Gefahr verstärkter Ausfälle in den kommenden Monaten noch länger ausgeweitet bleiben.

Aktien sind Gewinner und Verlierer gleichermaßen

Zu den Gewinnern dieser Krise gehören Forschung und Wissenschaft, die endlich die Beachtung erfahren sollten, die ihnen zusteht. Nicht zuletzt die offensichtlich deutlich gesteigerte Rolle von Wissenschaftlern in politischen Entscheidungsprozessen ist dafür ein Beleg. Schon vor der Krise wurde medizinisches Wissen nahezu in Echtzeit international geteilt. Wissenschaftliche Arbeit über Ländergrenzen hinweg wird Normalität werden, vor allem bei der Begegnung globaler Problemfelder, wie etwa einer Virusinfektion.

Künstliche Intelligenz (KI) wird die Auswertung aller weltweiten Daten und damit die Fortschritte der Wissenschaft beschleunigen. Die Chancen auf ein globales Miteinander sind zumindest im Feld der Wissenschaft gestiegen. Große und forschungsintensive Unternehmen werden die Gewinner sein, aber auch Hersteller von KI im medizinischen Bereich.

Homeoffice

Zudem sind Unternehmen mit schlanken Produktionsprozessen und Plattformen im Vorteil. Am Beispiel der deutschen Automobilindustrie: Je komplexer das herzustellende Auto, desto länger braucht das Hochfahren der Produktion. Am Ende fehlt möglicherweise der Verbandskasten aus Asien oder die Glühlampe und das Auto kann nicht ausgeliefert werden. Unternehmen mit weniger komplexen Prozessen werden daher relativ besser abschneiden. Schon heute benötigt bspw. Tesla nur einen Bruchteil der Teile, die ein Hersteller eines Fahrzeugs mit Verbrennungsmotor benötigt.

Verstärkte Investitionen in das Gesundheitswesen

Vor allem die besonders stark von der Corona-Pandemie betroffenen Staaten wie China, Italien oder auch die USA werden nach der Krise einigen Aufwand und deutlich höhere Kosten in Kauf nehmen, um die Wiederholung eines solchen Krisenszenario auszuschließen. Entsprechend gut positionierte und schnell lieferfähige Unternehmen aus dem Gesundheitssektor dürften von der resultierenden höheren Nachfrage profitieren. Auch in Deutschland ist davon auszugehen, dass zumindest kein weiterer Abbau von Krankenhauskapazitäten erfolgt, sondern vielmehr an besonders kritischen Stellen sogar mehr investiert wird. Hinzu kommen die absehbaren Bestrebungen, Teile der Gesundheitsversorgung, etwa die Produktion wichtiger Medikamente, wieder ins Inland zu verlegen.

Veränderte Immobiliennachfrage

EM 2020

Auch auf nicht direkt von der Coronakrise betroffene Anlagesegmente sind Auswirkungen zu erwarten. So könnte der seit Jahren boomende Büroimmobilienmarkt in Deutschland weniger Nachfrage erfahren. Einerseits werden kurzfristig geplante Umzüge oder Immobilienkäufe, wie zur Vergrößerung der Kapazitäten, sicher in vielen Fällen aufgeschoben werden. Nachdem die Krise verdeutlicht hat, wie gut größtenteils das dezentrale Arbeiten aus dem Home Office funktioniert, dürfte der schon jahrelang steigende Trend, nach dem Unternehmen nicht mehr für alle Angestellten einen eigenen Büroarbeitsplatz bereit halten, einen Anschub erhalten. Vielmehr werden Heimarbeitsplatzkapazitäten eine strukturell höhere Bedeutung erhalten und dadurch ggf. sogar die Nachfrage nach Wohnimmobilien ankurbeln. Auch Logistikimmobilien dürften aufgrund verstärkter Lagerhaltung eine zusätzliche Nachfrage erfahren.

Alternative Anlagen ohne tägliche Preisschwankungen

Nicht an der Börse gehandelte Anlagen konnten in der jüngsten Krise eine ihrer größten Stärken ausspielen: Sie unterliegen keinen oder zumindest deutlich reduzierten kurzfristigen Preisschwankungen. Vor allem für bilanzierende Anlegergruppen bietet dies einen wesentlichen Vorteil, denn es bedarf keiner Abschreibungen auf den jeweiligen Marktpreis, wodurch ein stabilisierender Effekt für das Gesamtvermögen entsteht. Entsprechende Anlagen, wie Immobilien, Private Debt, Private Equity, Infrastruktur etc. dürften daher strukturell höhere Gewichtungen erhalten.

*) Carsten Mumm ist Chefvolkswirt des Bankhauses DONNER & REUSCHEL, Frank Wieser Geschäftsführer von PMP Vermögensmanagement