Bodenbildung bei russischen Bonds

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten, Baader Bank AG

Kapital ist bekanntlich ein scheues Reh. Und wenn der russische Bär dem Reh Angst macht, setzt ein Fluchtreflex ein. So war es auch am Kapitalmarkt zu beobachten. Wegen der Krim-Krise zogen Investoren massiv Kapital aus Russland ab. Die Risikoaufschläge für russische Staatsanleihen stiegen schon seit Wochen. Und doch gibt es Anleger, die die Zeit für gekommen sehen, wieder einzusteigen.

Es ist der Kreml selbst, der für das erste Quartal 2014 mit Kapitalabflüssen von bis zu 70 Mrd. USD rechnet. Damit würde innerhalb von drei Monaten mehr Geld das Land verlassen als im gesamten vergangenen Jahr, als 63 Mrd. USD abgezogen wurden. Und weil der massive Kapitalabzug die Zinsen in die Höhe treibt, hat das russische Finanzministerium mit dem Hinweis auf „unvorteilhafte Marktbedingungen“ schon zum vierten Mal in Folge eine Auktion von Staatsanleihen abgesagt. Offenbar entfalten hier die verschärften Wirtschaftssanktionen gegen Russland bereits ihre Wirkung, die laut dem Münchner Ifo-Institut Russland deutlich stärker treffen als die EU. Demnach machen die Exporte Russlands in die EU 15% der Wirtschaftsleistung des Landes aus, Ausfuhren nach Russland hingegen nur 1% der EU-Exporte. Vor diesem Hintergrund haben die Bonitätsprüfer von Standard & Poor’s und Fitch Ratings angedroht, die Kreditwürdigkeit Russlands zu senken.

Foto: © PantherMedia/BURDEPhotography

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Nachdem auch der Rubelkurs in den vergangenen Wochen deutlich an Wert verloren hat, erholte sich die russische Währung zuletzt wieder etwas. Ebenso erging es den Anleihekursen, bei denen Anzeichen für eine Bodenbildung zu erkennen sind. So notiert ein auf US-Dollar lautender Bond der russischen Föderation (WKN: 249138) mit Laufzeit Juli 2018 und ca. 3,49% Rendite einen Punkt höher als in der Vorwoche. Dieselbe Entwicklung ist auch bei auf Rubel lautenden Anleihen zu beobachten, was das Beispiel eines bis Februar 2027 laufenden Bonds (A1G10S), der mit ca. 8,96% rentiert, belegt. Dieses Papier hat sich sogar von seinem jüngst erreichten Tief bei 91,44% auf ein Niveau von über 95% erholt.

Auch bei ukrainischen Staatsanleihen, die sowohl in Euro als auch US-Dollar in hohen Stückelungen begeben wurden, scheinen die Tiefs der jüngsten Tage ebenfalls überwunden zu sein. So hat sich ein auf Euro lautender Bond aus Kiew (A0GGXG) mit Laufzeit Oktober 2015 und ca. 10,71% Rendite von seinem Tief bei 81,75% wieder auf über 90% hochgearbeitet. Auch eine bis September 2020 laufende ukrainische Staatsanleihe in USD (A1A1H7), die mit 9,40% rentiert, hat von 80,65% auf zuletzt 90,65% zugelegt.

Diese Entwicklung wird von der Hoffnung der nahezu bankrotten Ukraine gestützt, in Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mindestens 15 Mrd. USD Kredit zu erhalten, was offenbar gelungen ist. Näheres hierzu wurde gestern auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Zuvor hatte sich der IWF noch mit anderen potenziellen Geldgebern abgestimmt. Die Ukraine soll allein bei einem einzigen Gläubiger rund 16 Mrd. USD Schulden haben – ausgerechnet bei ihrem Nachbarn Russland.

image.785182542.jpeg_SHELLGroße europäische Emittenten stürmen Kapitalmarkt
Diese Woche schlug am Primärmarkt die Stunde großer europäischer Emittenten. So begab der niederländisch-britische Ölkonzern Royal Dutch Shell zwei Anleihen mit 7 und 12 Jahren Laufzeit. Die Emissionen über je 1 Mrd. EUR wurden als 7-jährige Anleihe (A1ZE3H) mit einem Kupon von 1,625% bei 33 Basispunkten (bp) über Mid-Swap und mit einem Kupon von 2,50% bei 48 bp über Mid-Swap für die 12-jährige Anleihe (A1ZE3J) gepreist.

Glencore, der weltweit größte Rohstoffhändler, emittierte ebenfalls eine 7-jährige Anleihe (A1ZFF9) mit Fälligkeit April 2021 und eine 12-jährige Anleihe (A1ZFGA) mit Fälligkeit April 2026. Die Kupons weisen 2,75% respektive 3,75% aus. Gepreist wurde die 7-jährige, 600 Mio. EUR schwere Anleihe bei 148 bp über Mid-Swap. Der Emissionspreis betrug 99,448%. Die 12-jährige Anleihe mit einem Volumen von 500 Mio. EUR wurde bei 178 bp über Mid-Swap gepreist, was einen Emissionspreis von 99,431% bedeutete.

EADS, Europas größter Luft- und Raumfahrt- sowie zweitgrößter Rüstungskonzern, legte eine 10-jährige Anleihe (A1ZFGC) mit Fälligkeit April 2024 auf. Der Kupon des 1 Mrd. EUR schweren Bonds beträgt 2,375%. Gepreist wurde die Anleihe bei 58 bp über Mid-Swap, was einem Emissionspreis von 99,833% entsprach. Swisscom, neben der Schweizer Post eine Nachfolgerin der ehemaligen staatlichen PTT und heute ein führendes Telekommunikations-Unternehmen der Schweiz, begab eine 7-jährige Anleihe (A1ZFEN) mit Fälligkeit September 2021 und einem Volumen von 500 Mio. EUR. Der Kupon beträgt 1,875%. Gepreist wurde die Anleihe zum Kurs von 99,076% bzw. bei 58 bp über Mid-Swap.

188x128---DB2014AL01824_smallBesondere Aufmerksamkeit unter Investoren erzielte Volkswagen, die bereits in der vergangenen Woche zwei Hybridanleihen im Volumen von insgesamt 3 Mrd. EUR emittierte. Eine Tranche ist mit einem Kupon von 3,75% sowie einem Emittentenkündigungsrecht (Call) zum 24.03.2021 und die andere mit einem Kupon von 4,625% sowie einem Call zum 24.03.2026 ausgestattet. In dieser Woche trat zusätzlich VW Leasing am Kapitalmarkt in Erscheinung und begab eine 3,5-jährige Anleihe (A0JCC1) mit Fälligkeit September 2017 und eine 8-jährige Anleihe (A0JCC0) mit Fälligkeit April 2022. Die Kupons der jeweils im Volumen von 750 Mio. EUR begebenen Bonds liegen bei 1% bzw. bei 2,125%. Gepreist wurde der 3,5-jährige Bond bei 37 bp über Mid-Swap, womit der Emissionspreis bei 99,728% lag. Das 8-jährige Wertpapier wurde bei 67 bp über Mid-Swap bzw. 99,506% gepreist.

Klaus Stopp,
stellvertretender Leiter Rentenhandel der Baader Bank

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