„Bieten mit diesem Angebot einen guten Kompromiss“

Anleihe 2019/24 der Huber Automotive wird schon im April fällig. Der renommierte Automotive-Spezialist wünscht daher, die Laufzeit noch zeitnah durch AGV-Beschluss verlängern zu lassen. BondGuide sprach mit Namensgeber, Gründer und CEO Martin Huber.

>> aus BondGuide 06-2024 vom 22. März

Herr Huber, zunächst einmal zum Großen Bild: Wie steht es aktuell um die deutsche Automobil-Zuliefer-Industrie im Allgemeinen?
Die Automobilindustrie ist weltweit mitten in einem Transformationsprozess. Dies betrifft nicht nur die Fahrzeughersteller, sondern auch die Zuliefer-Branche. Aktuell haben wir zumindest übergangsweise zahlreiche Antriebsvarianten vom Diesel und Benziner über diverse Hybridvarianten bis zum reinen Elektrofahrzeug. Langfristig hat der batterieelektrische Antrieb vermutlich das höchste Entwicklungspotenzial. Kontinuierlich steigende Batteriekapazitäten, kürzere Ladezeiten, kostengünstigere Designansätze und deutlich weniger Bauteile werden vermutlich bald dazu führen, dass die Fahrzeuge günstiger werden als die mit Verbrenner. Bidirektionales Laden wird der Elektromobilität nochmals weitere Attraktivität verschaffen. In China wurden vergangenes Jahr bereits mehr als 9 Mio. E-Fahrzeuge gebaut. Europa liegt hier weit zurück und die aktuelle Zurückhaltung und Renaissance des Verbrenners wird den Rückstand zu Chinas Produktionszahlen noch vergrößern.

Hat das Konsequenzen für das Land der Erfindung des Automobils?!
Die Automobil-Zuliefer-Industrie profitiert von der derzeitigen Antriebs- und der damit verbundenen Teilevielfalt. Mittelfristig wird diese Vielfalt aber entfallen und wird Konsequenzen haben. Wir beschäftigen uns seit 2010 mit dem Thema Elektromobilität und haben unser Produktportfolio zu großen Teilen darauf ausgerichtet. Da ändert auch ein vorübergehender Nachfragerückgang nichts, denn fast bei jeder Innovation kommt nach der Euphorie die Ernüchterung. Dies wird nur ein kurzer Einbruch sein, und den Durchbruch nur beschleunigen, weil jetzt wettbewerbsfähige Fahrzeugpreise verkaufsentscheidend sind. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass der weltweite Marktanteil von Battery Electric Vehicles von derzeit 13% deshalb kontinuierlich weiter wachsen wird.

„Europa liegt beim Elektroantrieb weit zurück und die aktuelle Zurückhaltung und Renaissance des Verbrenners wird den Rückstand zu Chinas Produktionszahlen noch vergrößern.“

Und, das heißt für unsere heimische Expertise in diesem Metier?
Wir sehen ein großes Marktpotenzial sowohl in der klassischen Fahrzeugelektronik als auch bei Batteriemanagement-Komponenten. Sowohl Fahrzeugherstellern als auch Tier-1 bieten wir Soft- und Hardware Entwicklungen an, als auch die Serienfertigung von Elektronikkomponenten. Neue Prozessoren sind inzwischen auch geeignet KI-Software im Embedded-Bereich einzusetzen. Auch hier entsteht ein großer Wachstumsbereich. Darüber hinaus bieten wir E-Drive und Hybrid-Gesamtsysteme für Spezialmärkte an, wie für den Untertagebergbau. Für den LandCruiser J7 bieten wir ein batterieelektrisches Antriebs- Gesamtsystem, basierend auf Komponenten namhafter Serienhersteller.

Also genug zu tun bei Huber Automotive beispielsweise via Diversifizierung?

Wachstumspotenziale gibt es also genug. Und wir wollen weiter wachsen. Zum einen ist es unser Bestreben, die Diversifikation zu erhöhen. Sowohl was das Kundenportfolio betrifft, als auch die Märkte. In Bezug auf die Märkte sprechen wir nicht nur von einer geografischen Betrachtung, sondern auch von der Diversifikation hinsichtlich PKW-, Nutzfahrzeug-Segment sowie dem Untertagebau. Damit könnten wir Absatzrisiken minimieren und Schwankungen entgegenwirken. Vertikal möchten diversifizieren, in dem wir OEMs, Tier-1 und Engineering Dienstleister bedienen. Dass wir mit unseren Ansätzen auf dem richtigen Weg sind, zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, in denen wir unseren Umsatz vervielfachen konnten.

„Dass wir mit unseren Ansätzen auf dem richtigen Weg sind, zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, in denen wir unseren Umsatz vervielfachen konnten.“

Zu wie viel Prozent ungefähr hängt Huber Automotive am Tropf der weiteren E-Mobilisierung?
Aktuell sind wir im Wesentlichen auf New-Mobility-Themen ausgerichtet und generieren mehr als 90% unseres Umsatzes damit. Im Bereich Verbrenner-Antriebstechnik haben wir keine Produkte in Serie. Ein Großteil des derzeitigen Umsatzes kommt von Produkten rund um die Batterie, Battery Management Controller, Cell Monitoring Controller, Battery Gateway, etc. Im Bereich Hybrid- und E-Drive Systeme beschränken wir uns auf Nischenmärkte. Grundsätzlich sind wir aber so aufgestellt, dass wir Elektronik für eine große Anwendungsbreite entwickeln und fertigen können. Der gemeinsame Nenner ist hier die Automotive-spezifische Software Architektur AUTOSAR, auf der alle unsere Entwicklungen basieren. Unser Fokus liegt hier auf sicherheitskritischen Anwendungen.

Mercedes hat jüngst seine ‚E‘-Pläne zurechtgestutzt – das traditionelle Geschäft mit Verbrennern bleibe nun doch weiterhin dominant. Kommen Ihnen solche Fokus-Korrekturen entgegen oder eher weniger?
Da wir unsere Diversifikation bereits erfolgreich begonnen haben und diese weiter ausbauen, sind wir von diesen punktuellen Kursänderungen einzelner OEMs nicht betroffen. An der E-Mobilität und deren Ausbau kommt kein OEM vorbei. Wir betrachten uns deshalb als gut positioniert, da die Huber Automotive ihren Kunden im Elektronikbereich ein durchgängiges Leistungsspektrum von der Konzeption, Entwicklung über Testing bis hin zur Serienproduktion anbieten kann, das auch weit über die E-Mobilität hinausgeht. In dieser Bandbreite gibt es nur sehr wenige Zulieferbetriebe unter 1.000 Mitarbeiter, die alles aus einer Hand anbieten können. Bei Huber Automotive sind derzeit aber nur rund 260 Mitarbeiter beschäftigt.

„Wer künftig ‚Preferred Supplier‘ sein möchte, der muss sich global aufstellen.“

Es drängt sich inzwischen der Eindruck auf, China würde der traditionellen, über ein Jahrhundert alten europäischen Automobilindustrie in punkto e-Mobilität das Wasser abgraben – Sie hatten es eingangs schon angeschnitten. Lässt sich noch etwas retten oder sind die Weichen gestellt?
Ein Automotive Research der LBBW aus dem letzten Jahr 2023 hat ermittelt, dass die Autoproduktion in Westeuropa bis 2028 um rund 22% zurückgehen wird. In China dagegen soll im gleichen Zeitraum die Produktion um 228% zulegen. Im E-Fahrzeugbereich erscheint die Übermacht groß und der momentane Einbruch wird den Abstand noch weiter vergrößern. Was bedeutet das für Huber Automotive? Wer künftig ‚Preferred Supplier‘ sein möchte, der muss sich global aufstellen und in Asien, vorzugsweise in China, sowie im USMCA-Raum und in der EU einen Fertigungsstandort vorweisen. Wir orientieren uns deshalb an diesen Erfordernissen.

Anleihe 2019/24 wird Mitte April fällig. Weshalb haben Sie sich denn dermaßen lange Zeit gelassen mit dem Aufruf, die Laufzeit zu verlängern?
Die Planung für die Refinanzierung der Anleihe hatten wir bereits vor gut einem Jahr begonnen. Und wir waren optimistisch, die notwendigen Voraussetzungen zeitnah erreichen zu können. Wir haben sicherlich den Fehler gemacht, in dieser Phase keine aktivere Kommunikation zu den Investoren und mit den Medien umgesetzt zu haben. Und wie gesagt, wir wollten ursprünglich eine neue Anleihe emittieren.

…zumal eine LZ-Verlängerung, noch dazu ohne Aussetzung der Zinszahlung oder Reduzierung künftiger Kupons, nicht sonderlich ehrenrührig ist. Was genau war das Problem?
Uns waren die Hände gebunden. In den zurückliegenden Geschäftsjahren gab es unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Bewertung von Bilanzpositionen, die wir nicht auflösen konnten. Wir konnten hier keine Einigung mit den zuständigen Wirtschaftsprüfern finden. Aus diesem Grunde haben wir Grand Thorton für die Geschäftsjahre 2021/22 und 2022/23 mandatiert und darum gebeten, einen Konsens zu finden. Erst zum 08.03.2024 waren wir deshalb in der Lage, erste vorläufige Zahlen vorzulegen. Das war aus unserer Sicht die Voraussetzung, um mit den Anleihegläubigern ins Gespräch zu gehen und eine Prolongation vorzuschlagen, die uns ausreichend Zeit für weitere Gespräche mit Investoren verschafft, um die Eigenkapitalbasis zu stärken.

„Wir sind uns der Bedeutung dieser Dialoge bewusst und werden die Kommunikationsdefizite aus der Vergangenheit beheben.“

Entwicklung bei Huber Automotive
Die Anleihe über 25 Mio. EUR wurde im April 2019 ja im Zuge einer institutionellen Privatplatzierung emittiert. Kennen Sie denn noch einige größere Investoren, deren Wohlverhalten man durch direkte Ansprache für Erreichen der Quoren sichern könnte?
Wir sind mit diversen Investoren in Kontakt, die kleinere und größere Tranchen der Anleihe halten. Hier sehen wir den klaren Trend, dass unser Prolongationsbestreben unterstützt wird. Wir sind uns der Bedeutung dieser Dialoge bewusst und werden die Kommunikationsdefizite aus der Vergangenheit beheben.

Insofern: Bestehen plausible Aussichten, das Teilnahmequorum von 50% auf der ersten AGV zu erreichen oder setzen Sie lieber gleich auf die 2te AGV ca. 2-3 Wochen später, dann mit 25% Quorum? Auf jeden Fall wird es zeitlich bereits eng.
Dass wir ein enges Zeitfenster haben, ist uns bewusst. Wir sind davon überzeugt, dass wir gute Chancen haben, das erforderliche Quorum im ersten Durchgang erreichen zu können. Es wäre deshalb schön, wenn wir so viel Anleger wie möglich mit unserem Aufruf erreichen, an der Abstimmung teilzunehmen und für eine Verlängerung zu stimmen. Damit könnten wir die Unsicherheit reduzieren und kurzfristig für Klarheit beim Refinanzierungsrisiko sorgen. Es würde Planungssicherheit bringen und alle Kräfte könnten wieder zur Weiterentwicklung des Unternehmens eingesetzt werden. Einen zweiten Durchgang möchten wir in jedem Fall vermeiden.

Nun soll die Laufzeit der Anleihe lediglich um drei Jahre verlängert werden, also bis 2027. Warum nicht Planungssicherheit bis 2029 mit Verlängerung um fünf Jahre? Eine vorzeitige Tilgung oder auch Teiltilgung hätte man doch trotzdem festlegen können.

Martin Huber

Martin Huber

Hier haben wir die eigenen Interessen und die der Anleihegläubiger abgewogen und sind zu der Auffassung gekommen, dass eine fünfjährige Verlängerung den Investoren nicht zugemutet werden kann. Ebenso sahen wir die Zinsanpassung an die aktuellen Marktgegebenheiten mit einer Erhöhung von 6 auf 7,5% für angemessen. Diese Zeitspanne muss ausreichen, um die Eigenkapitalbasis durch Investoren zu stärken. Im ersten Schritt erfolgt dies nach erfolgreicher Prolongation durch Gesellschafterdarlehen aus unserer Firmengruppe in Höhe von 2,5 Mio. EUR. Ich denke mit diesem Angebot haben wir einen guten Kompromiss gefunden, der auch für die Anleihegläubiger akzeptabel ist.

Herr Huber, ganz herzlichen Dank für Ihre Zeit und die detaillierten Einblicke in diese so charakteristische deutsche Industrie!

Interview: Falko Bozicevic

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