Ausblick 2024: wenn Schnäppchenpreise Geschichte sind

Nach der beeindruckenden Performance 2023 sind die Bewertungen europäischer Aktien jetzt bereits nicht mehr so günstig – Schnäppchenpreise sind out. Von Michael Field*

Zum ersten Mal seit 18 Monaten wird der Markt mit einem Aufschlag von vier Prozent auf den von Morningstar geschätzten fairen Wert gehandelt. Die günstigen Bewertungen von Mitte, Ende 2022 sind damit endgültig vorbei, aber der Markt ist auch nicht unbedingt teuer.

Auffallend ist die Diskrepanz zwischen den Bewertungen der Aktienmärkte und der Gesundheit der Wirtschaft, die nie so deutlich war wie zurzeit. Während des gesamten Jahres 2023 stand die europäische Wirtschaft am Rande einer Rezession, ein Trend, der aufgrund der Auswirkungen der historisch hohen Zinssätze voraussichtlich bis in die ersten Wochen des Jahres 2024 anhalten wird. Betroffen sind insbesondere das verarbeitende Gewerbe und der Dienstleistungssektor, die anhaltende Rückgänge verzeichnen. Die Ausgaben von Verbrauchern und Unternehmen bleiben schwach, weil beide Gruppen mit der doppelten Herausforderung von steigenden Preisen und zunehmenden Schuldenkosten zu kämpfen haben.

Von 2023 nach 2024

Schnäppchenpreise ausverkauft?

Schnäppchenpreise ausverkauft?

Beim Übergang vom alten ins neue Jahr findet ein Wechsel unter jenen Wirtschaftsbereichen statt, die sich am besten entwickeln. 2023 war es der Energiesektor, der die Aktienrenditen anführte und erneut um einen zweistelligen Prozentsatz stieg, dicht gefolgt von Grundstoffen und Industriewerten. In die entgegengesetzte Richtung bewegten sich zyklische und nicht-zyklische Konsumgüter, weil die Auswirkungen der anhaltenden Inflation auch die defensivsten Konsumtitel trafen.

Für das Jahr 2024 sieht Morningstar attraktives Aufwärtspotenzial in den Sektoren Telekommunikation, Gesundheitswesen und defensive Konsumgüter. Für die beiden letztgenannten Sektoren haben sich die heutigen Chancen erst vor kurzem eröffnet. Weil die europäische Wirtschaft nach wie vor mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, bietet der defensive Charakter der beiden Sektoren eine großartige Absicherung gegen jegliche makroökonomische Enttäuschung, die 2024 eintreten könnte.

Finanzdienstleistungen, Energie und Industrie sind nach Ansicht von Morningstar mittlerweile überbewertet. Das ist eine enorme Kehrtwende im Vergleich zum Anfang des Jahres 2023, als jeder einzelne Sektor in Europa mit einem Abschlag auf unsere Fair Value-Schätzungen gehandelt wurde.

Wichtige Rolle der Zentralbanken

Da die Zentralbanken in ganz Europa bereit sind, die Zinssätze 2024 zu senken, rechnen Anleger derzeit für die nächsten Jahren mit einem Wachstum der Unternehmensgewinne. Angesichts der aktuellen Bewertungen ist die Sicherheitsspanne für die Anleger jedoch geringer. Das heißt, sollte die Wirtschaft 2024 erheblich stottern, könnte das Abwärtsrisiko ab diesem Zeitpunkt schmerzhaft sein.

Michael Field

Für eine Zinssenkung spricht, dass der europäische Verbraucherpreisindex inzwischen wieder bei 2,4% liegt und damit nur noch knapp über dem von der Europäischen Zentralbank angestrebten Wert von 2%. Aber die Zentralbanken könnten enttäuschen, weil einige Falken immer noch ein Wiederaufleben der Inflation befürchten.

*) Michael Field ist European Equity Strategist bei Morningstar

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