Politik der Fed ist nicht tragfähig

Robert Spector

Im Moment ist es schwer die Zeichen aus Washington richtig zu deuten. Noch vor ein paar Wochen standen die USA kurz vor einer Militärintervention in Syrien. Zuletzt arbeiteten sie zusammen mit Russland an einer diplomatischen Lösung für das Problem von Assads Chemiewaffenarsenal. Der frühere Finanzminister Lawrence Summers war zwar die erste Wahl des Weißen Hauses für den Fed-Vorsitz gewesen, aber überraschenderweise sprachen sich viele Parteifreunde des Präsidenten gegen ihn aus.

Auch wenn die Gesetzgeber mittlerweile darauf abonniert zu sein scheinen, sich erst in letzter Minute zu einigen und eine größere Krise doch noch abzuwenden, war es diesmal anders. Bis zum 17. Oktober 2013 war ein Government Shutdown nicht ausgeschlossen. Schließlich war da noch die Entscheidung der Fed, das unvermeidbare Tapering der Anleihekäufe zu verschieben, obgleich sie im Vorfeld der letzten Sitzung eine rasche Rückführung der Käufe in Aussicht gestellt hatte und dies in den Kursen bereits berücksichtigt war.

Wir vermuten, dass diese Entscheidung der Fed nur wenig zu bedeuten hat. Die derzeitige Geldpolitik ist langfristig nicht tragfähig. Die Fed kann nicht ewig Anleihen kaufen. Auch die Zinsen werden nicht dauerhaft annähernd null betragen können. Früher oder später werden die Anleihekäufe nachlassen und dann stoppen. Am Ende steigen auch die Zinsen wieder. Die Tatsache, dass der Offenmarktausschuss der Fed (FOMC) in seiner September-Sitzung die Zinsen unverändert gelassen hatte, verzögert das Unvermeidbare lediglich um ein paar Monate oder Quartale.

Wirklich schwierig zu entscheiden ist, wie die Fed das Tapering am Ende bewerkstelligen wird, ohne dass die Volatilität zunimmt. Sicher hat die Gefahr eines Government Shutdown den Offenmarktausschuss ebenso beeinflusst wie das drohende Erreichen der Schuldenobergrenze. Aber die Fed nannte die strengeren Kreditbedingungen in den letzten Monaten und deren mögliche Folgen für die Konjunktur als die wichtigsten Gründe für die Verschiebung. Jene schwierigeren Kreditbedingungen – die höheren Anleiherenditen – haben zwei Hauptursachen. Die erste ist, dass die Konjunkturdaten bis zuletzt unerwartet gut waren, auch wenn die Konsenserwartungen für Wachstum und Inflation insgesamt sogar gefallen sind. Der zweite Grund sind die Äußerungen der Fed selbst.

Die Investoren können nur mutmaßen, wann und wie die Fed ihre extrem expansive Geldpolitik auch nur ansatzweise beenden will, wenn sie so schlimme Folgen für die Märkte fürchtet. Die Fed sowie auch andere Zentralbanken wie die Bank of England und die EZB bedienen sich jetzt öffentlich geäußerter Zinsprognosen („Forward Guidance‘‘), um die Märkte auf die zukünftige Geldpolitik vorzubereiten. Die Fed signalisiert somit, wann die Kurzfristzinsen schließlich steigen und wann die Wertpapierkäufe beginnen beziehungsweise auslaufen. Wenn die Zinsprognosen – der letzte Trick des großen geldpolitischen Experiments der letzten fünf Jahre – in irgendeiner Form funktionieren sollen, müssen sie glaubwürdig sein. Wenn die Fed auf einen sauberen Ausstieg, also eine geringe Marktvolatilität, gehofft hatte, kann man die Septembersitzung aus unserer Sicht eigentlich nur als eines beschreiben: als einen Schritt in die falsche Richtung.

Aber es gibt auch bessere Nachrichten. Es scheint, als würde sich der Aufschwung nicht mehr nur auf die USA beschränken. Das ist günstig für die Unternehmensgewinne weltweit. Die sehr expansive Geldpolitik hat Japans Wirtschaft gut getan. Nach einem bereits soliden Wachstum im 1. Quartal hat das BIP im 2. Quartal 3,8 % zugelegt. Gemessen an den Verbraucherpreisen lässt der Deflationsdruck nach. Mit zuletzt 0,5 % Anstieg ist der Verbraucherpreisindex wieder im „Inflationsbereich‘‘. Europa hat das Schlimmste hinter sich. Der Schuldenabbau hält an, aber die Frühindikatoren signalisieren Wachstum. Für die erforderlichen Bilanzsanierungen ist das erheblich besser als eine Rezession. Die Emerging Markets schließlich haben insgesamt weiter zu kämpfen. Dort ist jedoch zumindest China ein Silberstreif am Horizont, wo sich die meisten Kennzahlen sowohl für die Binnen- als auch für die Außenwirtschaft erholt haben.

Robert Spector, CFA Portfolio Manager bei MFS
Frankfurt am Main/Boston