Law Corner: Synthetische Wandelanleihen als Alternative für Emittenten und Anleger

Sven Radke, RA, Heuking
Sven Radke, RA, Heuking

Der Law Corner Beitrag von Sven Radke, LL.M., Rechtsanwalt, Heuking Kühn Lüer Wojtek, Köln

Klassische Wandelanleihen, d.h. Wandelanleihen, bei denen den Anleihegläubigern im Falle der Wandlung tatsächlich Aktien an der Gesellschaft gewährt werden, sind für den Emittenten mit einem hohen administrativen Aufwand sowie rechtlichen Hürden verbunden. Eine Alternative zu klassischen Wandelanleihen stellen die synthetischen oder auch Cash-settled-Wandelanleihen dar, wie jüngst von der adidas AG emittiert. Bei diesen Anleihen kommt es im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts nicht zur Lieferung von Aktien, sondern zu einem Barausgleich.

Wandelanleihen stellen für Emittenten und Anleger ein beliebtes und bekanntes Finanzierungs- bzw. Anlageinstrument dar. Allerdings unterliegt die Ausgabe von Wandelanleihen gewissen rechtlichen Voraussetzungen. Insbesondere wird die Wandelanleihe mit einem bedingten Kapital unterlegt werden, das zuvor von der Hauptversammlung (HV) beschlossen und im Handelsregister eingetragen worden sein muss. Dies kann insbesondere dann problematisch sein, wenn die Wandelanleihe zu aktuellen Finanzierungszwecken kurzfristig begeben werden soll und die HV nicht mehr rechtzeitig einberufen werden kann oder ein Rechtsmittel gegen den HV-Beschluss eingelegt wird.

In letzterem Fall droht wegen der durch das Rechtsmittel bedingten Unsicherheit eine zeitliche Verzögerung der Transaktion, die erhebliche negative Auswirkungen auf den Emittenten haben kann. Zwar hat das OLG Frankfurt (Beschl. v. 13.2.2018, 5 AktG 1/17) jüngst entschieden, dass im Falle eines HV-Beschlusses über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen mit Bezugsrechtsausschluss das aktienrechtliche Freigabeverfahren anwendbar und damit eine beschleunigte Entscheidung über die Eintragung des bedingten Kapitals erfolgen kann. Gleichwohl lässt sich der Erfolg im Freigabeverfahren nicht sicher voraussagen.

Als Alternative für den Emittenten bieten sich daher sog. synthetische Wandelanleihen an, wie sie jüngst von der adidas AG begeben wurde. Mit Pressemitteilung vom 5. September 2018 wurde angekündigt, eine „Eigenkapital-neutrale Wandelanleihe“ in Höhe von bis zu 500 Mio. EUR zu begeben. Mit der Formulierung „Eigenkapital-neutral“ in der Pressemitteilung wird auf den Unterschied zwischen einer klassischen Wandelanleihe hingewiesen:

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Foto: © thongsee – stock.adobe.com

Denn im Gegensatz zu klassischen Wandelanleihen werden bei synthetischen Wandelanleihen die Ansprüche der Anleger nicht durch die Ausgabe von Aktien des Emittenten, sondern durch finanziellen Barausgleich unter Bezug auf den Kurswert der Aktie des Emittenten bedient.

Der unmittelbare Vorteil für den Emittenten besteht darin, vor Ausgabe der Schuldverschreibung grundsätzlich nicht die Hauptversammlung anrufen zu müssen. Somit vermeidet der Emittent den Zeitaufwand und etwaige Rechtsrisiken. Ferner gestaltet sich die Ausgabe der synthetischen Wandelanleihe insofern als Eigenkapital-neutral, als keine Verwässerung der Beteiligung der Altaktionäre durch Ausgabe neuer Aktien erfolgt.

Aber auch für Anleger stellt sich eine synthetische Wandelanleihe als sinnvolle Alternative dar. Durch die synthetische Wandelanleihe wird dem Anleger, wie bei einer klassischen Wandelanleihe, die Möglichkeit eröffnet, an potenziellen Kurssteigerungen zu partizipieren. Zwar erhält der Anleger im Falle der Wandlung keine Aktien. Allerdings wird ihm durch die ihm zufließenden Mittel aus dem Barausgleich gleichwohl ermöglicht, Aktien des Emittenten zu erwerben, und zwar über die Börse.

Fazit
Synthetische oder auch Cash-Settled-Wandelanleihen stellen eine interessante Finanzierungsalternative für Emittenten dar, um den zeitlichen Aufwand und etwaige rechtliche Unsicherheiten bei der Begründung des für die Wandlung erforderlichen bedingten Kapitals zu vermeiden. Aber auch für Anleger bieten synthetische Wandelanleihen eine interessante Alternative, um an künftigen Kurssteigerungen des Emittenten zu partizipieren.

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